Hier malt der Mensch wie er spielt
Ute Brenker-Krause in ihrem Malort. Foto: Name
Malort in Holzkirchen
Ein Raum der Geborgenheit, Wände mit Spuren der hier Malenden, ein Platz, an dem Malen zum Spiel wird und kein Ergebnis bringen muss, wo Werke nicht für den Betrachter bestimmt sind, sondern nur für den Malenden, das ist der Malort.
Ute Brenker-Krause ist Kunsterzieherin und unterrichtet seit 20 Jahren an der Münchner Fachakademie für Sozialpädagogik Erzieherinnen im Fach Kunst. Im vergangenen Jahr sah sie den Film „Alphabet“ von Erwin Wagenhofer, in dem Arno Stern sein Konzept des Malortes erläutert. Hier treffen sich Kinder und Erwachsene zum Malen, das ausschließlich dem Prozess und dem Selbstzweck, also einer inneren Reflexion dient.
„Das hat einen Punkt in mir angesprochen, der mir wichtig war und ich wusste, so etwas will ich machen“, erzählt die Holzkirchnerin. Sie fuhr nach Paris und lernte bei Arno Stern, wie ein Malort funktioniert. Der 91-Jährige habe sie mit seiner Begeisterung angesteckt, sagt Ute Benker-Krause. Zudem hätten sie die Bilder, die dort entstanden waren, tief berührt. „Ich habe die Kraft gespürt, da war so viel Positives darin.“
Unbeeinflusst malen
Zehn Tage lernte sie mit anderen Studierenden aus Deutschland, Österreich und der Schweiz welche Regeln ein Malort hat, wie sich die natürliche Art der Malentwicklung gestaltet, wenn man unbeeinflusst malen kann und wenn das Ergebnis unkommentiert bleibt. „Hier malt der Mensch wie er spielt“, sagt die Lehrerin, ganz frei, wie eine Art Tagebuch dürfe der Malende das gestalten, was in ihm vorgeht. „Diese Freiheit finde ich ganz unglaublich.“
Keiner, der in den Malort kommt, braucht eine Begabung. Hier geht es ausschließlich darum, dass das Malen selbst für den Menschen eine Bedeutung für die Entwicklung und Stärkung der Persönlichkeit hat. Es gibt Kraft für die Konzentration und die Malenden können den Prozess an sich genießen.
Begegnung am Palettentisch
Ute Brenker-Krause hat in ihrem Haus einen solchen Malort eingerichtet. Hier treffen sich Kinder und Erwachsene in altersgemischten Gruppen zum Malspiel. Jeder nimmt sich ein Blatt Papier und sucht sich einen Platz an einem der vier Wände. Dort wird das Papier mit Reißnägeln an der mit Dämmstoff und braunem Papier verkleideten Unterlage befestigt.
Im Malkittel kann dann jeder ungestört malen. Zur Begegnung kommt es in der Mitte des Raumes. Hier steht ein spezieller Palettentisch mit den Farben und Pinseln. Die Farben seien ungiftig und umweltfreundlich. Reste werden nicht ausgewaschen, alles wird verwendet.
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Nichts wird bewertet
„Mein Job ist es, den Menschen zu dienen, ihnen die Materialien, die sie brauchen, zur Verfügung zu stellen und aufmerksam zu sein, was nötig ist“, sagt die Malort-Leiterin. Bewertet werde nichts, auch nicht kommentiert. Auf dem braunen Papier entstehen die Spuren, wenn über den Rand hinaus gemalt wird.
Einmal im Monat geht Ute Brenker-Krause selbst in einen Malort nach Salzburg. „Das ist ein Veränderungsprozess, ich kann mich ganz konzentrieren, auf das was kommen will und jemand kümmert sich um mich“, erklärt sie. Sie erfahre Kraft durch das Malen und durch die Gruppe. Ganz wichtig ist ihr, dass man sich für einen regelmäßigen Besuch des Malortes entscheidet. „Nur einmal schnuppern geht nicht, man muss dazu gehören.“
Mittlerweile reift bei ihr die Idee, den Malort auch für Flüchtlinge anzubieten. „Ich will einen Beitrag leisten zum Ankommen dieser Menschen“, sagt sie.