Anti-Aging in Windsor
Das Solistenensemble vom Freien Landestheater Bayern in „Die lustigen Weiber von Windsor“. Foto: FLTB
Operninszenierung im Waitzinger Keller Miesbach
Wenn sich morgen Abend der Vorhang für die Premiere des Freien Landestheaters hebt, dürfen sich die Zuschauer auf einen heiteren Abend freuen. Rudolf Meier-Kleeblatt hat „Die lustigen Weiber von Windsor“ ins 20. Jahrhundert verlegt und mit reichlich Sprachwitz aufgemöbelt.
Zur Generalprobe durften Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums und der Realschule Miesbach als Testpublikum fungieren. Intendant Andreas Haas begrüßte die Zuschauer und steigerte die Spannung, indem er mitteilte, dass das heute der erste richtige Durchlauf und man noch mitten im Entstehungsprozess, sozusagen „work in progress“ sei. Und deshalb, so fügt Regisseur Holger Seitz an, könne es durchaus sein, dass der musikalische Leiter Rudolf Maier-Kleeblatt mittendrin „Stopp“ sage.
Die List der Frauen
Dieser ist heute noch hemdsärmelig, hebt den Taktstock und die Ouvertüre der komischen Oper von Otto Nicolai mit ihren romantischen, aber auch komisch-derben Klängen der Maskerade setzt ein. Der Komponist, zur Klassik zählend, wurde nur 39 Jahre alt und so ist heute nur noch diese eine Oper, auf dem Schauspiel von Shakespeare basierend, bekannt.
Es geht um die List zweier Frauen, die sich an Sir John Falstaff rächen wollen, weil der alte Geck, sehr unsensibel, beiden denselben Liebesbrief geschrieben hat. Dazu gesellt sich die Eifersucht eines Ehemanns und die unterschiedlichen Wünsche eines Ehepaares, Tochter Anna zu verehelichen, die ihrerseits einen dritten Mann im Visier hat.
Melodische Vielfalt
Diese etwas angestaubte Story hat Maier-Kleeblatt aufpoliert, indem er sie in die Gegenwart verlegt und mit entsprechend veränderten Textpassagen versehen hat. Da kommen solche Begriffe wie Anti-aging oder Countdown vor. Zusätzlich hat er die Personen mit unterschiedlichem Dialekt versehen, neben bayerisch ist das auch fränkisch, berlinerisch, sächsisch, dazu gesellt sich ein Italiener und ein Franzose.
Die Musik Otto Nicolais aber ist von unveränderter Qualität, sie zeugt von melodischer Vielfalt, von treffender Personencharakteristik und von erfrischendem Humor, vom Orchester des Freien Landestheaters professionell umgesetzt. Die Inszenierung von zweimal einer Stunde ist gestrafft und fordert von den Sängerinnen und Sängern einiges ab. Sie stehen nicht statisch auf der Bühne, sondern Regisseur Holger Seitz setzt die Komik der Handlung in Gestik und Bewegungen um.
Diana Fischer und Elisabeth Neuhäusler planen Rache. Foto: FLTB
Mit ihrer sprichwörtlichen Bühnenpräsenz beherrscht Elisabeth Neuhäusler als Frau Reich die Szenerie. Ihr warmer Mezzosopran harmoniert mit dem hellen Sopran von Dianan Fischer als Busenfreundin Frau Fluth, die ein gekonnt kokettes Wesen zur Schau trägt, gleich im ersten Duett. Ihren Zorn auf Sir John Falstaff setzen die beiden in Worte, Mimik und Gestik um. Sie täuschen eine Ménage à trois vor und rächen sich dann ganz fürchterlich.
Matthias Degen als Sir John Falstaff in den Fängen von Frau Fluth (Diana Fischer). Foto: FLTB
Der mit einem gewaltigen Bauch ausgestattete berlinernde Falstaff wird von Matthias Degen verkörpert. Sein stimmgewaltiger Bass kommt insbesondere in der trinkseligen Arie „Als Büblein klein an der Mutterbrust“ zum Tragen. Während Philipp Gaiser als Herr Reich in Lederhose die bayerische Bodenständigkeit verkörpert, ist Herr Fluth (Torsten Frisch) der eifersüchtige Sachse.
Christina Gerstberger (Anna) in den Armen ihres Fenton (Harald Wurmsdobler), flankiert von Spärlich (Ramon Bessel) und Dr. Cajus (Florian Drexel). Foto: FLTB
Christina Gerstberger als Junger Anna Reich und ihr Italiener Fenton (Harald Wurmsdobler) erfreuen mit ihren melodischen Romanzen, während die beiden anderen Eheanwärter, der Franzose Dr. Cajus (Florian Drexel) und Junker Spärlich (Ramon Bessel) zur Komik der Szenerie beitragen. Ergänzt wird das Solistenensemble durch den Chor des Freien Landestheaters Bayern. Die Sängerinnen zaubern im Wald des 3. Aktes eine romantische Stimmung, während sie im ersten Akt frech-komisch als Stubenmädchen im Leopardenlook daherkommen. Dazu tragen die üppig-bunten Kostüme (Anna Hebekker) das Ihrige bei.
Das heitere Spiel endet mit einer Überraschung, vorher indes gesteht der dicke Falstaff noch all seine Sünden, auch dass er meistens SPD wählt.
Von Generalprobe war an diesem Abend nur wenig zu spüren, einmal musste Maier-Kleeblatt abklopfen, weil der Einsatz des Orchesters nicht exakt war. Und der Nebelmacher musste schnell noch am Kabel von der Bühne gezogen werden, als der Vorhang aufging. Das aber macht den Reiz einer Generalprobe aus, an deren Ende eifrig geklatscht wurde. Aber dann musste das Testpublikum den Saal des Waitzinger Kellers verlassen, denn Regisseur Seitz wollte noch die Applausordnung proben, auch das Verbeugen muss stimmen.
Die morgige Premiere ist schon lange ausverkauft, weitere Termine finden Sie auf der homepage des FLTB.