Individuen und Massenware
Christian Stadelbacher vor seinen Kuhporträts. Foto: Monika Ziegler
Ausstellung im Krankenhaus Agatharied
Zum ersten Mal im Landkreis Miesbach zeigt der Tölzer Künstler Christian Stadelbacher seine Kuhporträts. Beim gestrigen Künstlergespräch im Krankenhaus Agatharied erläuterte er Interessierten seine Leidenschaft für die Tiere.
Vermutlich sei er der letzte Kuhmaler, meinte der Künstler, denn schön langsam verschwänden sie hornlos in den Laufställen auf Nimmerwiedersehen. Für ihn aber hätten Kühe etwas Beruhigendes, Kontemplatives und so ist auch die Präsentation im Krankenhaus für Patienten und Besucher besonders passend.
Darüber hinaus aber ist das gewählte Thema der Ausstellung „Individuum und Massenware“ ein spannendes Thema in der Gesellschaft. „Der Künstler sollte sich mit gegenwärtigen Themen befassen“, macht Christian Stadelbacher deutlich. Nachdem Gerhard Richter seine Werke in Grau gezeigt habe, sei es zu Ende mit der Beliebigkeit in der Kunst. „Kunst um der Kunst willen ist passé“, davon ist der in Tölz eine Galerie betreibende Maler überzeugt.
Kunst kommt von Verkünden
Schließlich komme Kunst von Verkünden und nicht von Können, wie oft gesagt würde, also habe der Künstler einen Auftrag. „Ich stelle die Frage nach der Lebensqualität, in einer Zeit, wo der Konsum von Psychopharmaka steigt, Burnout-Erkrankungen und Selbstmorde von Kindern zunehmen.“ Kühe seien Botschafter. Er fühle sich von ihnen berührt, ohne zu verstehen warum und genau da müsse man ansetzen.
Aus der Serie „Rosa“. Foto: Monika Ziegler
Stadelbachers Ölbilder berühren auch den Betrachter. Sitzt man in der Cafeteria, schauen einige Tiere genau ins Gesicht, fragend einserseits, bruhigend andererseits. Andere schauen in die Landschaft, zu Boden, sie scheinen eins zu sein mit sich. Die gegenständliche Malerei, der immer wieder ein Ende prognostiziert wird, ist in diesen Bildern mit Tiefe und Wärme präsent. Indem der Künstler auf Firnis verzichtet, kommt jedes Härchen zum Vorschein und jede Kuh erhält ihre besondere Persönlichkeit.
Kuhporträts klassisch. Foto: Monika Ziegler
Die Ausstellung beginnt mit zwei Kuhporträts in Rosa. „Sie stammen aus einer Phase, in der ich mir die Welt noch rosa gemalt habe“, lächelt der Künstler. Die nächsten Porträts aber sind auf dunklem Hintergrund, analog der klassischen Porträtmalerei. Damit habe er die Persönlichkeit der Tiere, natürlich sämtlich mit Hörnern, hervorheben wollen. Es handelt sich um echte Porträts, wie an den Namen zu sehen ist, aber vermutlich seien die Kühe, die ja heute nur noch vier bis fünf Jahre alt werden dürften, jetzt schon beim Metzger gelandet.
Die Initialzündung für diese Arbeiten waren Fotos des französischen Fotografen Nadar, der 1856 einen Katalog von Kuh- und Schafrassen veröffentlichte, zwei Bilder, die Christian Stadelbacher nach diesen Fotos malte, sind in der Ausstellung zu sehen.
„Weidebetrieb“. Foto: Monika Ziegler
Ein großes Ganzkörperbild zweier Kühe heißt „Weidebetrieb“, ein typisch bairisches Fleckvieh schaut interessiert zu einer Schwarzweißschecke, die auf der anderen Seite der Umzäunung steht. „Die haben offensichtlich kein Problem mit anderen Rassen“, meint der Künstler und erzählt, dass das Bild beim ersten großen Flüchtlingsstrom entstanden sei. Er wolle damit keine politische Aussage verbinden, nur ermahnen, etwas gelassener, so wie die Kühe auf der Weide, mit dem Problem der Zuwanderung umzugehen.
„Hanni und Nanni“ oder „Der Sündenfall“. Foto: Monika Ziegler
Gegenüber der Kapelle ist ein Doppelbildnis zu sehen. Eine Kuh und ein Stier auf der Alm. „Hanni und Nanni“ hat Christian Stadelbacher die Bilder genannt oder auch „Sündenfall“, obwohl heute kaum ein Stier noch der Sünde verfallen dürfe und somit aus dem Paradies vertrieben sei.
Und dann wird Christian Stadelbacher doch noch politisch und hofft: „Vielleicht empören sich die Jugendlichen.“ Papst Benedikt habe ein gutes Beispiel gegeben, als er im hohen Alter sein Amt an einen Mann abgegeben habe, der etwas verändern könne. Es täte vielen Menschen gut, Platz zu machen für eine Neugestaltung und mit Bevormundung aufzuhören.
Sicherheitshinweise. Foto: Monika Ziegler
In der Mitte der Ausstellung, eingerahmt von hauseigenen Sicherheitsvorkehrungen, hängt ein Sicherheitshinweis. Kunst nämlich könne verändern. Und in einem durch und durch zertifizierten Land müsse er als Künstler den Betrachter darauf hinweisen, dass ein gewisses Sicherheitsrisiko bestehe, wenn man seine Bilder betrachte.