Jesus

Jesus passt in keine Schublade

Alois prinz und sein Buch „Jesus von Nazareth“. Foto: privat

Autorenlesung Alois Prinz in Miesbach

Für die einen war er ein politischer Rebell, für die anderen der Messias und Gottes Sohn. Alois Prinz weiß Erstaunliches über die zeit- und kulturgeschichtlichen Zusammenhänge zu berichten, in denen Jesus die Erde betrat.

Pfarrer Erwin Sergel kündigte den gestrigen Abend im Evangelischen Gemeindehaus Miesbach als „literarisch-musikalische Annäherung an Jesus“ an und bezeichnete die Jesus-Biografie von Alois Prinz als „sehr spannend und gewagt“. Lächelnd fügte der Geistliche hinzu, „wir verstehen uns ja alle als Experten zu Jesus, Sonntag für Sonntag“.

Ein gewaltiger Kontrast

Es sei ein „ziemlich gewagtes Unterfangen“ sich der Person Jesu Christi zu nähern, die nach Karl Jaspers „zu den fünf maßgeblichen Menschen gehört“ bekannte Alois Prinz. Aber weil dem 1958 in Niederbayern geborenen Autor schon Biografien über Hannah Arendt, Hermann Hesse, Ulrike Meinhof, den Apostel Paulus oder Joseph Goebbels meisterhaft gelangen, ist den 70 Zuhörern nicht bang, dass auch diese Annäherung glückt.
Alois Prinz nährt die Vorstellungskraft des Publikums mit Bildern von den Originalschauplätzen im Heiligen Land. Man nennt sie das 5. Evangelium. Sein Buch lebt von der Nachempfindung der damaligen Zeit, insbesondere der politisch aufgeheizten Situation, wo es die Regel war, dass Menschen gekreuzigt wurden. Als Jesus als ausgesetztes, ohnmächtiges Kind in einem Stall zur Welt kam, beherrschte Herodes die Szenerie. Ein mächtiger Feldherr, der riesige Bauten errichten ließ und eine große Armee befehligte. Der Kontrast könnte nicht größer sein.

Nachfolge bedeutet, innere Freiheit zu gewinnen

„Die Person Jesu ist seine Lehre und seine Lehre ist er selbst“, so drückte es Joseph Ratzinger aus. „Insofern ist auch das Christentum keine Lehre, es ist eine Existenz-Mitteilung, und das einzige Vorbild für diese Mitteilung ist das Leben des Jesus von Nazarat“ führt Alois Prinz aus. „Er, der sich Menschensohn nannte, hat vorgelebt, wie ein Dasein im absoluten Vertrauen auf die göttliche Liebe aussehen kann. Dieses Leben bleibt für alle Zeiten das Vorbild für alle, die ihm nachfolgen wollen. Nachfolge bedeutet mithin, die innere Freiheit zu gewinnen, wie Jesus sie besaß, und die Mitmenschlichkeit zu praktizieren, wie er sie geübt hat“.

Jesus ist ganz anders als wir ihn uns vorstellen. Er passt in keine Schublade. „Wir glauben Bilder zu haben, dabei ist er es, der uns festlegt. Damit bringt er uns dazu, neu zu werden, eingefahrene Rituale zu brechen“, so Alois Prinz in seinem fesselnden rund 90minütigen Vortrag.

Zum Abschluss projiziert der Autor das Foto einer Türklingel an die Wand. „Jesus“ steht darauf. Alois Prinz versichert, „drückten wir den Klingelknopf, wir wären überrascht, wer uns da aufmacht“.

Den Abend bereicherte der Gitarrist Johannes Öllinger mit Werken, die mit Jesus in Bezug stehen wie alten Chorälen aus der Barockzeit aber auch mit Popsongs wie „Suzanne“ von Leonard Cohen.

Alois Prinz: Jesus von Nazaret, Gabriel Verlag 2013, ISBN 978-3-522-30324-8

Bildnummer: 1412749936

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