Milder Spott, wackelige Linie
Gustav Peichl alias IRONIMUS: „Die neue Periode“ (1957). Foto: OGM
Ausstellung in Tegernsee
Karikaturist IRONIMUS ist weder böse noch bissig – und trifft trotzdem punktgenau ins Schwarze. Die aktuelle Ausstellung im Olaf Gulbransson Museum widmet sich den Zeichnungen des Österreichers Gustav Peichl, zu dessen Vorbildern auch der norwegische Simplicissimus-Zeichner Olaf Gulbransson gehörte.
„Spott ist eine wesentlich schärfere Waffe als der Holzhammer“, meint Gustav Peichl alias IRONIMUS. Seit über 60 Jahren zeichnet der gebürtige Wiener „liebevolle Karikaturen“. Offiziell zur Ruhe gesetzt hat sich der 91-jährige Künstler Ende 2014 – aber aufgehört hat er deswegen noch lange nicht. Mehr als 12.000 Karikaturen, über 30 Bücher, mehr als 100 Ausstellungen und unzählige Preise, darunter das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland, zeugen von dem erfolgreichen Schaffen des unermüdlichen Zeichners, Autors und Architekten.
Olaf Gulbransson als Vorbild
Als humorvollen Herzensmensch beschreibt ihn darüber hinaus Sandra Spiegler, die Geschäftsführerin des Olaf Gulbransson Museums. Einer, der die Menschen behutsam karikiere, ihre Schwächen liebevoll auf die Schippe nähme. Seine Karikaturen sollen mit Inhalt und Ironie treffen, statt durch Aggressivität. Orientiert hat sich IRONIMUS dabei auch an seinem Vorbild am Tegernsee: „Bei Gulbransson im Simplicissimus, da war Poesie dabei.“ Das, was ein Karikaturist sagen will, müsse er in klaren Strichen tun. Wie zuvor der norwegische Karikaturist und Zeichner thematisiert IRONIMUS gern das Menschliche und Allzumenschliche – und zwar fast ausschließlich in feinen Linien.
Gustav Peichl: Skizze des Karikaturmuseums Krems. Foto: OGM
Eine der Charakteristiken seiner Linien ist das „leicht zittrige“, sie sind nie kerzengerader Strich, sondern lebhafte, feine Wellen. Dabei kommt er ganz ohne Farben aus – rein mit Tusche und Feder. Zu seinem 90. Geburtstag fand eine große Jubiläumsausstellung im Karikaturmuseum in Krems statt. Das Gebäude entstand auf seinem eigenen Reißbrett – Gustav Peichl schuf als Architekt ein Museumsgebäude, das selbst an eine Karikatur, an ein Strich-Manschgerl, erinnert.
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60 Jahre Karikaturen
Das Olaf Gulbransson Museum hat nun einen Teil der Kremser Jubiläums-Ausstellung als Fortführung nach Tegernsee geholt. Sie wurde von seinem Sohn, dem Galeristen Markus Peichl, sowie seiner Archivarin Eva Jussel neu kuratiert. Die über 80 Zeichnungen werden in der Nachbarschaft der Werke Gulbranssons in einer Mischung chronologischer und retrospektiver Werke gezeigt. Im Gegensatz zur Ausstellung in Krems wurde in Tegernsee auf die politischen Karikaturen verzichtet. Der zeitliche Bogen spannt sich aus den Anfängen von 1948 bis ins Jahr 2019.
Die Sinnfrage
Der erste Teil widmet sich dem Menschsein mit seinen Fehlern und Schwächen, vom „Blumenliebhaber“ bis hin zur Eitelkeit der Militaristen mit ihrem Ordenwahn. Gegenüber des umfangreichen Büchertisches gibt es einige Winter-Bilder zu sehen, in denen er die Skifahrer auf die Schippe nimmt. Mit feiner Ironie hält IRONIMUS dann Künstlern, Designern und Architekten den Spiegel vor. Die Sinnfrage lautet bei ihm „Design – oder Nicht-Design“. In der Reihe „Metarmorphosen“ wird es für IRONIMUS‘ Verhältnisse richtig bunt – hier sind minimalistische Collagen entstanden, die zum Schmunzeln verleiten.
IRONIMUS‘ Markenzeichen ist die wackelige Linie: „Klare Kante“ (2016). Foto: OGM
Auf die Frage, wie er seine verschiedenen Berufe und Begabungen auslebe, beschrieb sich der Zeichner gern so: „80 Prozent meiner Tätigkeit bin ich Architekt, zehn Prozent Zeichner, und zehn Prozent fröne ich dem Vergnügen und dem Nichtstun. Das tut mir gut.“ Das merkt man seinen Zeichnungen an. Ihre einfachen Linien und schlichten Striche erinnern an eine unbeschwerte, kindliche Naivität. Nicht einmal Schattierungen gibt es und gerade dadurch bewahren die feinsinnigen Karikaturen eine unvergleichliche Leichtigkeit.
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Sie führen den Betrachtern die Absurdität kleiner, alltäglicher Momente vor Augen. Witzige Situationen wechseln sich mit intelligenten Kurzgeschichten ab, unerwartete Perspektiven und Blickwinkel bringen die Betrachter zum Schmunzeln wie zum Nachdenken.
„Kennen Sie den?“
Wer den Karikaturisten und Cartoonisten hinter dem Pseudonym näher kennenlernen möchte, hat die Gelegenheit in diversen Führungen. An ausgewählten Feiertagen, verschiedenen Freitagen und Sonntagen führt Sonja Still die Interessierten durch die Ausstellung der innerhalb sechs Jahrzehnte entstandenen Karikaturen, die regelmäßig in renommierten Medien wie der „Süddeutschen“ und in Österreich bei „Der Presse“ sowie dem ORF erschienen.