Vertrauen in einer misstrauischen Zeit
Vertrauen zwischen Diensthund und Polizist Foto: pixabay
Dossier der Journalistenakademie München
Haben Sie schon nachgedacht über Vertrauen – in einer Zeit, in der Misstrauen größer ist als Urvertrauen? Die Seminarteilnehmer der Journalistenakademie in München haben dazu ein Dossier erarbeitet. Vertrauen – das ist auch das Thema von KulturVision in der 27. Ausgabe der KulturBegegnungen.
KulturVision beschäftigt sich im landkreisweit ausliegenden Kulturmagazin mit dem Thema Vertrauen hauptsächlich in den kulturellen Bereichen der Literatur, des Films, Theaters, der Kunst, Geschichte und Religionsphilosophie. Das Dossier „Vertrauen – Grundlage unseres Lebens“ der Journalistenakademie fokussiert hingegen ganz unterschiedliche Alltagsthemen. Aus diesem Grunde findet KulturVision, dass es eine gute Ergänzung ist und präsentiert es an dieser Stelle im Online-Magazin.
Vierzehn Facetten von Vertrauen im Alltag
„Warum fällt uns Vertrauen manchmal schwer, während sich Misstrauen allzu leicht einschleicht?“, liest man im Editorial des Dossiers. Weil die Antwort darauf so komplex ist, haben sechs Teilnehmende der Seminare Onlinejournalismus, PR-Arbeit und Videojournalismus das Thema in seinen verschiedenen Facetten beleuchtet. Herausgekommen sind Reportagen, Interviews, Kommentare und eine sehenswerte Videoarbeit.
Autor*innen des Dossiers (von oben li.): Sonja Müller, Eva-Maria Steckenleiter, Matthias Hommel, Ines Wagner, Sandra Westermann, Ina Krug. Foto: Noah Cohen
„Blicken wir vertrauensvoll in die Zukunft, sind wir in der Lage, Visionen zu entwickeln“ ist eine der Schlüsselaussagen im Dossier, das Anja Gild begleitet hat. Die Valleyerin ist Dozierende an der Journalistenakademie Dr. Hooffacker in München.
Visionen werden wahr, wenn Menschen den Mut aufbringen, Wagnisse einzugehen und Risiken auf sich nehmen und dabei auf sich und andere vertrauen. Gesundes Selbstvertrauen befähigt dazu, Verantwortung zu übernehmen und verbindliche und zuverlässige Beziehungen zu führen. Liebe und Hingabe sind undenkbar ohne Vertrauen.
Beziehung, Fürsorge, Mut, Störung und Verantwortung
Das Dossier, an dem auch die Autorin dieses Beitrags beteiligt ist, gliedert sich in fünf Bereiche: Beziehung, Fürsorge, Mut, Störung und Verantwortung. Vertrauen ist die Grundlage aller Lebensbeziehungen. Das beschreibt beispielsweise Sandra Westermann in ihrem Interview mit Prof. Dr. med. Karl Heinz Brisch zum Thema Urvertrauen bei Babys.
Mit der Videokamera hat sie in München außerdem Streetworker und Obdachlose auf der Strasse und in der Teeküche KOMM begleitet und erforscht, welche Stellung das Vertrauen in der Fürsorge und Begegnung von Helfern und Hilfesuchenden hat.
Urvertrauen von Baby und Mutter. Foto: pixabay
Um Fürsorge, aber auch um Vertrauensstörung geht es Sonja Müller. „Kann zerstörtes Urvertrauen wieder repariert werden?“ – das ist die Kernfrage ihres Interviews mit einem Mitarbeiter der Kinderschutzstelle. Außerdem war es ihr wichtig, über das Vertrauen in der Beziehung zwischen Mensch und Tieren zu schreiben. Darum hat sie in München zwei verschiedene Institutionen besucht, in denen das Vertrauen zwischen zwei- und vierbeinigen Kollegen von großer Bedeutung ist: bei der Polizei und der Sicherheitskontrolle am Flughafen. Bei der fachmännischen Ausbildung steht die Bindung des Tieres zum Menschen im Vordergrund.
Opernfestspiele und Tierfürsorge
Für die Rosenheimerin Ina Krug war die Fahrt zum Gut Immling bei Bad Endorf ein Schlüsselerlebnis zum Thema Vertrauen zwischen Menschen und Tieren. Das Gut ist bekannt wegen seiner alljährlichen Opernfestspiele. Weit weniger bekannt ist, dass es auch einen Gnadenhof für Tiere beherbergt. Was sie dort erlebt und erfahren hat, beschreibt sie in ihrer Reportage „Vom Schlachthof ins Paradies“. In ihrem Kommentar „Falsche Polizisten: Millionenschaden durch Betrüger“ warnt sie vor Gutgläubigkeit und allzu großer Naivität.
Sicherheit. Foto: Matthias Hommel
Vertrauen ist gut, aber Kontrolle ist besser? Matthias Hommel beschäftigte als Familienvater das Thema Sicherheit im öffentlichen Raum. Dazu stellte er einem Security-Profi die kritische Frage: „Sommerzeit ist Festspielzeit. Sind wir sicher, Hr. Brandl?“
Vertrauen in die Sicherheit unseres privaten Geldes, das bei Banken der aufgrund der Zinsschmelze unübersehbar dahinschmilzt, war für Eva-Maria Steckenleiter Anlass für einen Kommentar. Ein weitaus persönlicheres Thema, das viele Menschen beschäftigt, ist die Angst vorm Zahnarzt. Kann man sie wegtrainieren? In ihrer Reprotage beschreibt sie den schweren Gang zur komplizierten Zahn-OP. Dabei braucht es neben dem Vertrauen in die Fachkompetenz des Arztes sowohl Mut als auch Selbstvertrauen.
Fußball und Flüchtlinge
Genau diese Mischung aus Mut, Selbstvertrauen sowie Vertrauen in Technik und Pilot braucht es auch für einen Tandem-Gleitschirmsprung. Das fand jedenfalls die Autorin und begleitete Hagen Mühlich und seinen Tandemgast beim Flug am Brauneck. Dass Fußball eine große Rolle bei der Vertrauensarbeit in der Flüchtlingshilfe spielt, kann man außerdem in ihrem Interview mit dem Integrationsbeauftragten Max Niedermeier in Miesbach nachlesen.
Fußball ohne Grenzen – Turnier mit Schirmherr Landrat Wolfgang Rzehak und Max Niedermeier. Foto: Sabine Kirchmair
Vertrauen ist der Grundstein für gelingende Beziehungen, im Privaten ebenso wie auf gesellschaftlicher und politischer Ebene. Es beginnt bei uns selbst und begleitet uns ein Leben lang. Die Kursteilenehmenden der Journalistenakademie fordern ihre Leser auf, den Mut zum Vertrauen aufzubringen. Sie raten zu gesunder Vorsicht vor blindem Vertrauen, egal ob in die Medizin, Politik oder unsere Sicherheitssysteme. Stattdessen rufen sie dazu auf, den gesunden Menschenverstand zu nutzen und die Herausforderung anzunehmen, unsere Beziehungen und unsere Gesellschaft aktiv mitzugestalten.