Poetry Slam

Worte wirbeln durch Zeit und Raum

Alex Burghard im Foolstheater. Foto: Jürgen Haury

Kabarett in Holzkirchen

Sie kennen Ottfried Fischer, Christian Springer oder Konstantin Wecker. Aber wie passt der junge amtierende Meister im Poetry Slam, Alex Burkhard, zu diesen arrivierten Künstlern? Nicht nur, dass er ebenso wortgewaltig und mit feiner Sprache wie sie zu agieren weiß, nein, seit fast einem Jahr ist auch er Mitglied der renommierten Münchner Turmschreiber.

Und das völlig zu Recht. „Man kennt das ja“ heißt das aktuelle Programm des 30-jährigen Wahlmünchners. Und da überzeugt er mit überaus geschliffenen Texten höchst amüsant und humorvoll. Ein Feuerwerk an Wortwitz, unkonventionellen Wortspielen und eigenwilligen Zusammenstellungen erleben entspannte Holzkirchner im vollbesetzten FoolsTheater.

Von Dating-Apps für Hunde über das Westallgäu bis Schwabing

So ein Hund aber auch. Der trifft sich doch heute Abend wirklich mit seiner Hundefreundin zum Spaziergang. Und das, nachdem er über die richtige Dating-App das Hundefräulein kennengelernt hat. Herrchen weilt indessen in Holzkirchen und gibt einiges aus seinem Leben preis. So etwa, dass er aus dem schönen Westallgäu stammt, in Scheidegg aufwuchs (geboren in Lindenberg), nach München zum Studieren kam (Skandinavistik, Germanistik) und dort hängenblieb.

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Alex Burghard stellt Fragen. Foto: Jürgen Haury

Unnachahmlich witzig trägt er seine „Heimatgedichte“ vor, die von Freundschaft und Veränderung erzählen. Gleichzeitig erklärt er, was es mit den Geisteswissenschaften auf sich hat. Daraus ist sogar ein Buch entstanden. „…Und was kann man später damit machen?“ Die Frage, die alle Geisteswissenschaftler sicher mehr als einmal gestellt bekommen. Bei Alex Burkhard ist diese Frage längst geklärt. Er hat sich als Moderator, Autor und Kabarettist einen Namen gemacht.

Sprache als Kunstwerk

Schwedisch ist eine besonders schöne Sprache. Sie eignet sich zum Philosophieren ebenso wie für Banalitäten. Dabei hören wir, dass man als Tourist überhaupt kein Schwedisch können muss, denn die Schweden (wie auch die übrigen Skandinavier) sprechen perfekt und ausdauernd englisch.

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Alex Burghard muss selber lachen. Foto: Jürgen Haury

Dass Sprache auch hässlich wirken kann, zeigt Burkhard am Beispiel des Dänischen. Was heißt CD auf isländisch? Einfach übersetzt: Strahlenteller. Anhand des Finnischen, das, wie auch das Publikum weiß, keine nordische Sprache ist, erklärt der Meister eine spezielle Längeneinheit, nämlich die Distanz, die ein Rentier braucht, bis es Pause macht.

„Das ist nicht mein Bier“, sagen die Deutschen, wenn sie meinen, dass eine Sache sie nichts angeht. Der Franzose erklärt sein Desinteresse mit der Zwiebel, der Engländer mit einem cup of tea und der Pole sagt: „…nicht mein Zirkus, nicht meine Affen“.

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Der Turmschreiber kniet vor seinem Publikum. Foto: Jürgen Haury

Sprache hilft in allen Lebenslagen. Sie wird gebraucht, um mit Freunden und Bekannten im Club über den Tod zu philosophieren oder beim Ausweichen im Interview nach einem Fußballspiel. Herrlich, wie Alex Burkhard den Dialog zwischen einem Reporter und Philipp Lahm darstellt.

Man kennt das ja

Mit Leidenschaft, großer Liebe zum Detail und Begeisterung für Wort und Grammatik, für Gedichte und Geschichten tummelt sich Burkhard auf seiner Spielwiese, der Sprache. Er schaut den Menschen auf den Mund und entlarvt sie in ihrer Beliebigkeit, wenn das „Man“ das „Ich“ verdrängt und dem Einzelnen auf diese Art und Weise die Verantwortung für sich abnimmt. Man müsste, man sollte, man kann es drehen und wenden, wie man will und dabei seine Haltung hinter der Verallgemeinerung verstecken.

Und so findet der junge Slampoet in jedem Thema, von der noch nicht abgehakten To-do- Liste genauso wie bei neuen Gedichten zu alten Geschichten wie „Max und Moritz“ oder der Gedankenwelt von König Ludwig II. seinen eigenen, ganz intimen und doch offenen Blick auf die Welt. „Haltung zu entwickeln, ist vielleicht das große Thema in meinem Leben“, lautet sein Fazit zum Schluss.

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Die Bücher des Slampoeten. Foto: Jürgen Haury

Etwas Eigenwerbung darf aber dennoch nicht fehlen. Sehr charmant weist er auf seine drei bereits erschienen Bücher hin, bevor er mit einer hinreißenden Zugabe über den „Ausguck-Alex“ den Abend beschließt und sein beschwingtes, heftig klatschendes Publikum entlässt.

Und die Münchner Turmschreiber? Sie haben alles richtig gemacht, indem sie den jungen, vielfach ausgezeichneten Sprachkünstler in ihre Reihen aufgenommen haben.

Lesetipps: „…und was kann man damit später mal machen?“ (Geschichten, 2013) „Die Zeit kriegen wir schon Rom“ (Reiseerzählung, 2015) „Benutz es! Von der Kunst, es unnötig kompliziert zu machen“ (Geschichten, 2017), alle im Satyr-Verlag, Berlin erschienen

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