Obrigkeitskult entlarvt
Gerhard Loew Bühne: Servus Adolf. Foto: Petra Kurbjuhn
Theater in Holzkirchen
Da stehen sie in ehrfurchtsvoller Erwartung: der Raßhofer und der Gattinger, Hände an die Hosennaht. Die Raßhoferin und der Katlbach lassen diese führertreue Haltung vermissen. Und der Süßmoser vom Führerbegleitkommando steht schon an der Tür.
Er kommt wirklich. Und „Servus Adolf“ wird er sagen, der Raßhofer, denn er ist sein Kriegskamerad, der Adolf, auch wenn er jetzt der Führer ist. Gestern Abend hatte Gerhard Loews großartige Satire im Foolstheater Premiere, mit großartigen Schauspielern und stimmiger Ausstattung (Renate Stoiber).
Darf der Deutsche das? Darf er diesen menschenverachtenden Verbrecher in einer satirischen Art darstellen? Er darf, wenn es so gut gemacht wird, wie es die Gerhard Loew Bühne präsentierte. Er darf es deshalb, weil diese Autoritätshörigkeit, dieser Obrigkeitskult entlarvt wird, der zeitlos ist. Gerhard Loew gelingt es, mit diesem Stück das Publikum zum Lachen zu bringen und gleichzeitig zum Nachdenken.
In einer Uniform wächst der Mensch
Es könnten die Großeltern des Publikums sein, die da auf der Bühne stehen, denn das Stück spielt an der Mangfallbrücke im Jahr 1935. Zur Einweihung der Brücke hat sich Adolf Hitler angesagt und Parteigenosse und Wirt Raßhofer, authentisch derb von Alois Böhm gespielt, lässt sich eigens rasieren und einen neuen Anzug anfertigen. Gattinger ist nur im Nebenberuf Frisör, ansonsten trägt er stolz die Eisenbahneruniform, denn in einer Uniform wächst der Mensch. Bernd Schmidt gibt den vor Erwartungsfreude zittrigen, eilfertigen und devoten Parteigenossen in beängstigender Schärfe. „Ob ich es nervlich packe, wenn mir der Führer die Hand gibt?“ fragt er mit Ehrfurcht.
Andrea Roßkopf zeigt als Raßhoferin, dass es auch Menschen gibt, die dem Führerwahn nicht erliegen und findet kritische Worte. „Ich hab noch nie an Führer braucht“, meint sie lakonisch. Der Gundula ist das alles eh wurscht, denn sie bekommt ein Kind vom Hausierer Katlbach und hat ganz andere Sorgen. Michaela Schmöller gibt dem armen, umhergeschubsten Mädchen eine gehörige Portion Naivität und Tumbheit mit.
Für solche Elemente ist kein Platz
In ihr erkennt der SS-Mann Süßmoser nichts Gemanisches, stattdessen diagnostiziert er: „Rassischer Abschaum“. Detlef Dauer im dunklen Zweireiher mit Hut macht Angst. Er spielt den Führertreuen in Machtposition despotisch und hinterhältig, hat seine rollenden Augen überall. Auch beim Katlbach, den er bohrend fragt, wie oft er in die Synagoge geht. „Für solche Elemente ist kein Platz.“ Henry Sepulveda gibt dem Hausierer wenig sympathische Züge, denn er steht keineswegs zu seiner Vaterschaft, und andererseits zeigt er Stärke gegenüber den Angriffen des SS-Mannes, denn er antwortet: „Aber im Massengrab ist genug Platz.“
Wenn Loew dann noch Eigenarten Hitlers in sein Stück einbaut, wie seine Vorliebe für Marmeladenbrote, seinen Stuhlgang oder seine Jagd auf Ratzen mit dem Bajonett, dann ist das wirklich komisch und als Gegenpol zur unterschwelligen Betroffenheit wirkungsvoll. Dem Autor und Regisseur ist ein Stück gelungen, dass mit Tabus bricht, das den „Großen Diktator“, wie ihn Chaplin umwerfend komisch darstellt, durch seine willenlose Gefolgschaft lächerlich macht und gleichzeitg zeigt, dass so etwas immer wieder möglich ist.
Ja, und dann kommt er wirklich. Und sie stehen stramm und lauschen auf die Tritte ihres verehrten Adolf und Raßhofer hat schon sein „Servus Adolf“ auf den Lippen…