Das Ich und die Natur
Lyriker im Doppelpack: Markus Hallinger aus Fraunried und Helmfried von Lüttichau aus München. Foto: Denis Bald, Susi Knoll
Lesung in Weyarn
Zwei Männer, zwei Lyrikbände. Der eine ein bekannter Schauspieler, der andere Lehrer und Schreiner. Dazu Gitarre und Mandoline, ein perfekter Leseabend in der Weyarner Gemeindebücherei.
Kennen gelernt haben sich die zwei Männer in der Stiftung Lyrikkabinett in München. Ihre Gemeinsamkeit war, dass sie erst in den 40ern anfingen, Gedichte zu schreiben, erzählt Helmfried von Lüttichau, der Fernseh-Polizist, aber auch Arzt und Staatsanwalt, bekannt aus zahlreichen Fernsehserien und -spielen. „Wir waren keine begabten Kinder und sind dort im Lyrikkabinett als Spätberufene wie aufgeregte Frischlinge unterwegs gewesen.“ Er habe den Kollegen, Markus Hallinger aus Irschenberg, beneidet wegen seiner glaubhaften und bodenständigen Poesie. Jetzt brachten beide Spätberufene ihr erstes Buch heraus und gehen gemeinsam auf Lesereise. In Berlin waren sie und jetzt in Weyarn.
Erfrischend natürlich und unkompliziert, fern von Starallürentum und perfektem Auftritt sitzen die beiden Männer und spielen sich ihre poetischen Bälle zu. Obwohl er aus Hannover stamme, habe er Humor, charakterisiert Markus Hallinger seinen Lyrik-Kollegen. Dieser sei in den Gedichten zu spüren, kombiniert mit geschickten Wortverdrehungen.
Wortspielereien um Liebe, Angst und Tod
Genau das macht die Lyrik Helmfried von Lüttichaus so spannend und tiefgründig. Er spielt mit dem Wort, verdichtet es bis zum Extremen und produziert damit Bedeutung. Witzig und traurig zugleich sind seine Gedichte, die von der Liebe, von der Angst, vom Tod, aber auch vom Baum, vom Blatt und sogar vom Pferd, allerdings entpuppt es sich dann als Schaukelpferd, erzählen. Immer ist der Autor als Ich beteiligt, das Ich, das sich fragt, was es dazu getan habe, dass schon wieder Freitag ist. Oder das Ich, auf das die Welt nicht gewartet hat, oder das Ich, das der Angst die Zunge heraus stecken will. Wunderschön auch das Gedicht, wo er mit „weg“ und „hin“ spielt und das in den Zeilen gipfelt: „sich weg werfen nein sich hin geben.“
Zwischen allen Zeilen der Wald
Ganz anders der Irschenberger Markus Hallinger, tätig in der Förderstätte als Lehrer und Schreinermeister. Er geht eher nach draußen, nicht nach innen. Er geht auf den Hof, in den Wald, in die Natur. Dabei trifft er auch Menschen. Und er schreibt was er sieht und hört. „Das Laub klingelt“ oder „nur den Sonntagsbraten nennt er ein Gedicht“. Er schreibt von „schnurlosen Tagen“, er sieht den Wald mit Wespentaille, er schreibt von Stallgeruch und Gummistiefeln, von der Welt draußen auf dem Land. Dies aber in einer stark verdichteten poetischen Sprache, die langsam daher kommt und zur Gelassenheit drängt. Oft erst im Nachhall erschließt sich die Bedeutung dessen, was Markus Hallinger in seine Worte legt und was sich dem offenbart, der mit Bedachtsamkeit seinen Gedichten lauscht.
Anke Steinberg an der Gitarre und Jochen Pliquett an der Mandoline umrahmten die gehaltvolle Lesung mit passender, einfühlsamer Musik.