Geliebt und verachtet: Hedwig Courths-Mahler
Zeitungsausschnitt mit Artikel über Hedwig Courths-Mahler von 1955. Foto: Karin Sommer
Vortrag in Tegernsee
Hedwig Courths-Mahler wurde verhöhnt und verspottet. Sie antwortete geistreich, humorvoll und war trotz allem die meistverkaufte deutsche Autorin des zwanzigsten Jahrhunderts. Germanist Gunnar Müller-Waldeck porträtierte die Schriftstellerin liebevoll im Westerhof-Café in Tegernsee.
Schon zum zweiten Mal war Professor Müller-Waldeck an den Tegernsee gereist, um interessierten Menschen das Leben und Wirken Hedwig Courths-Mahler näherzubringen. Der Schwerpunkt des Vortrags sollte diesmal auf dem historischen Roman „König Ludwig und sein Schützling“ liegen, in dem Courths-Mahler den mystischen Bayernkönig in eine ihrer märchenhaften Erzählungen einbaut.
Gunnar Müller-Waldeck liest aus dem Werk von Hedwig Courts-Mahler. Foto: Karin Sommer
Da jedoch einige der anwesenden Besucher noch nicht viel über die Autorin wussten, beschrieb Gunnar Müller-Waldeck noch einmal das Leben der außergewöhnlichen Autorin.
In ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen
Ihr Lebensbeginn war nicht vielversprechend. Unehelich, in ärmlichen Verhältnissen im kleinen deutschen Ort Nebra geboren, landete sie bald bei einer Pflegefamilie. Diese Schusterfamilie nahm sie jedoch liebevoll auf und legte somit den Grundstein für ein besseres Leben. Mit vierzehn Jahren holte sie ihre Mutter, die inzwischen in Leipzig wohnte, zu sich zurück. Damals fiel ihr „die Gartenlaube“ in die Hände, ein Familienmagazin, in das sie sich begeistert vertiefte.
Ein Romantiker erobert ihr Herz
Sie arbeitete als Gesellschafterin und in verschiedenen Geschäften, wo sie schließlich auch ihren zukünftigen Ehemann kennenlernte. Ein Dekorationsmaler, der ihr Herz eroberte, in dem er mit seinen Fingern ein solches in den Staub des Schaufensters malte. Nach der Heirat mit 21 Jahren bekam sie zwei Mädchen, besorgte ihrem Mann eine bessere Stelle und begann zu schreiben. Sie fand einen Verleger und schrieb bis zu 16 Bücher pro Jahr.
Romantisch, aber sehr geschäftstüchtig
Diese fanden reißenden Absatz, wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt und sind bis heute als regelmäßig erscheinende Heftromane erhältlich. Der Germanist Gunnar Müller-Waldeck vermittelt ein komplexes Bild der so einfach schreibenden Schriftstellerin. Sie fand, dass Literatur aufbauen und ermuntern solle. Selbst las sie alles, was sie in die Hände bekam. Goethe, Schiller, Thomas Mann. Doch in ihren eigenen Romanen gab es immer ein Happy End. Gunnar Müller-Waldeck streicht aber auch heraus, dass die Heldinnen in den Dreigroschenromanen immer selbständige Frauen sind, die ihr Leben in die Hand nehmen und häufig klüger sind als der Mann, den sie an Land ziehen.
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Obwohl die Schriftstellerin von Kritikern verrissen und verhöhnt wurde, pflegten namhafte Autoren wie Bertolt Brecht oder Curt Goetz in ihrem Haus in Berlin ein und auszugehen und schätzten ihre Beobachtungsgabe und ihr herzliches Wesen.
Mit Wortwitz den Gegner besiegen
Gunnar Müller-Waldeck liest aus einem offenen Brief Courths-Mahler an einen ihrer heftigsten Kritiker, der sie in einer Parodie als „Kotzmahler“ bezeichnet. Ihre Wortwahl ist geistreich, humorvoll, stilvoll und nimmt dem, der sie beschämen wollte, jeglichen Wind aus den Segeln.
Auch einen Gedichtband hat der Germanistikprofessor mitgebracht. „Interessant, weil die Gedichte oft ein bisschen daneben liegen, unfreiwillig komisch sind, aber insgesamt doch eine köstliche Lektüre darstellen.“ Auch der historischen Erzählung „König Ludwig und sein Schützling“ kann Gunnar Müller-Waldeck einiges abgewinnen. Hedwig Courts-Mahler war mit ihrer Liebe zur Romantik eine Seelenverwandte Ludwigs, dem zweiten, der wie sie dem Schönen zugewandt war.
Auszug aus dem Gedichtband: Da tönt im Herzen mir das Lied. Foto: Karin Sommer
Die Romanfabrik am Tegernsee
Ab 1933 wohnte die Autorin in einem herrschaftlichen Haus in Tegernsee und arbeitete hier mit ihren beiden ebenso schreibenden Töchtern in ihrer „Romanfabrik“, wie Gunnar Müller-Waldeck den schreibenden Familienbetrieb nennt.
Liebevolle Dekoration des Vortragssaales. Foto: Karin Sommer
Ein Courts-Mahler Museum am Tegernsee
In jeder Beschreibung des Werkes der geächteten und geliebten Liebesromanautorin schwingt bei Gunnar-Müller-Waldeck Respekt und auch ein bisschen Bewunderung mit. Auch in der Dekoration des Vortragsraumes spiegelt sich seine Zuneigung. Was er sich wirklich wünschen würde, wäre ein Schauraum oder besser noch, ein Museum über Courts-Mahler beziehungsweise für Trivialliteratur. Ein Museum, das perfekt nach Tegernsee passen würde. Denn genauso wie Bayern noch immer am Mythos Ludwig des zweiten verdiene, könnte Tegernsee auch an Hedwig Courts-Mahler verdienen. Der Professor würde dafür sehr gerne Werke aus seinem reichhaltigen Archiv zur Verfügung stellen. Den Ball hat jetzt der Bürgermeister.