Vom G3-Gipfel zur Schicksalssinfonie
Wolfgang Hierl, Tobias Öller, Erich Kogler.
Konzerte in Holzkirchen
Mit Tobias Öller, Erich Kogler und Wolfgang Hierl haben sich drei Profimusiker gefunden, die eine ausgezeichnete, mitreißende Musik machen, die irgendwo zwischen Rock und Lied, Jazz und Bairischem angesiedelt ist. Darüber hinaus aber lebt die Formation Ciao Weiß-Blau von den Texten. Tobias Öller, der für Komposition und Text zeichnet, ist bekannt für seine scharfe Sezierung der Gesellschaft. Und seine beiden Kompagnons setzen das, was er vorlegt, gekonnt durch ihre Arrangements in Szene.
Der Titel des Programms G3-Gipfel leitet sich natürlich von dem schon längst vergessenen G7-Gipfel im vergangenen Jahr ab, der wie Öller bekannt gab, 210 Millionen Euro gekostet haben soll. Für sieben Personen, ihr G3-Gipfel sei deutlich billiger. Noch billiger aber wollen es die Menschen, die bei H & M das einkaufen, das Frauen in Thailand für einen Hungerlohn produzieren. Der Song „Billiger“ geißelt das Konsumverhalten der Deutschen, das auch nicht vor der käuflichen Liebe halt macht.
Wo Freiheit grenzenlos ist
Auch diesen Song hat unsere schnelllebige Zeit schon überrollt, denn wo früher das Schwarzgeld nach Liechtenstein und in die Schweiz floss, ist es heute Panama, dennoch gab es eine Hommage an das gute alte „Rheingold“, in dem es heißt, dass das Kapital ein Recht auf Ruhestand in der Schweiz habe.
Eine Persiflage auf einschlägige bunte Heftchen, in denen es Rätsel und Enthüllungen über die Schönen und Reichen gibt, sowie auf den Hype um „Shades of Grey“ und eine Hymne auf den Blümchensex leiteten über zu orientalischen Klängen auf der Gitarre von Wolfgang Hierl. In diesem bösen Lied geht es um den Medizintourismus aus dem Nahen Osten, der die Konjunktur in Bayern ankurbeln möge und so heißt es: „Mutter Maria wir bitten dich erhöre uns“, dass der Scheich wiederkommen möge und mit ihm seine ganze Frauenschar, die zum Shoppen geht.
Apres Ski
Eingeleitet von einer idyllischen Stimmung der staden Zeit geht es dann an die Skipiste, „wo jeder Prolet am Lift“ steht und man anschließend Chirurgie und Reha der High Society genießen kann. Vor der Pause wird das Publikum in meditative Ruhe versenkt, es soll kosmische Harmonie und Dankbarkeit spüren und den Wunsch, den Musikern in der Pause ein Getränk zu spendieren.
Aber der Wunsch, den zweiten Teil des Frühjahrskonzertes der Holzkirchner Symphoniker im Festsaal zu hören, war stärker. Immerhin hatte Dirigent Andreas Ruppert dafür eines der populärsten Werke der klassischen Musik ausgewählt, die 5. oder Schicksalssinfonie von Ludwig van Beethoven. Vorher im ersten Teil gab es die Ouvertüre zu Mozarts „Cosi fan tutte“ und das Flötenkonzert von Carl Reinecke mit dem Solisten Marcos Fregnani-Martins von den Bamberger Sinfonikern.
Motorische Kraft
Das berühmte pochende Kernmotiv, das die Schicksalsinfonie einleitet, zog magisch auf die Empore. Dieses in c-moll gehaltene Motto wird zum Leitgedanken des ganzen Satzes, es wird zur motorischen Kraft, die sich gegen alle anderen Melodien immer wieder durchsetzt. Es greift bei jedem Versuch der Bläser ein und behält beharrlich hämmernd die Oberhand.
Im zweiten Satz klingt es nach Verheißung. Das von den Bläsern aufgebrachte Thema übernimmt das ganze Orchester in C-Dur und in einem sieghaften Marsch endet der Satz. Statt eines Scherzo hat Beethoven den 3. Satz als dämonischen, schleichenden, bedrohlichen Zwischenakt eingefügt, aus dem die wundersame Verwandlung ins Licht geschieht. Im triumphierenden Finalsatz ertönt der grandiose Siegesmarsch in immer neuen Figuren. MIt einem schwungvollen, nicht enden wollenden Elan wird das Hymnenmotiv gesteigert.
Herausforderung gemeistert
Andreas Ruppert gelang es, diese Kraft und Entwicklung vom Dunklen hin zum Hellen, mit seinen Musikerinnen und Musikern zu transportieren. Die Zuhörer waren sichtbar gefesselt und emotional mitgenommen auf der musikalischen Transformation von c-moll des Ausgeliefertseins hin zum C-Dur des Sieges über die dunklen Mächte. Bemerkenswert, wie das gesamte Orchester diese Herausforderung meisterte, wobei insbesondere die Bläser zu erwähnen sind, denen die gewichtigsten Aufgaben zufielen.
Als Zugabe hatte Andreas Ruppert einen Satz aus der „Kleinen Nachtmusik“ von Mozart ausgewählt, der zum Abschluss des aufwühlenden Konzertes Ruhe und Besinnung brachte.