Das freche Volkstheater
Die Sennerin Maria (Ulrike Dostal) bekommt Besuch auf der Alm (Stefan Bartl, Christine Sperber). Foto: Karin Sommer
Theater in Valley
Über den Sohn der bekannten Volksschauspielerin Amsi Kern – Andreas Kern, Leiter des Tegernseer Volkstheaters, haben wir wiederholt berichtet. Weniger bekannt bei uns sind ihre Söhne Ulrich und Florian, die mit ihrem frechen Volkstheater zu Gast im Valleyer Schlossbräu waren.
Die Familie Kern stammt ursprünglich aus München. Später zog die Familie ins Oberland, wo Andreas Kern in Tegernsee geboren wurde. Die mittleren Söhne Ulrich und Florian Kern leben heute wieder in München, dem Volkstheater sind sie genauso verbunden wie ihr jüngerer Bruder. Ihr Ziel ist es, „Menschen ins Theater zu locken, die eigentlich nie auf die Idee kommen würden, dort jemals einen Fuß hinzusetzen“. Erreichen möchten sie das mit zeitgemäßen, frechen Stücken, deren Besonderheit die „Bavaricals“ darstellen: Singspiele, die das Publikum mit einbeziehen samt Live-Musik während der Theateraufführung.
Vom Rausch auf der Alm
Mit ihrem Stück „Der Almen-Rausch“, geschrieben von Ulrich Kern, waren sie zu Gast im Sudhaus im Valleyer Schlossbräu. Leicht hatten sie es nicht, war der Termin doch vielerorts vollbesetzt mit Kulturveranstaltungen und Waldfesten. Dennoch fand sich ein Publikum für das freche Volkstheater und die Münchner Truppe legte sich ins Zeug.
Der Mittelpunkt des Geschehens auf der Bühne: Ulrike Dostal als Sennerin Maria. Foto: Karin Sommer
Vor einem unspektakulärem Bühnenbild entwickelt sich schnell die Geschichte. Ohne Umschweife führen die Darsteller das Publikum auf die Rumpel-Alm zur Sennerin Maria, energiegeladen und in Hochform dargestellt von Ulrike Dostal, die hofft, die Zeit auf der Alm als Prüfungsvorbereitung nutzen zu dürfen. Allerdings macht ihr der Besitzer ebendieser Almhütte, Kaspar Huber (Florian Kern), einen Strich durch die Rechnung, indem er Gäste auf den Berg holt. Mit der „Erlebniswelt Oberbayern“ versucht er, Geld mit Natur-hungrigen Städtern zu machen.
Illustre Almgäste beim frechen Volkstheater
In der ersten Woche sollten eine nach Sinn suchende junge Frau (Christine Sperber) und ihr Guru-Indianer (Stefan Bartl) zu Besuch kommen und in der Woche darauf der Möchte-gern-Extrembergsteiger August (Simon Gobmeier). Danach wäre die enge Kammer der Almwirtschaft bereit für Rondella Schiernding (wunderbar neurotisch Sylvia Haas) und ihre pubertierende Tochter Olivetta (überzeugend cool: Karin Müller).
„Cool“ und „krass“: überzeugend wortkarg: Karin Müller als „Olivetta“. Foto: Karin Sommer
Wie das Leben aber so spielt, kommen alle Gäste am selben Tag in die Obhut der Sennerin Maria. Alpenmaler Picasso (Christian Ammermüller) steht ihr zur Seite. Dennoch bleibt ihr kaum noch Zeit, sich wie jeden Tag im Bikini am Hüttendach zu räkeln, um dem „blauen Engel“ (Oli Roth), den attraktiven Gleitschirmflieger, mit ihrem Anblick zu verwöhnen.
Im Schnaps liegt die Wahrheit
Was bei so unterschiedlichen Menschen auf engem Raum zu einer Tragödie führen könnte, wird im frechen Volkstheater einfach aufgelöst. Die Almbesucher finden eine lang gehütete Flasche Schnaps, mit der sie sich am Lagerfeuer näherkommen. Die biedere Alleinerzieherin entspannt sich, die einsilbige Tochter legt ihre Coolness ab und alle Urlauber rücken ein Stück weit zusammen. Der Indianer entpuppt sich als verhinderter Maurer mit Rückenproblemen, seine esoterische Schülerin als Schuhverkäuferin, die mit dem Hüttenbesitzer eine neue Einkommensquelle erfindet.
„Das freche Volkstheater“ in Aktion. Foto: Karin Sommer
„Duftkurse“ wollen sie anbieten auf der Alm, „weil die Leut eh nix mehr riechen, wenn man sie nicht darauf hinweist.“ Denn, wie alle einstimmig in einem Lied singen, brauche man heute keine ganze Sau wie früher zu verkaufen. Es reichen eine Idee, kolossale Sprüche und der Glaube an sich selbst, um das große Geld zu machen.
Und so verabschieden sich die zufriedenen Almurlauber nach dem Katerfrühstück von der Sennerin und singen noch einmal, begleitet von der Live Band (Hans Pramberger, Gitarre, Hartmut Schieder, Keyboards, Oli Roth, Saxophon, Siegi Roth, Schlagzeug und Ulrich Kern, Bass) gemeinsam mit dem Publikum ein stimmiges Abschiedslied, bevor sie wieder absteigen ins Tal, ins normale Leben.