Heilende Architektur: Räume, die gesund machen
Ludwig Klitzsch, Katharina Brichetti, Dr. Franz Mechsner, Frauke Rüterhenke, Dr. Dirk Hamann, Hans-Günther Kaufmann (v.l.) im Gespräch. Foto: Monika Ziegler
1. Kamingespräch in der Klinik im Alpenpark in Bad Wiessee
Spannende Themen zur Gesundheit will künftig Ludwig Klitzsch, Eigentümer der Klinik im Alpenpark, mit Experten diskutieren, aber auch praktisches Wissen für den Alltag generieren. Beim ersten Kamingespräch ging es gestern Abend um „Heilende Architektur“.
Natürlich ist das Thema insbesondere für Krankenhäuser und Kliniken relevant, aber das Forschungsgebiet „healing architecture“ ist ebenso auf Wohnräume anwendbar. Was inzwischen in den USA fast Mainstream ist, mausert sich in Deutschland gerade zum lohnenden Zukunftsthema.
Unbewusster Körpersinn
Katharina Brichetti, Architektin aus Berlin, zeigte anhand von Studien, dass die Krankenhausgestaltung den Heilungsprozess beeinflusst. Sie rief aber auch dazu auf, die eigenen Wohnräume nach leiblicher Resonanz zwischen Mensch und Umgebung anzuschauen. Denn der Mensch nehme den Raum nicht nur durch seine fünf Sinnesorgane wahr, sondern auch mit dem sechsten Sinn, dem Körper- oder Spürsinn, der eher unbewusst arbeite. Aber man fühle eben, ob man sich in einem Raum wohlfühle oder nicht.
Dazu tragen fünf Faktoren bei. Anregung und Stimulierung im richtigen Maß ebenso wie die Einladung eines Raumes oder Einrichtungsgegenstandes, das Angebot oder der Willkommensgruß. Wichtig in öffentlichen Räumen ist die Orientierung und die Möglichkeit der Kontrolle, auch den Überblick zu behalten. Und letztlich ist die Erholung ein maßgeblicher Faktor. Diese wird in erster Linie durch die Natur realisiert.
Versteckte Technik auf der Intensivstation
Beispiele für heilende Architektur fand Katharina Brichetti beispielsweise in der Charité in Berlin, wo die technisierte Intensivstation so umgerüstet wurde, dass die Technik versteckt, der Lärm reduziert und das Licht den Tageszeiten angepasst wurde. Zur Orientierung vor allem älterer Patienten tragen Farbkontraste bei.
Klinikbesitzer Ludwig Klitzsch und die beiden Vortragenden Katharina Brichetti und Dr. Franz Mechsner (v.l.). Foto: Monika Ziegler
Franz Mechsner, Neurologe, Psychologe und Journalist aus Berlin, zeigte als Beispiel für Heilende Architektur eine neue Kinderklinik in den USA, in der die Kinder so normal wie möglich in sozialer Geborgenheit leben dürfen. Auch die Eltern sind willkommene Partner im Heilungsprozess und dürfen auf einer Couch im Zimmer übernachten. Zusätzlich gibt es Abenteuer- und Gemeinschaftsräume.
Das Ergebnis ist deutlich. In Befragungen schneidet die neue Klinik viel besser ab als die alte, das familienfreundliche Ambiente macht sich auf den Heilungsprozess bemerkbar.
In der anschließenden Diskussion betonte Dirk Hamann, Kardiologe und Ärztlicher Direktor der Klinik im Alpenpark, dass das Ambiente zweifellos bei der Entscheidung der Patienten für eine Klinik eine Rolle spiele, die medizinische Qualität aber dagegen halten müsse.
Fotograf Hans-Günther Kaufmann. Foto: Monika Ziegler
Der Miesbacher Fotograf und Filmemacher Hans-Günther Kaufmann stattete die Klinik mit spektakulären Fotografien aus, die bei den Patienten auf große Zustimmung stoßen. Er bestätigte, dass die Natur, die Sehnsucht nach dem Ursprung, ihn immer wieder aufrichte, wenn er mal einen Blues habe. Früher sei er wie ein Jäger mit schießbereiter Kamera unterwegs gewesen, aber ein griechischer Mönch habe ihn gelehrt, nicht zu jagen, sondern sich vom Bild rufen zu lassen. „Es funktioniert“, sagte er.
Für die Arbeit des Architekten sei es wesentlich, das Notwendige mit dem Menschlichen zu verbinden, erklärte Architektin Frauke Rüterhenke, die den Neubau der Klinik entwickelte.
Was es denn nun für praktisches Wissen gebe, das jeder mit nach Hause nehmen könne, fragte Ludwig Klitzsch zum Abschluss. Tipps gebe er keine, konterte Mechsner, der Mensch und seine Umgebung bilde eine Einheit und was dem Menschen gut tue, das müsse man selbst erspüren, jeglicher Funktionalismus indes irre.
Heilende Architektur und Feng Shui
Aus dem Publikum kam die Frage, in wieweit die moderne Forschung zur heilenden Architektur mit dem chinesischen Feng Shui konform gehe. Katharina Brichetti stellte klar, dass Feng Shui zwar in der Wissenschaft in Verruf geraten sei, aber letztlich gebe es ähnliche Ansätze, man spreche nur unterschiedliche Sprachen.
Fazit: Mensch und Raum sind in Resonanz, und bei entsprechender Achtsamkeit spürt ein jeder, was ihm gut tut. Die normalen Krankenhäuser sind noch weit weg davon, heilende Architektur zu nutzen, aber erste Ansätze gibt es, insbesondere auch bei der Einbeziehnung von Kunst. Das Krankenhaus Agatharied erfreut Patienten und Personal mit Kunstausstellungen, die Klinik im Alpenpark zeigt neben der Fotografie von Hans-Günther Kaufmann jetzt auch das neue Projekt der Reitmayer-Fotografie.