Amadeus Wiesensee in Tegernsee

Scarlatti, Beethoven und Tschaikowsky

Amadeus Wiesensee gastierte wieder einmal im Tegernseer Barocksaal. Foto: Marcus Vitolo

Konzert in Tegernsee

Ein junger Pianist von vergeistigter, nachdenklicher Natur, eine Cellistin von intensivem, gesanglichen Ton und ein feinsinniger Geiger gestalteten einen denkwürdigen, wunderbaren Konzertabend im Tegernseer Barocksaal.

Amadeus Wiesensee, im Landkreis Miesbach aufgewachsen, ehemaliger Abiturient des Tegernseer Gymnasiums, genoss es sichtlich wieder einmal in „seinem“ geliebten Barocksaal aufzutreten. Mittlerweile in München ansässig – dort schloss er auch in einem Parallelstudium der Philosophie im Juli 2015 mit dem Bachelor of Arts und Bestnote ab – führt ihn sein Musikerleben aber mit Konzerten und Meisterkursen durch ganz Europa. Er kommt mit vielen großen Meistern des Klavierspiels zusammen, wie u.a. Alfred Brendel, Hélène Grimaud und Elisabeth Leonskaja.

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Simone Drescher setzt ihr Studium derzeit im Konzertexamen bei Prof. Troels Svane an der Hochschule für Musik Hanns Eisler in Berlin fort. Europaweit gibt sie als Cellistin Konzerte und Recitale. Moritz Ter-Nedden ist seit Dezember 2017 Konzertmeister im Folkwang Kammerorchester Essen. Er konzipiert Projekte zu neuen Konzertformaten, um an ungewöhnlichen Spielorten klassische Musik einem jungen Publikum zu präsentieren.

Amadeus Wiesensee Solo

Amadeus Wiesensee eröffnete das Konzert, dessen ersten Teil er bis zur Pause solistisch trug, um dann kammermusikalisch den zweiten mitzugestalten. Seine Freude auf ein Wiedersehen mit dem Barocksaal übertrug sich sogleich auf sein Spiel der vier ausgesuchten Sonaten von Domenico Scarlatti: zwei davon in B-Dur, K 544 und K 545, und zwei in d-moll, K 516 und K 517. Den paarweise angeordneten einsätzigen Werken entlockte er sensibel und leidenschaftlich zugleich ihren gegensätzlichen Ausdruck und ihre jeweilige Stimmung. Beeindruckend feurig spielte er die charakterlich einer Toccata ähnlichen Prestissimo K 545 und K 517.

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Genial zeigte er in Alban Bergs Klaviersonate op.1 die sich, aus der ständiger Variation ungewöhnlicher Tonabstände, entwickelnde reiche Melodik und Harmonik, in spürbarer Verbundenheit mit dem „suchenden“ Element dieser Musik.

Amadeus Wiesensee in Tegernsee
Simone Drescher, Moritz Ter-Nedden und Amadeus Wiesensee. Foto: Marcus Vitolo

Beethovens Sonate op. 110 könnte durchaus autobiographischen Charakters sein, da sie keine Widmung trägt und nach schwerer Krankheit des Komponisten entstand. Kompositorisch durchläuft sie Beethovens Entwicklung als Mensch und Musiker. Amadeus Wiesensee gestaltete das Klavierwerk als eine Synthese Beethovens pianistischen Schaffens. Der Zuhörer spürte sein Einfühlen in den rückblickenden Komponisten, der seine Musik als reich an Aufschwüngen und Gegensätzen leibhaftig sein lässt.

Im Trio vereint

Dem monumentalen Trio op. 50 in a-moll von Tschaikowsky widmeten sich nun Simone Drescher, Cello, Moritz Ter-Nedden, Violine, und Amadeus Wiesensee, Klavier. Als Requiem für seinen verstorbenen Freund Nikolaj Rubinstein 1882 entstanden, besteht das lange Werk aus 2 großen Teilen, die zusammen fast 50 Minuten umfassen. Die fesselnde Interpretation der drei Musiker ließ das Publikum die Zeit vergessen.

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Von der anfänglichen Cello Kantilene bis zum dramatischen trauernden Ausklang gestalteten Ter-Nedden, Drescher und Wiesensee ergreifend, ausdrucksvoll, gewaltig und feinsinnig. Den ersten Satz mit Klangfreude und Gesanglichkeit, die Vielfalt der zwölf Variationen mit abwechslungsreich spannenden Klangfarben.

Beeindruckend vielseitige Variationen

Besonders beeindruckend waren das ernste, choralartige Klaviersolo im Thema, die 1. Variation mit Beethoven-Anklängen gespielt, die 3. als drängender Cello Gesang. Ein Glöckchen-Ton des Klaviers erklang bezaubernd über liegenden Tönen der Streicher in Variation 5. Das Cello eröffnete elegant den Walzer der nächsten. Majestätisch nahm sich der Pianist der groß-griffigen Akkorde in Variation 7 an, während Violine und Cello rasche Einwürfe feurig aufblitzen ließen.
Ausdrucksstark gestalteten sie die ausgearbeitete Fugen-Variation, dann klanggewaltig das Finale. Sie transportierten seine vorwärtsstrebende Energie bis zum plötzlichen Lamento, dessen starke Wirkung das Publikum ehrfürchtig erstarren ließ. Der dann ausbrechende Applaus entlockte als Zugabe noch einen bewegten Satz aus Dvoraks „Dumky“-Trio.

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