Martin Calsow liest im Stielerhaus

Das perfekte Krimi Dinner

Martin Calsow liest im Stielerhaus aus Atlas und Quercher. Foto: Ines Wagner

Lesung in Tegernsee

„Von der Geburt bis zum Tod gab es Schweinekotelett“

Es ging kulinarisch ausgefallen im Stielerhaus in Tegernsee zu: mit einem exzellenten 3-Gänge Menü, dem gebührender Applaus zuteil wurde. Und kulinarisch gespickt war natürlich auch das Buch. Martin Calsows neuer Krimi spielt in dessen Heimat, dem Teutoburger Wald, wo man eine tiefe Hinwendung zum Schweinefleisch und Grünkohl pflegt. „Grünkohl und der Meter aus Pils und Schnaps kennzeichnen einen gelungenen Abend“, erklärte der Autor seinen Zuhörern. Ebenso gehört der „gespielte Witz“ dazu, und “Leipziger Allerlei“. Vor allem aber Fleisch, viel Fleisch. „Atlas – Alles auf Anfang“ ist der persönlichste Krimi des Autors. Er führt ihn, der seit zwei Jahrzehnten an verschiedenen Orten wohnt, zurück in die Heimat. Seine Lesung begleitete er wortgewaltig mit Anekdoten aus diesem ihm so vertrauten Landstrich. Wortkarg sind die Menschen dort, und von derbem Humor. Die Westfalen, das seien die Könige der Mindestkommunikation, sagt er.

 

„In diesem Landstrich gab es keinen Dank, höchstens ein Kopfnicken“

Wenn man nach Jahren in der Fremde nach Hause zurück kehrt, tut man es aus nur zwei Gründen: Entweder man hatte großen Erfolg. Oder man kommt durch die Katzenklappe. So wie der Held Andreas Atlas, der zwar verdeckter Ermittler beim BKA ist, und in Mexiko höchst brisante Operationen geleitet hat, aber diese Story nicht erzählen kann. Weil er untertauchen muss. Als angeblich gescheiterter Animateur beginnt er einen maroden Märchenwald herzurichten, von allen belächelt, hämisch angegiftet. Zugleich fängt er an, heimlich in einem Fall zu ermitteln, der in den Tagen seiner Jugend liegt. Denn Freunde, Familie, die Geschichte haben auf ihn gewartet. Die Atmosphäre ist giftig und dicht, eine stille Gewalt und unbändiger Hass liegen in der Luft und Atlas gerät in höchste Gefahr, denn auch die Mexikaner sind auf seiner Spur. Natürlich liess Martin Calsow an spannender Stelle seine Zuhörer an einem „Cliffhanger“ hängen.

 

Ein Leben zwischen hier und dort

Zwischen den Gängen sprang er zwischen Leselampe und hauchzarten Rinderbäckchen, zwischen Bad Iburg und Bad Wiessee, zwischen dem „Kurdistan Westfalens“ und der „Westbank des Tegernsee“ hin und her. Er schilderte zwischen Hauptgang und Dessert das Leben eines Schriftstellers, der wahnwitzig genug war, seinem Verleger zwei Bücher jährlich zu versprechen, und diese auch zu schreiben. Erzählt, wie absurd und schwierig es ist, im Sommer auf Long Island über einen Quercher im Schneeflockenfall in Oberbayern nachzusinnen. Und man merkte, dass er all das gern tut. Es gehört in sein Leben.

So können diese beiden Bücher und deren Helden auch unterschiedlicher kaum sein. Gegen den turbulenten Quercher-Krimi ist Atlas ein geradezu ruhiges Buch. Der jeweilige Ort bestimmt den Ton. Laut und gewaltig, gleichsam angeberisch Max Quercher am barocken Tegernsee – autistisch still und asketisch hingegen Andreas Atlas im Teutoburger Wald mit seinem knorrigen Landkatholizismus.

 

„Blechmusik ist das Bayern unter den Instrumenten“

Zum Schluss las Martin Calsow noch ein Kapitel aus dem neuesten Tegernsee-Krimi, der „Quercher und das Seelenrasen“ heissen wird und noch in Arbeit ist. Sogleich hatte man wieder den zynischen Kriminalbeamten vor Augen, der Lokalpolitik, Kirche und Wirtschaft kritisch durchleuchtet und mit seinen anarchistischen Ideen Feinde und Widersacher aufstachelt, während der auf unkonventionelle Art seine Fälle löst. Es wird ein persönliches Buch werden, mit tiefer Hochachtung vor den Menschen im Tegernseer Tal und zugleich einem Kopfschütteln darüber: ein Quercher, an dem sich die Leser wieder einmal reiben können. Der Krimi-Abend endete mit Autor hautnah, mit persönlichen Gesprächen und Signierstunde. Der kleine, feine Rahmen machte es möglich.

 

Lebendige Geschichte im Stielerhaus

Knapp zwei Jahre hat es gedauert, das Stielerhaus umzubauen und unter Denkmalschutzauflagen behutsam zu sanieren. Es ist inzwischen ein wahres Kleinod geworden, in dem der lebendige Geist von Kunst und Literatur Joseph Karl Stielers (des Königlichen Hofmalers) und Karl Stielers (des Dichters) wirken und von aktuellen Veranstaltungsreihen aufs Neue belebt werden. Neben Lesungen gibt es auch immer wieder musikalische Schmankerl zu Büfett oder mehrgängigen Menüs aus der hervorragenden Küche.

Gefällt Ihnen dieser Beitrag? Bitte besuchen Sie uns auf