30 Jahre Kulturleben am Achensee
Der Vorstand des Kulturverein Achensee: (v.l.) Mag.Dr.phil. Reinhard Obermeir (Obmann), Karin Größwang (Kassiererin), Marlies Eichhorst (Schriftführerin), Alexander Oltenau (Obmann Stellvertreter), nicht im Bild: Franz und Ossi Unterberger, Michael Größwang). Foto: IW
Kultur am Achensee
Seit drei Jahrzehnten fördert der „Kulturverein Achensee – Altes Widum Achenkirch“ das kulturelle Leben im Tiroler Achental mit Musik, Schauspiel, Literatur und bildender Kunst. Im liebevoll und eigenhändig sanierten „Altes Widum“, dem Kulturzentrum, wurde nun das Jubiläum groß gefeiert.
Etwa einhundert Gäste folgten der Einladung am 30. November, um gemeinsam mit dem Kulturverein das Jubiläum zu begehen. Los gings schon am Nachmittag mit dem Programm. Aus der Partnergemeinde Kreuth im Landkreis Miesbach kam eigens Bürgermeister Josef Bierschneider zum Gratulieren über den Achenpass gefahren. Der offizielle Festakt startete dann am Abend im Gerhard-Bosak-Saal. Reinhard Obermeir, promovierter Kunsthistoriker und Obmann des Vereins, begrüßte die vielen Gäste, unter ihnen den Bürgermeister Achenkirchs, Karl Moser, Vertreter zahlreicher weiterer Vereine aus dem Achental und die verdienten Ehrenmitglieder. In einer bewegenden Rede erinnerte der Obmann an die Meilensteine und wichtigsten Wegbegleiter der dreißig Vereinsjahre.
Revitalisierung des Alten Widums im Mittelpunkt
„Viele Dinge passieren fast unbemerkt in der Geschichte“, leitete er ein, „wie die Gründung des Kulturvereins …“ Es war eine Idee im Zuge der Dorferneuerung, die da 1994 geboren wurde: die „Revitalisierung“ des Alten Widums, das zu diesem Zeitpunkt bereits 20 Jahre leer stand. Und es war Gerhard Bosak, „Malermeister von Beruf und Künstler von Berufung“, so Reinhard Obermeir, der die Vision eines Kulturzentrums in dem alten Pfarrhaus entwickelte und dafür rasch glühende Mitstreiter fand. „Die Idee war geboren und sie war zugegebenermaßen kühn“, so der heutige Obmann.
Obmann Reinhard Obermeir bei seiner Rede zum Jubiläumsfest im Alten Widum. Foto: IW
Aber bei allem Idealismus und der Bereitschaft, es tatkräftig und mit den eigenen Händen anzugehen – das Ganze musste Hand und Fuß und Zukunftschancen haben. Und so machte die Gemeinde eine Vereinsgründung zur Bedingung. In den ersten Jahren hieß der Verein „K.I.D. – Kultur im Dorf“, bis die Entscheidung fiel, die Kultur „nicht im Dorf zu lassen“, sondern auf das ganze Achental auszuweiten.
Kulturverein Achensee und Gerhard Bosak
Unter Anleitung von Gerhard Bosak, der ab 1996 auch Obmann war, erfolgte in kompletter Eigenleistung der Vereinsmitglieder und Helfer die Sanierung des alten Pfarrhauses. Die Gemeinde finanzierte das Baumaterial und später gab es auch Förderungen vom Land Innsbruck und von der Landesregierung von Tirol – „als sie gesehen haben, dass das mehr als die Idee von ein paar Träumern ist“. Seit sich das Alte Widum 1998 erstmals der Öffentlichkeit präsentierte, füllt der Kulturverein es mit Kunst, Kultur und Leben.
Reinhard Obermeir erinnerte an viele herausragende Veranstaltungshighlights und gedachte bewegt in einer Gedenkminute des verstorbenen Ehrenvorstandes und Freundes Gerhard Bosak. An dessen unermessliche Verdienste – er war Visionär, Herz und Motor nicht nur der Umbauphase, sondern des Vereins insgesamt – erinnert heute auch der „Gerhard-Bosak-Saal“ im Dachgeschoss. 120 Gäste haben bei den vielfältigen Veranstaltungen darin Platz. Dass dort auch ein Konzertflügel steht, ist einem anderen wichtigen Wegbegleiter und Ehrenmitglied zu verdanken: dem Bildhauer Richard Agreiter.
v.l.: Künstlerin Christiane Engelhardt ist glückliche Käuferin einer der Königinnen von Prof. Richard Agreiter, mit Franz X. Unterberger. Foto: IW
30 „Königinnen“ zum Jubiläum
Der Steinberger Bildhauer Richard Agreiter goss bereits zum 20-jährigen Jubiläum zwanzig bronzene Könige – und schenkte diese dem Verein. Aus dem Verkaufserlös konnte der Flügel für den Veranstaltungssaal angeschafft und damit eine ganz andere Qualität von Konzerten ermöglicht werden. Doch damit nicht genug. Zum 30-jährigen Jubiläum machte der mittlerweile 84-Jährige, der heuer vom Land Tirol mit dem Verdienstkreuz ausgezeichnet wurde und nichts vom „Aufhören“ wissen möchte, ein weiteres, großzügiges Geschenk: Den Königen folgen 30 Königinnen.
