24h Europa in Echtzeit
Rita, alleinerziehende Mutter in Estland. Foto: BR / zero one
TV-Filmtipp von KulturVision
BR, ARD-alpha, ARTE, rbb und SWR werden am 4. Mai 2019 zeitgleich ein Mammutprojekt ausstrahlen: „24h Europe – the next generation“. 60 junge Protagonisten aus 26 Ländern Europas erzählen aus ihrem Alltag. Die verantwortliche Redakteurin vom BR ist Sonja Scheider aus Gmund.
Es ist nicht das erste „24 Stunden Projekt“, das die Journalistin für das Bayerische Fernsehen betreut. Vorher liefen die Filme über Jerusalem und Bayern. Und tatsächlich, so erzählt die Gmunderin, habe es Zuschauer gegeben, die bis zu 20 Stunden lang durchgeschaut hätten, denn so ein Beitrag habe eine Sogwirkung. Jetzt habe man die große europäische Gemeinschaft zum Thema gemacht.
Lesetipp: Eine deutsch-deutsche Begegnung, KulturBegegnungen, Nr. 18, S. 21
Ein Manifest für die Zukunft
Das Ergebnis ist ein einzigartiges Zeitdokument, ein Manifest für die Zukunft: Für 24 Stunden betrachtet das außergewöhnliche Programm das heutige und zukünftige Leben der nächsten Generation. Es wird in Echtzeit erzählt: was um 6 Uhr morgens passiert ist, wird auch um 6 Uhr ausgestrahlt. Und zwar vollständig von 6 Uhr bis 6 Uhr von ARD alpha und arte und in Teilen im BR.
Themen der 20- bis 30-Jährigen
Was sind die großen Themen der 20- bis 30-Jährigen mit Blick auf Europa, einer Generation, die die EU von morgen gestalten, das habe man sich gefragt. Als Megatrends seien dabei Themen wie Mobilität, Ökonomie, Feminismus, Urbanisierung oder Radikalisierung aufgetaucht. „Es ist die Sicht der jungen Protagonisten auf Europa“, sagt Sonja Scheider. Und dabei müsse man klar unterscheiden, aus welchen Ländern die jungen Menschen kommen.
Muezzin Mirza Ganic in Sarajewo. Foto: BR / zero one
Arbeitslosigkeit beispielsweise betreffe die Menschen in den südlichen Ländern, wie Italien, Griechenland oder Portugal. Die Geschlechterfrage sei ein Thema beispielsweise in Russland oder Polen, wo Frauen noch um die Gleichberechtigung kämpfen und Homosexuelle darum, sich outen zu können.
Das Thema Ökologie hingegen sei sehr ausgeprägt und für alle Länder mehr oder weniger relevant.
45 Teams drehten zeitgleich
„Wir haben uns überlegt, zu welchem Land passt welches Thema und haben dann die geeigneten Protagonisten gesucht“, erzählt Sonja Scheider. Insgesamt waren 45 Teams in den 26 Ländern unterwegs. Ab 15. Juni 2018 haben sie zeitgleich vier Tage lang gedreht. Ein Problem sei es gewesen, dass man in vier Zeitzonen unterwegs war. „Wir mussten uns auf eine Uhrzeit festlegen und dann sagen, an diesem Ort ist es gerade zwei Stunden eher oder später“, macht Sonja Scheider deutlich.
Aus der Perspektive der Protagonisten
Mit Brainstormings und Workshops haben sich die Filmleute aus den verschiedenen Ländern auf dieses Riesenereignis vorbereitet, bei denen gemeinsame Regeln erarbeitet wurden. Wichtig sei gewesen, immer aus der Perspektive der jeweiligen Protagonisten heraus zu erzählen, betont die Redakteurin. Zwei Regisseure setzten letztlich das Material zu einem homogenen Ganzen zusammen.
Valeri aus Bulgarien, der letzte Jugendliche in seinem Dorf. Foto: BR / zero one
Welche Träume haben junge Menschen in Europa und wie passen diese zur Wirklichkeit? Welches Erbe treten sie an, welche Probleme sehen sie und wie wollen sie sie bewältigen, alle diese Fragen werden in diesem Projekt gestellt, genau drei Wochen vor der Europawahl. Dabei kommen junge Menschen aus allen Bereichen der Gesellschaft zu Wort.
Sie habe besonders der junge Bulgare berührt, der letzte Jugendliche in seinem Dorf, ohne jede Perspektive, ohne Bildung, der auf der sozialen Leiter ganz unten steht und einen traurigen Eindruck vermittelt, sagt Sonja Scheider.
Nigerianischer Spengler und serbische Chirurgin
Aus Bayern ist ein nigerianischer Flüchtling dabei, der in Odelzhausen eine Ausbildung zum Spengler macht. Eine Ärztin aus Serbien, die in ihrer Heimat als Frau keine Chance gehabt hätte, ist in Regensburg als Chirurgin tätig, wo man sie dringend brauche, hat die Redakteurin ermittelt.
Die Unterschiede im Lebensstandard der Jugendlichen sei gravierend, sowohl das Nord-Süd-Gefälle, als auch das West-Ost-Gefälle, bei dem noch der Rückstand in Sachen Gleichberechtigung hinzukäme.
Dominika aus Ungarn ist Selbstversorgerin und lebt abgeschieden von der Zivilisation. Foto: BR / zero one
Im Presseheft schreibt Sonja Scheider: „Auf den ersten Blick ein gewagter Schritt: Kann es wirklich eine emotionale Brücke geben zwischen dem osteuropäischen Startup-Gründer und dem schottischen Hochland-Bauern? Ist „Europa“ überhaupt für den einzelnen Menschen zu fassen, zu begreifen, zu überblicken?“ Und sie antwortet mit „Ja!“
Botschaft macht Hoffnung
Und sie fragt: „Kann ein ganzer Kontinent eine Heimat sein?“ Das Projekt „24h Europe“ habe die Antwort gegeben. „Und diese Botschaft macht schon wieder Hoffnung in Zeiten, in denen Staaten sich einigeln oder die europäische Idee konterkarieren.“
BR Fernsehen: 4. Mai 6.00-13.30 Uhr und 23:30 Uhr bis 5. Mai 6.00 Uhr früh
ARD-alpha: Komplett vom 4. Mai 6.00 Uhr morgens bis 5. Mai 6.00 Uhr früh