Kunstvielfalt am Tegernsee: Von Altmann bis Zacharova
Hilo Fuchs: „Die drei Grazien“, im Hintergrund Malerei von Kurt Gmeineder und Horst Hermenau (v.l.). Foto: Petra Kurbjuhn
37 Künstler präsentieren ihre Werke derzeit in Tegernsee: Von A bis Z, von Malerei über Grafik und Skulptur bis zur Fotografie. Von neuen Werken bekannter Einheimischer zu spannender Korrespondenz mit den Werken der geladenen Gäste.
68. Tegernseer Kunstausstellung
Wie immer gut besucht war die Eröffnung der Tegernseer Kunstausstellung am Freitag Abend im Alten Schalthaus des E-Werkes. Es sei wieder eine schöne Herausforderung gewesen, die unterschiedlichen Arbeiten in ein einheitliches Konzept zu bringen und „aus der Vielfalt eine Einheit zu gestalten“, sagte Organisatorin Eva Knevels. Sie hat mit ihrer Jury und dem Veranstaltungsteam sorgfältig ausgewählt und die Qualität der präsentierten Arbeiten begeisterte auch die Besucher der Ausstellung.
Blick in die 68. Tegernseer Ausstellung. Foto: Ines Wagner
Beim Ankommen begrüßt eine vor der Tür sitzende Dame die zahlreichen Gäste – die Betonfigur „Jungweibersommer“ von Hilo Fuchs. Schlängeln sich die Besucher durch den ersten Raum, fällt der ungewöhnliche Stuhl von Florian Simon Eiler auf: „Enya – Wasser des Lebens“ – traumsequenzenhafte Bilder aus einer anderen Wirklichkeit. Stimmig und spannungsreich wirkt nur wenige Schritte entfernt Brigitte Siebeneichlers blaues Bild aus Acyl-Cellulose auf Papier – feine Lasuren mit durchscheinenden, aufgerissenen Linienstrukturen.
Fotografie kokettiert mit Malerei
Nebenan kontrastieren die schwarzweißen Fotografien der Gmunder Nachwuchskünstlerin Muriel Breu mit dem großformatigen Collagenbild Michael Böhnkes. Während bei Breu die Menschen auf den Porträts in die entgegengesetzten Richtungen blicken, wird der Betrachter von Böhnkes „Walk into the future“ doppelt fixiert. Löst man sich aus der Fixierung, lohnt es sich bei Riccardo Milazzos „Duck and Cover“ innezuhalten: Einer Figur aus Steinzeug mit der Patina der Verwitterung von Wind und Regen, die in den Koi-Teich im Acrylbild dahinter blickt.
Ursula Maren Fitz (Kristall/Glas), Hintergrund: Eva Knevels: „Blau zu Blau“. Foto: Ines Wagner
Immer wieder korrespondieren die Skulpturen im Raum eindrücklich mit den Bildwerken an den Wänden. Durch die Glasobjekte von Ursula Maren Fitz mit ihren Kristalleinschlüssen hat man je nach Blickwinkel unterschiedliche Perspektiven auf die „Blau zu Blau“(en) Fotografien von Eva Knevels. Der „Phönix“ von Steinbildhauer Konrad Broxtermann harmoniert mit den aufgebrochenen, mehrfach überspachtelten Oberflächen von Gastkünstler Georg Brandner aus der Steiermark. Und die „Drei Grazien“ von Hilo Fuchs sonnen sich genüsslich im Farbrausch der abstrakten, ausdrucksstarken Bilder von Kurt Gmeineder und Horst Hermenau.
Waltraud Milazzo: „Der rote Krebs“, Steinzeug – im Hintergrund: Peter Keck: „Ausweg“ und „Waldlichtung“. Foto: Ines Wagner
Kunst vermag, das hin- und nicht weggeschaut wird. Keramikkünstlerin Waltraud Milazzo bearbeitet mit ihrer Steinzeug-Figur „Der rote Krebs“ ein sensibles Thema, das allgegenwärtig ist. Die versöhnliche Geste des Annehmens wird vielleicht diejenigen stärken, die sich selbst damit auseinandersetzen müssen. Andere werden darin vielleicht einen buddhistischen Mönch sehen, der liebevoll eine rote Blume umfasst. „Ausweg“ heißt die hinter der Steinzeugfigur hängende Malerei von Peter Keck. Es ist eines von drei Bildern, die sich in starken Farben und vertikalem Pinselduktus mit den Themen Wald und Wasser befassen.
Bereichernde Gastkünstler
Der Jury ist eine gute Mischung aus Werken Einheimischer und Gastkünstler gelungen. Bereichernd für die Ausstellung ist auch das Bildwerk „Kommunikation“ von Bettina Nuschei aus München, einer Schülerin Andy Warhols. Ihre weiß-weiße Typografie in Acryltechnik zieht die Aufmerksamkeit der Betrachter auf sich, die Buchstaben wirken wie mit dem Miniaturförmchen ausgestochen und geben Rätsel auf.
Kathrin André: Ohne Titel, Acryl. Foto: Ines Wagner
Rätselhaft wirken auch die Rückenansichten zweier Frauenporträts von Kathrin André. Die feinen Linien der Haare und die flächenhaft lasierten Hintergründe ergeben einen spannungsreichen Kontrast. Wie mögen sie wohl von Vorn aussehen, die Frauen?
Die in München lebende Amerikanerin Christine Otver beschäftigt die Frage „Was kann die Kamera sehen, was das Auge nicht sehen kann?“ Ihre digitalen Fotografien widerspiegeln Kindheitserinnerungen und die Liebe zu ihren Eltern, einem Fotografen und einer Malerin – es sind quasi „Malereien in der Dunkelkammer“.
Bürgermeister Johannes Hagn mit Organisatorin Eva Knevels. Foto: Ines Wagner
Die 68. Tegernseer Kunstausstellung präsentiert abermals eine gelungene Vielfalt aus den Bereichen Malerei, Fotografie, Skulptur und Grafik von hohem künstlerischen Niveau. Bürgermeister Johannes Hagn freut sich bereits auf die Jubiläumsausstellung – in zwei Jahren ist es so weit.
Ausblick auf das Jubiläum
Zur 70. Kunstausstellung soll es eine Zusammenarbeit mit dem Gulbransson Museum Tegernsee geben, bei der vergessene Künstler wieder ans Licht der Öffentlichkeit geholt werden. Johannes Hagn ruft die Bürger und Bürgerinnen des Tegernseer Tals und der Umgebung auf, die Wände ihrer Wohnzimmer nach Bildern von Künstler aus den 50er und 60er Jahren abzusuchen. In den bis dahin verbleibenden zwei Jahren könne man einiges zu einer Leihausstellung zusammentragen. Doch zuerst einmal lädt die 68. Kunstausstellung zum Betrachten und Verweilen ein.
- Zum Weiterlesen: Hier gehts zum Artikel über die 67. Kunstausstellung 2016
Weitere ausstellende Künstler sind: Klaus Altmann, Priska Büttel, Hilge Dennewitz, Neeltje Dijkshoorn, Wolfram-Maria Felder, Klaus-Peter Frank, Christl Franz-Hennessy, Daniel J. Glasl, Klaus Gogolin, Werner Gruss, Sibylle Guttenberg, Andreas Hars, Irnberg, Helga-Lucia Kordecki, Hans Reiser, Hans Schneider, Sopi von Sopronyi, Heinz Stoewer, Hans Weidinger, Ekaterina Zacharova.