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Zum König (links) gesellt sich die Königin – die Bronzefiguren sind Teil eines Schachspiels von Prof. Richard Agreiter. Foto: IW
Der spannenden und zugleich schweren Arbeit des Bronzegießens beizuwohnen, war bereits während des Sommerfestes ein Höhepunkt des Jubiläumsjahres des Vereins. Zum Festabend wurden nun die Königinnen an ihre neuen Besitzer und Käuferinnen überreicht. Der Erlös kommt abermals dem Verein zugute. Reinhard Obermeirs wärmster Dank galt daher dem Steinberger Bildhauer für sein Engagement für den Verein. Professor Agreiter sei zu Recht vom Land Tirol mit dem Verdienstkreuz als „leuchtendes Beispiel einer lebendigen und solidarischen Gemeinschaft“ ausgezeichnet worden – bei diesem enormen und uneigennützigen Engagement für die Kultur.
Austausch über die Grenze hinweg
Von großer Bedeutung sei für den Verein auch die hervorragende künstlerische Zusammenarbeit über Grenzen hinweg – bei der sich über die Jahre viele Künstlerfreundschaften gebildet hätten. Besonders zwischen Achensee und Gmund am Tegernsee gibt es einen lebendigen Austausch mit zahlreichen Ausstellungen der gmundart-Künstler im Alten Widum und Ausstellungsbeteiligungen der Achenseer bei der gmundart und der Tegernseer Kunstausstellung. Bei der Ausstellungsreihe „Tre Laghi“ sind sogar Kunstschaffende von Achensee, Tegernsee und Gardasee beteiligt.
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Reinhard Obermeir würdigte auch die beiden weiteren Ehrenmitglieder des Kulturvereins: Alfred Roth für seine langjährige Mithilfe und Ausschusstätigkeit im K.I.D. und Alexander Oltenau für seine Verdienste um den Erhalt sowie die bauliche und technische Ausstattung des Kulturzentrums. Mit „30 Jahre sind eine lange Zeit im Kulturbereich und es gibt noch viel zu tun“, schloss Reinhard Obermeir seine Rede. Für die Zukunft äußerte er die Hoffnung auf eine Übergabe an die nächste Generation.
Alexander Oltenau fotografiert und experimentiert seit knapp 50 Jahren künstlerisch mit dem Medium. Foto: IW
Einzelausstellung Fotografie
In den Ausstellungsräumen des Alten Widums ist während des Jubiläums auch die große Einzelausstellung „Imagine“ von Alexander Oltenau mit etwa 100 Fotografien und Objekten zu sehen. Von seiner ersten analogen Kleinbildkamera Modell „Zenit“ über das Mittelformat bis zur digitalen Spiegelreflexkamera und dem iPhone 17 hat er die Entwicklung dieses Mediums über 50 Jahre begleitet und dabei ein professionelles Niveau sowohl in technischer als auch in künstlerischer Hinsicht erreicht. Seine Sujets umfassen Landschaften und Menschen auf der ganzen Welt. Durch Oberflächenbehandlung mit Kupfer und Silber, mit Airbrush, Bienenwachs und Scratch-Werkzeugen oder etwa durch positiv-negativ-Effekte erzeugt er Spannung und eine geheimnisvolle Aura. Jedes einzelne Bild möchte in Ruhe betrachtet und entschlüsselt werden.
Von Tiroler Volksmusik bis Tango Argentino: Tyrol Music Project beim Jubiläum. Foto: IW
Musikalischer Höhepunkt des Jubiläumsfestes beim Kulturverein Achensee war das „Tyrol Musik Projekt“. Das Spektrum der vier Vollblutmusiker und ihres umfangreichen Instrumentenparks aus Geige, Akkordeon, Steirischer Harmonika, Gitarre, Kontrabass und Posaune ist ebenso vielfältig wie das des Kulturvereins Achenkirch. Wenn sich ein Walzer von Schostakowitsch mit andalusischen Gitarrenklängen und dem Tango Astor Piazzollas mischen, dann ist das Weltmusik par excellence.