Miesbach freut sich über Schad-Archiv
Prosa von Walter Serner mit Illustrationen von Christian Schad. Foto: Isabella Krobisch
Strahlende Gesichter im Rathaus Miesbach: Der Stadtrat hat beschlossen, das Christian-Schad-Archiv zu erwerben und am 22. Januar 2018 wurde der wertvolle Bestand im Stadtarchiv präsentiert.
Bürgermeisterin Ingrid Pongratz erzählt, dass der Maler Christian Schad am 21. August 1894 als direkter Nachfahre der Familien Waitzinger und Fohr in Miesbach geboren wurde. „Auf diese Dynastie gehen große Besitztümer wie Waitzinger Bräu und Waitzinger Keller und gewaltige Pioniertaten wie die erste Stromübertragung von Miesbach nach München oder die Gründung des Bergwerks in Miesbach zurück.“
1. Bürgermeisterin Ingrid Pongratz und Marie Luise Richter. Foto Isabella Krobisch
Weltberühmter Sohn Miesbachs
„Christian Schad, den Sohn von Karl und Marie Schad und den Urenkel von Susanna Waitzinger, haben seine Wege indes zur Kunst geführt“, erläutert Kulturamtsleiterin Isabella Krobisch. „Er entwickelte seit 1919 Photogramme, die später als „Schadographien“ weltberühmt wurden. Hauptsächlich schuf er jedoch Zeichnungen, Grafiken und seine legendären Porträts, die die mondäne Seite der „goldenen“ Zwanziger Jahre widerspiegeln und ihn zum Meister der Neuen Sachlichkeit werden ließen. Diese Werke befinden sich heute in den großen Museen der Welt, vom Metropolitan Museum of Art in New York bis zur Kunsthalle Hamburg.“
Kulturamtsleiterin Isabella Krobisch und Marie Luise Richter, Foto Barbara Wank
Der Stadt Miesbach ist es in den vergangenen Jahrzehnten gelungen, eine beachtliche Grafiksammlung aufzubauen. Diese Werke wurden seit den 1980er Jahren von der Edition Richter in Rottach-Egern angekauft.
Das Ehepaar Richter lernte Christian Schad 1972 kennen. Als Inhaber einer Werbeagentur besaßen sie das Know how und die Kontakte, um dem Künstler 1974 zu seinem 80. Geburtstag eine große Einzelausstellung in Berlin auszurichten. Dieses Ereignis sorgte für Furore in der Kunstwelt und war die Geburtsstunde des Christian Schad Archivs.
Edition Richter etabliert Christian Schad auf dem Kunstmarkt
„Ab 1975 verlegten mein Mann und ich die ersten Grafiken und Mappenwerke. Wir übergaben Schads Druckstöcke und Radierplatten den besten Profidruckern, verhandelten mit Schad die Auflage und die Kosten für das Honorar. So entstand die Herausgabe des unveröffentlichten grafischen Werkes von Christian Schad in Zusammenarbeit mit dem Künstler in der Edition G.A. Richter“, berichtet Marie Luise Richter.
„Gleichzeitig wurden alle im Zusammenhang mit Schad stehenden Bücher gesammelt und auf Auktionen die Einzelpublikationen der frühen Zeit 1916 bis 1919 ersteigert. Außerdem haben wir in den vergangenen 40 Jahren umfassende Pressearbeit geleistet und Bildmaterial vom gesamten Werk beschafft. In den nun dem Stadtarchiv Miesbach übergebenen Kartons befinden sich die Schwarzweißdokumentation von Gemälden und Arbeiten auf Papier, aber auch die Ektachrome seiner Gemälde, teilweise Aufnahmen von Bildern, die nicht mehr zugänglich sind. Da Schad 1916 in Zürich bei den Dada-Veranstaltungen mitwirkte und auch davon beeinflusst wurde, enthält das Archiv viel Literatur zu Dada. Im Besonderen alle Niederschriften seines Freundes und Anregers Walter Serner.“
Marie Luise Richter hat bis heute über 40 Einzelausstellungen zu Christian Schad initiiert. Die Korrespondenz mit Kunsthistorikern und Autoren füllt einige Ordner. Auch die bereits geschriebenen Essays, teils unveröffentlicht, füllen weitere Ordner. Die Typoskripte der Werkverzeichnisse, Gemälde, Schadographien, Druckgrafiken und Zeichnungen sowie Aquarelle sind dokumentiert.
Großer Schatz an Personality-Fotos
Ein großer Schatz sind die Personality-Fotos vom Künstler, Bleistiftskizzen, Handschriftliches, meist zu seinen grafischen Arbeiten, niedergeschriebene Gedanken zur Kunst. Der handgeschriebene Versuch eines Theaterstückes, sechs Dissertationen über Schad, Original-Zeitschriftentitel mit Gemälden, verlegt in der Zeit von 1927 bis 1942. Internationale Auktionskataloge, die Schads Bilder zeigen, mit den Ergebnissen.
Mit jeder Initiative wuchs der Umfang des Archivs.
Der Stadtrat hat dem Ankauf der Sammlung am 12. Oktober 2017 in nichtöffentlicher Sitzung zugestimmt. In diesen Tagen wurde das Archiv von Rottach-Egern nach Miesbach gebracht und in einem extra dafür vorgesehenen und neu eingerichteten Raum, der zum Stadtarchiv Miesbach gehört, platziert.
Marie Luise Richter erläutert Stadtarchivarin Barbara Wank den Bestand. Foto: Isabella Krobisch
Großer Schatz für ein kleines Kommunalarchiv
Stadtarchivarin Barbara Wank erachtet das Christian Schad Archiv als ganz besonderen Schatz, „der nur selten einem kleinen Kommunalarchiv zukommt – noch dazu mit direktem Bezug zu Miesbach“. Überdies besitzt die Stadt Miesbach bereits 150 Arbeiten auf Papier von Christian Schad, darunter Zeichnungen, Grafiken und Schadographien. Damit kann der Lebensgeschichte und dem Schaffensreichtum des berühmten Sohnes der Stadt in neuer Weise Rechnung getragen werden. Wenn die Exponate mit Signaturen versehen sind, steht der Bestand auch wissenschaftlich Interessierten zur Verfügung.