Will man etwas sein, fährt man an den Strand
Schülertheater Tegernsee Gymnasium: Vitus Rettermeier, Anna Neuhaus, Hendrik Schlosser, Anna Lena Draxl, Simon Pilmes (v.l.). Foto: IW
Schülertheater in Tegernsee
Diesmal haben sich Barbara Winkler und ihre Theaterschüler am Gymnasium Tegernsee Carlo Goldonis „Trilogie der Sommerfrische“ vorgenommen. Obwohl dreihundert Jahre alt, hat das Stück nichts von seiner Aktualität eingebüßt. Im Gegenteil.
Warum sie Goldonis Stück ausgerechnet in die 80er Jahre versetzt haben? Weil diese Zeit jede Menge Spaß für das Bühnenstück versprach: von den verrückten Klamotten und Frisuren bis zur Musik. In diesem Jahr sollte es endlich mal wieder ein Stück sein, in dem die jungen Theaterspielenden völlig frei, lebendig und schrill sein dürfen. Wo alle eine Rolle spielen, in der sie sich frei entwickeln und auch einmal über die Strenge schlagen können, vor allem aber ganz aus sich herausgehen. Dafür bot die Komödie Goldonis den perfekten Rahmen – insbesondere wegen des gelungenen Coups, sie in den 80er Jahren spielen zu lassen.
Ohne die Mariage, das angesagte Kleid für den Sommer, geht nichts: Hannah Mattner, Anna Lena Drexl (v.l.). Foto: IW
Daran hatten die Zuschauer ebenso viel Spaß wie die Jugendlichen auf der Bühne: Die Kostüme waren schrill, Perücken und Maske ein Hingucker samt „Vokuhila“, Stirnband und Tütü. Das Bühnenbild und die Kulisse waren ein Feuerwerk aus grellbunten Farben und must-haves der Eighties. So manche Eltern fühlten sich in ihre Jugend zurückversetzt, in die Zeit von Madonnas „Like a Virgin“ und „Jump“ von Van Halen – Popsongs der 80er, die natürlich nicht fehlten und mit gekonnten Karaoke- und Gesangseinlagen für großen Beifall sorgten.
Mehr Schein als Sein
In Goldonis verrückter Komödie dreht sich alles um die Mode der Gesellschaft, die auf Sommerfrische an den Strand fährt. Ohne das angesagte Kleid, die „Mariage“, geht nichts. Dafür wird sich notfalls tief verschuldet. Hauptsache dabei sein in der noblen Gesellschaft, in der Schein mehr als Sein ist: „Will man etwas sein in der Welt, muss man mithalten.“ Und natürlich tobten sich die Jugendlichen nach Herzenslust aus.
Gute Fahrt in die Sommerfrische! Simon Pilmes, Anna Lena Draxl, Laura von Busse (v.l.). Foto: IW
Die beiden Hauptdarstellerinnen, Anna Lena Draxl in der Rolle der Ciacinta und Anna Neuhaus als Vittoria lieferten sich allerschönste Zickenkriege. Derweil wurden in der Männerwelt Ränke geschmiedet. Der schlaue Fulgenzio, gespielt von Gwendolin Liptay, erhoffte sich ein Vermögen, wenn er den Taugenichts Leonardo (Simon Pilmes) mit der Tochter des reichen Filippo (Laura von Busse) verheiratet. Natürlich verlief nicht alles glatt nach Plan und es gab genügend Verwirrungen und Irrungen und ein denkwürdiges Ende, das keineswegs happy, aber trotzdem sehr fröhlich war. Ränkespiele, Schulden, Angeberei auf der einen, Rumgezicke, Hysterie und Theater auf der anderen Seite setzten die jungen Schauspieler und Schauspielrinnen mit enormer Spielfreude in Szene. Dabei knallten sie sich ihre urkomisch-witzigen, selbstgeschriebenen Texte wie die Champagnerkorken um die Ohren.
Herausfordernde Rollen spielen
Es war großartig zu sehen, wie die jungen Theaterspielenden sich selbst spielten, und zwar so, wie sie es im Alltag, in der Schule oder zu Hause nicht sein können. Barbara Winkler hatte die Schüler dazu animiert, sich herausfordernde Rollen zu suchen, solche die ihnen normalerweise nicht entsprechen. So wurde der ruhige, besonnene Hendrik Schlosser beispielsweise zum angeberischen Macho und Womenizer Ferdinando, der es auf das Geld der reichen Witwe Gloria (Hannah Mattner) abgesehen hatte. Lisa Rohrmoser spielte das einfältige Dienstmädchen Cecco mit Bravour. Laura von Busse schlüpfte gekonnt in die Rolle des zweifelnden Herrn Filippo, während Vitus Rettermeier den sanft liebenden Ramazotti mimte und mit viel Witz als Strandverkäufer für Lacher sorgte.
Schülertheater Tegernsee – großer Dank an Barbara Winkler (3.v.r.). Foto: IW
Was so herrlich leicht, unbeschwert und witzig auf der Bühne daherkam, hat jede Menge Arbeit gemacht. Ein Jahr lang liefen die Vorbereitungen, die Gestaltung von Bühne, Kulisse und Kostümen, die Text- und Probenarbeit. Zuletzt probten die Jugendlichen eine intensive Woche lang auf der Bühne im Ludwig Thoma Saal in Tegernsee. Es hat sich gelohnt – das bewies der lang anhaltende Applaus. Und den können die Jugendlichen gut gebrauchen. „Jeder noch so kleine Bühnenapplaus ist mehr wert als eine Note“ ist die Meinung von Barbara Winkler, die mit großer Leidenschaft ihre Theatergruppe leitet und die Schülerinnen und Schüler zu Höchstleistungen anspornt.
In weiteren Rollen beim Schülertheater Tegernsee: Nina Scheurer, Laura Jung, Matthias Weber, Michael Alexis Eilers, Rafael Eckerl, Tim Drexl, Luisa Rauscher, Charlotte Esch.