Claudia Wirth

Claudia Wirth: Mensch unter Menschen

Im Flughafen? Foto: Petra Kurbjuhn

Ausstellung in Holzkirchen

Hoppla, bin ich am Flughafen? Da sind drei Personen eiligen Schrittes mit Rollkoffern im Erdgeschoss des Gesundheitszentrums Atrium in Holzkirchen unterwegs. Nein, sie rennen nicht, sie stehen auf Plexiglas-Ständern, aber lebensecht.

Gegenständliche Malerei von Menschen, das ist das Erkennungszeichen von Claudia Wirth. Die in Bamberg geborene Künstlerin studierte an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg und war bis 2011 Meisterschülerin von Prof. Eva von Platen.

Der Mensch mit seinen Hintergründen

Vor einiger Zeit war eine Auswahl ihrer Werke im KULTUR im Oberbräu zu sehen, jetzt hat sie die vier Stockwerke des Atriums für eine umfassende Präsentation genutzt. Im Mittelpunkt ihres Schaffens steht der Mensch mit all seinen Hintergründen und Befindlichkeiten, die der Betrachter herausfinden und mit seiner eigenen Person in Zusammenhang bringen kann.

Claudia Wirth
Urlaub mit den Eltern. Foto: Petra Kurbjuhn

Im Erdgeschoss also zieht der Mensch los, um Urlaub zu machen. Eilig, gehetzt, aneinander vorbei. Im 1. Stock ist er angekommen, schaut sich durch das Fernglas die Gegend an, der Jugendliche mit seinen Eltern scheint außerordentlich gelangweilt zu sein. Dann liegt der Mensch mit seinesgleichen im Liegestuhl am Pool, schläft oder hat einen Drink in der Hand. Viele aber schauen in ein kleines viereckiges Teil in ihrer Hand. Besonders deutlich wird der Kommunikationsverlust in einem Bild von einem Paar: Er mit nach hinten verschränkten Armen und geschlossenen Augen, sie unterhält sich derweil mit ihrem Smartphone. Einsamkeit im Urlaub.

Claudia Wirth
Am Laptop. Foto: Petra Kurbjuhn

Im 2. Stock ist der Urlaub schon wieder vorbei, der Mensch ist in seiner gewohnten Umgebung, am Schreibtisch mit Laptop. Alles ist aufgeräumt, die Akten liegen fein gestapelt, die Wasserflasche zeigt, der Mensch lebt gesund. Eine Dame im Büro mit geblümten Strümpfen tippt gerade nicht in die Tasten sondern sucht etwas im Rollcontainer. Jeder Mensch arbeitet für sich allein. Und wieder: Einsamkeit. Gegenüber der Arbeitswelt ein ganz anderes Bild: die Hinterlassenschaft des Menschen, Müllcontainer und eine Flut von prall gefüllten Plastiksäcken drum herum.

Claudia Wirth
Die Hinterlassenschaft des Menschen. Foto: Petra Kurbjuhn

Im 3. Stock ist der Mensch nicht mehr allein. Zwei Menschengruppen gehen aufeinander zu, die eine Sommer, die andere im Winter. Das ist der einzige Unterschied, denn beide Gruppen bestehen aus einsamen Individuen, kein Blick, kein Wort zum Nachbarn, stattdessen Ohrstöpsel und Handy.

Claudia Wirth
Der Mensch in der Gruppe. Foto: Petra Kurbjuhn

Und auch am Tisch herrscht Einsamkeit, sie ist mit ihrem, er ist mit seinem Handy befasst. Ob der Mann vor dem Juweliergeschäft seiner Frau zum Trost für die Sprachlosigkeit ein Schmuckstück kauft?
Claudia Wirth erzählt Geschichten, nachdenkliche Geschichten über den Zeitgeist, in der sich jeder wiederfinden kann, wenn er sich auf Betrachtung und Reflexion einlässt. Da die Künstlerin den Hintergrund, also den Ort des Geschehens offenlässt, kann sich jeder mit der Geschichte identifizieren und vielleicht sogar seine Handlungsweise in Frage stellen.

Claudia Wirth
Der Mensch mit seinem Lieblingsspielzeug. Foto: Petra Kurbjuhn

Die Ausstellung „Menschen unter Menschen“ der Egloffsteiner Künstlerin im Atrium ist noch bis zum 26. April zu sehen.

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