Mensch und Esel – Körper und Stimme
Ana Vrbaški und Marko Dinjaški alias Alice in WonderBand. Foto: IW
Musikalische Lesung und Performance in Moosach/Ebersberg
In einer Doppelperformance verblüfften im Meta Theater zwei Künstlerduos die Zuschauer: Andreas Schantz und Bertram Wolter mit Esel:com und die Bodypercussion-Künstler Ana Vrbaški und Marko Dinjaški alias Alice in WonderBand. Faszinierend, was sich mit Wortspielereien und Körpern alles machen lässt.
Die beiden Männer, Herr Wantz und Herr Scholter, die sich einen Esel zulegen, um mit ihm durch die Welt zu ziehen, müssen keine akrobatischen Leistungen vollbringen. Das ist auch gut so. Andreas Schantz hat Hexenschuss und es passt zur Rolle. So trocken ihr aberwitziger Humor ist, so sparsam sind die Bewegungen im „Epos des Esels“. Schlurf-schlurf machen die Gehgeräusche in den japanischen Holz-Getas am Anfang des Stückes, sonst ist es still.
Den gebürtigen Ebersberger, der in Rosenheim lebt, kennt man als Clown und Schauspieler. Sein Humor ist ein versteckter, hintergründiger, nachdenklicher Humor, mit dem verpackt er gesellschaftskritische Themen. Musiker Bertram Wolter aus Berlin, inzwischen Traunsteiner, greift in die Tasten des Akkordeons. Schantz spielt Gitarre. Worum geht’s? Herr Wantz, ausgebrannter Manager der Pharmabranche und Herr Scholter, ungeliebter Musiklehrer, legen sich einen Esel zu, um gemeinsam mit ihm loszuziehen und ihre Bestimmung zu suchen.
Gesellschaftskritik mit Esel
Dass sie ihn nicht nur brauchen, sondern gebrauchen und missbrauchen, zeigt sich bald, indem der Esel zuerst lamentiert und dann mutiert – zu einem noch unangenehmeren, egoistischeren Antreiber in der Welt der Großkonzerne. Er wird zum irren Despot, der sich schließlich millionenfach klont. „Jetzt und für alle Zeit bleibt die Frage: Wer von uns beiden sind der Esel?“ steht am Ende im Raum.
Bertram Wolter und Andreas Schantz (v.l.) alias Esel:com. Foto: IW
Einfallsreich ist der trockene Wortwitz, die abstrusen Ideen und irrwitzigen Gedankenspiele, die schrägen Lieder zu Akkordeon und Gitarre. Ist das ernst, ist das komisch? Ist es Clownerie oder Musiktheater? Es ist von allem etwas, dieses „Hörspiel zum Anschauen“.
Von reduziert zu überschäumend
Aus der reduzierten Mimik und Bewegung von Esel:com geht es über in ein Feuerwerk der Körpersprache. Es beginnt ganz langsam. Ein Fingerschnalzen hier, ein Klaps mit der flachen Hand auf den Körper, der ein sehr körperliches Klatschgeräusch macht. Dann kommt der Rhythmus in Gang. Aus den Schnalzen, Klapsen und Klatschen formt sich „Kiss“ von Prince. „Da i Re – Body as an Instrument“ heißt die Bodypercussion Performance des serbischen Künstlerpaares Ana Vrbaški und Marko Dinjaški, bei der die Körper zum Instrument werden, zum Träger der Stimmen und Resonanzfläche für Percussion.
Ana Vrbaški und Marko Dinjaški alias Alice in WonderBand. Foto: IW
Kraftvoll, mit überschäumender Energie und Leidenschaft vermischen sich traditionelle mazedonische, serbische und kroatische Lieder mit Ravels Bolero, Edith Piaf und Beethovens fünfter Symphonie – zunächst ausschließlich mit den Körpern als Instrumenten. Bald gesellen sich Klavier und Digeridoo dazu, die beiden Künstler sind höchst multitalentiert.
Verblüffende Bodypercussion
Mozarts türkischen Marsch trommelt Marko Dinjaški auf Mund und Backen, Ana Vrbaškis kraftvolle, präsente Stimme hat Opernformat. Es ist eine frische Mischung aus erstaunlicher Körperleistung mit theatralem Spiel, Tanz und Gesang, Elemente des physischen Theaters und aus dem Butoh fließen ein.
Wer die Hosen anhat im Hause Alice im WonderBand wird augenzwinkernd klargemacht. Gestern gab es einen Grund zum Feiern: den 21. Hochzeitstag. Innig, zärtlich, zankend, sich herausfordernd, scherzend, sich anhimmelnd – all das passiert auf der Bühne und im echten Leben auch. Das Wunderbarste ist die Authentizität, das Verblüffendste, was mit dem rhythmischen Spiel der Körper alles möglich ist. Das Publikum ist fasziniert, begeistert, möchte mehr und möglichst, dass die mitreißende Performance gar nicht endet. Die gute Nachricht für alle diejenigen, die Feuer gefangen haben: Das Künstlerpaar gibt auch internationale Workshops. Und da ist die Schnittstelle.
Andreas Schantz, Bertram Wolter, Ana Vrbaški und Marko Dinjaški (v.l.). Foto: IW
In Ungarn sind sie sich begegnet, Andreas Schantz und Alice in WonderBand. Denn der Rosenheimer ist viel unterwegs mit oder ohne rote Nase: Mit den Clowns ohne Grenzen bringt er Freude, Spiel und nachdenkenswerte Impulse in die Welt. Auch mit seinem Theater Octopus tourt er mit verschiedenen Künstlern mit Programmen aus Clownerie und Jonglage. Esel:com hat er gemeinsam mit Freund Bertram Wolter ersonnen und jetzt zum Glück Alice im WonderBand nach Deutschland geholt. Ein beglückendes Erlebnis für alle Zuschauer im Meta Theater – das berühmt ist für sein ungewöhnliches, experimentelles Programm.