„Das Leben ist keine Generalprobe“
Heini Staudinger erläutert sein Solarprojekt. Foto: Monika Ziegler
Filmstart in Österreich
Dieser beobachtet die Umsetzung einer Idee von einem besonderen Unternehmen, der „Waldviertler“-Schuhfabrik, in einer der prekärsten Regionen Österreichs, dem nördlichen Waldviertel. Wie lassen sich die Visionen einer gerechten Welt, die den Firmeninhaber Heini Staudinger antreiben, in den wirtschaftlichen Entwicklungen der Gegenwart verwirklichen?
„Mich interessiert das Kapital wenig und das Leben sehr“, sagt er. Auch in Miesbach betonte der Unternehmer: „Es gibt im Leben nichts Wichtigeres als das Leben.“ Mit diesem Grundsatz ist der Oberösterreicher aus dem Waldviertel zu einer der schillerndsten Unternehmer-Persönlichkeiten Österreichs geworden. In seinen GEA-Läden verkauft er hochwertige Möbel, Taschen und Textilien – und Schuhe der Marke „Waldviertler“, die er in einer großen Halle in Schrems mit 250 Mitarbeitern selbst erzeugt.
„Gern, wenn ich nicht im Hefn sitz“
Mit dieser Fabrik geriet er freilich in die Schlagzeilen. Wegen seiner Ansichten zum Thema Kapital. Weil ihm die Bank benötigte Kredite nicht gewähren wollte, sammelte er bei Kunden und Freunden drei Millionen Euro ein. Eine Art Crowdfunding also, das ihm jedoch eine Klage der Finanzmarktaufsicht (FMA) eintrug. Denn die FMA fand, diese Form der Finanzierung sei ein Bankgeschäft. Und dafür brauche Staudinger eine Konzession. Vor Gericht bekam die FMA Recht. Doch Staudinger weigerte sich, die verhängte Strafe zu zahlen: „Wir dulden die Bevormundung durch die FMA und die Republik nicht.“ Als wir ihn damals nach Miesbach einluden, sagte er: „Gern, wenn ich nicht im Hefn sitz.“ Er saß nicht ein, sondern eilte in letzter Minute, aus Berlin kommend, wo er den Nachhaltigkeitspreis der ZEIT erhalten hatte, in den Waitzinger Keller.
10 Regeln für aktiven Widerstand
Der Film von Nicole Scherg porträtiert den alternativen Schuhfabrikanten und seine Co-Geschäftsführerin Sylvia Kislinger. Aber auch das Waldviertler/GEA-Team sowie der Denker und Wortschmied Moreau, der als Chefredakteur des philosophischen Magazins „brennstoff“ das Unternehmensmodell mit vielen schillernden Zitaten kommentiert, kommen ausführlich ins Bild.
Kulturvision e.V. pflegt den Kontakt zu Heini Staudinger. Nicht nur, dass wir gern die langlebigen Produkte erwerben, wir vertrieben auch, als wir in unserer 21. Ausgabe der Zeitung „Kulturbegegnungen“ ein Interview mit Harald Welzer veröffentlichten, eine von Heini Staudinger produzierte Decke, auf der die 10 Regeln für aktiven Widerstand des Soziologen aufgedruckt waren.
Visionen einer gerechten Welt
Bei einem Besuch in den Waldviertler Schuhwerkstätten in Schrems, als er auf dem Dach der Firma sein Solarprojekt erläuterte, entstand das obige Foto. Die Idee ist spannend. Man kann sich an der Stromerzeugung durch eine Einlage beteiligen und erhält dafür reichlich Gutscheine für den Kauf in den GEA-Läden, die es auch in München gibt.
„Das Leben ist keine Generalprobe“ ist ein ruhiger und zugleich fesselnder Film, der das Bild einer kleinen Wirtschaftswelt jenseits des Mainstreams zeichnet, in der Aktienkurse und Profiterwartungen keine Bedeutung haben. Qualität sowie die Zufriedenheit von Mitarbeitern und Kunden sind hingegen ein hohes Gut. Die Regisseurin Nicole Scherg geht der Frage nach: Wie lassen sich die Visionen einer gerechten Welt, die den Firmeninhaber Heinrich Staudinger antreiben, in den wirtschaftlichen Entwicklungen der Gegenwart verwirklichen?