Einen Moment bitte! Oder zwei?
Autoren und Protagonisten aus Bayern, Tschechien und Österreich vor der Installation an der Grenze. Foto: Petra Schoplocher
Bayerischer Thementag in Niederösterreich
So nennen drei Bayern ihr grenzüberschreitendes Projekt, das sie jetzt auch grenzüberschreitend in Tschechien und Österreich bei der Kulturbrücke Fratres vorstellten. Sie fotografierten und interviewten Menschen im Grenzland. Und sie wollten wissen: Wohin verschwinden die Grenzen?
Diese Installation an der Grenze Österreich-Tschechien zwischen Fratres und Slavonice ziert das Titelbild des Buches, das aus dem Projekt entstand. Jetzt positionierte die bayerische Journalistin Petra Schoplocher Autoren und Protagonisten vor der Installation.
Es war die erste Tandemveranstaltung der Kulturbrücke, eine Veranstaltung also, die in Tschechien und in Österreich stattfand. Und kein Thema wäre geeigneter gewesen, als die Feldstudien, die der Schriftsteller Bernhard Setzwein und die beiden Fotografen Herbert Pöhnl und Johannes Haslinger miteinander im Grenzland Bayern-Böhmen-Österreich durchführten.
Bernhard Setzwein, Johannes Haslinger, Sven Ochsenbauer, Jaromir Konečný, Herbert Pöhnl (v.l.). Foto: Monika Ziegler
In Schloss Ebergersch, einem ehemaligen Schloss in Staré Město, das von Jan Muzak und seiner Familie zu einem Kulturzentrum ausgebaut wird, begann der Thementag mit der Ausstellung von Herbert Pöhnl. Der bayerische Fotograf betonte, dass das Projekt zwar abgeschlossen, das Thema aber unendlich sei. „Grenzen lösen sich nur durch Besuche auf“, sagte er und ein Tag wie dieser, an dem sich Menschen der Grenzregion treffen, lasse die Grenzen ein bisschen verschwinden. Wohin sie aber gingen und wann sie zurückkehren, diese Frage bleibe offen. Für Jan Muzak ist die Kultur eine Möglichkeit, Grenzen zu beseitigen.
Kaufhaus Frey. Foto: Herbert Pöhnl
Aus dem Vorwort des Buches zitierte der bekannte bayerische Schriftsteller Bernhard Setzwein, wie man sich gemeinsam aus dem Bayerischen Wald aufgemacht habe, um den Alltag und die Befindlichkeit von Menschen zu erkunden, die im Grenzland leben. Einige dieser Menschen lernten die Besucher im zweiten Teil der Veranstaltung kennen, die in Fratres stattfand. Hier zeigte der Münchner Fotograf Johannes Haslinger seine Arbeiten.
Polizei. Foto: Johannes Haslinger
Zunächst sei die Idee gewesen, Porträts von Deutschen und Tschechen zu machen, die im bayerisch-böhmischen Grenzland miteinander leben und arbeiten. Ob Polizisten oder Künstler, ob Menschen in Sport oder Politik, in der Wirtschaft oder beim Musikantentreffen, all dies habe man in Fotos festgehalten und mit Geschichten der Protagonisten ergänzt. Später seien auch Begegnungen mit Menschen aus dem österreichisch-tschechischen Grenzgebiet hinzugekommen.
Bernhard Setzwein bei der Lesung im Gutshof Fratres. Foto: Monika Ziegler
Eine dieser Geschichten, die Bernhard Setzwein aufschrieb, betrifft Jaromir Konečný. Kürzlich war der tschechische Chemiker aus München beim Science Slam der Tegernseer Wissenschaftstage in Bad Wiessee zu Gast. Die Überraschung war groß, sich jetzt fern der Heimat wieder zu begegnen. Seine Lebensgeschichte liest sich wie ein Roman. In Mähren aufgewachsen, Vater überzeugter Stalinist, der als Partisan gegen Hitler gekämpft hatte, floh er 1982 in den Westen und wurde zu einer Marke in der Poetry und Science Slam Szene. Er unterhielt das Publikum mit humorvollen Geschichten aus seinem neuen Buch „Die unglaublichen Abenteuer des Migranten Němec“.
Sven Ochsenbauer in Schloss Ebergersch. Foto: Monika Ziegler
Der Tag voller Begegnungen von Menschen aus den drei Ländern Bayern-Tschechien-Österreich gipfelte in der Person von Sven Ochsenbauer. Der Komponist und Pianist begleitete Ausstellungen und Lesungen mit seiner fantasiereichen Musik. Schon sein erstes Stück war ein Bekenntnis zu Europa. Seine Jazzversion von „Freude schöner Götterfunken“ ließ Gänsehautfeeling aufkommen. Als sich dann herausstellte, dass seine Frau aus Miesbach stammt, war die Freude komplett und sicher werden wir den großartigen Musiker in Bälde in die Kreisstadt zu einem Konzert einladen.
Installation „Sitzgelegenheit“ von Martin Ceplecha (l. mit Hut, und Laudator Abbe Libansky (r.). Foto: Monika Ziegler
Abgerundet wurde der Tag durch die Einweihung der Installation von Martin Ceplecha „Sitzgelegenheit“ im Garten des Gutshofes Fratres. Der Künstler aus dem nahe gelegenen Mariz schweißte ein Objekt aus Metallteilen zusammen, das dem im Inneren sitzenden Besucher die Möglichkeit eröffnet, die Welt aus den Augen eines riesigen Insekts zu betrachten..