Datenkompetenz Schüller

Warum der Hammer keine Datenkompetenz hat

Statistische Kenntnisse sind die Schlüsselkompetenz. Foto: Petra Kurbjuhn

Vortrag in Holzkirchen

Daten sind das Öl das 21. Jahrhunderts und deshalb ist die Kenntnis über Daten eine Schlüsselkompetenz. Welchen Wert können wir aus Daten gewinnen und wie schützen wir uns davor, Sklaven von Daten zu werden? All das vermittelte Katharina Schüller in einem brillanten Vortrag.

Im Rahmen des neuen Formats der Sonntagsmatinee von „Anders wachsen“ war die Gründerin von Stat-Up München in das Foolstheater vom KULTUR im Oberbräu Holzkirchen gekommen. Sie ist eine der Autoren der Webseite „Unstatistik“, auf der Aussagen von Studien kritisch hinterfragt werden.

Katharina Schüller
Gründerin von Stat-Up Katharina Schüller. Foto: Petra Kurbjuhn

Und genau darum geht es der Statistikerin und Psychologin. Immer wieder würden Studien dazu benutzt, um die großen Gefühle der Menschen wie Gier und Angst zu bedienen. Sie forderte daher einen intelligenten Umgang mit Daten, heißt, sich genau informieren, welche Daten in eine Studie einfließen und welches Handwerkszeug zur Verarbeitung benutzt wurde.

Für den Hammer besteht die Welt aus Nägeln

Zudem könne die Interpretation von Daten fragwürdig sein, wenn man bestimmte Ziele verfolge. „Für den Hammer besteht die Welt aus Nägeln“, brachte Katharina Schüller die psychologische Seite auf den Punkt. Wir neigen dazu, den Studien zu vertrauen, die unser Weltbild bestätigen und andere lieber zu negieren. Auch das Problem der sich selbst erfüllenden Prophezeiung erläuterte sie am Beispiel einer vorhergesagten Grippeepidemie.

Grippeepidemie
Google sagte fälschlich eine Grippeepedemie voraus. Foto: Petra Kurbjuhn

Korrelationen können in die Irre führen, wie sie am Beispiel der Zahl der geborenen Babys und der Storchpopulation darstellte. Auch die Aussage, dass Babys bevorzugt bei Vollmond geboren würden, konnte sie entlarven.

Irrwitzige Zusammenhänge

Laut Statistik sind im Sternzeichen vom Schützen geborene Babys schwerer als alle anderen, Krebsbabys sind hingegen die leichtesten. Auf diese Weise kann man mit der Verarbeitung von riesigen Datenmengen irrwitzige Zusammenhänge herstellen.

Schwere Schützen
Schwere Schützenbabys. Foto: Petra Kurbjuhn

Lesetipp: Statistik und Intuition in der 32. Ausgabe der KulturBegegnungen, Seite 22

In diesem Artikel wird ein Kriminalfall beschrieben, bei dem die Statistikerin einen Freispruch erzielte, obwohl ihr nicht ganz wohl bei der Sache war. Sie konnte nämlich anhand der DNA-Analyse nachweisen, dass der Verdächtigte zwar am Tatort war, aber auch schon mehrfach in der Vergangenheit.

Wenn Studien nicht alle Faktoren berücksichtigen

Ein anderes Beispiel betrifft eine Studie, nach der Frauen nur wenige Jahre in Dax-Vorständen verweilen. Fazit: Frauen sind ungeeignet. Aber die Studie berücksichtigte nicht, dass Frauen generell erst seit wenigen Jahren in Dax-Vorstände berufen werden, der Vergleich also mit Männern ist nicht zulässig.

Statistik und Lügen
Unzureichende Datensätze führen zu Falschaussagen. Foto: Petra Kurbjuhn

Was ist die Folge, wenn Studien nicht alle Einflussfaktoren berücksichtigen? Diskriminierung. Katharina Schüller plädierte vehement für Datenkompetenz, die zum einen das Wissen über verwendete Daten und die angewandten Methoden zur Berechnung beinhaltet, andererseits aber auch die ethische Dimension bei der Interpretation beinhalten muss.

Daten wertschöpfend nutzen

Der Markt der Meinungsmacher, so die Statistikerin, betreffe neben den großen Datensammlern wie Google, Apple, Amazon und Ali Baba auch Marktforschung, Medikamentenzulassung oder Prozesskontrolle. Die Frage sei, wem gehören die Daten und wie könne man Daten wertschöpfend nutzen.

Ein weiterer wesentlicher Punkt sei die Frage, welche Interessen hinter Studien stecken, wer also wodurch Manipulation betreibe. Sie forderte dringend dazu auf, versteckte oder auch offene Botschaften hinter Zahlen zu erkennen. Das erläuterte sie am Beispiel der sogenannten Prozentpunkte, die nicht zu verwechseln sind mit echten Prozentangaben, aber beim Bürger zu Fehlinformationen führen können.

Datenkompetenz
Schon vor 100 Jahren forderte H.G. Wells Datenkompetenz. Foto: Petra Kurbjuhn

Datenkompetenz nicht nur in Mathematik vermitteln

Ein weiteres Problem, so Katharina Schüller, seien unseriöse Webseiten, die Botschaften vermitteln ohne dass der Nutzer die Hintergründe nachvollziehen kann. Sie rief dazu auf, Datenkompetenz noch stärker in den Schulen zu vermitteln, und zwar nicht nur in Mathematik, sondern auch in Deutsch, Kunst oder Ethik.

Zum Schluss zitierte sie H.G. Wells, der bereits vor über 100 Jahren den vernünftigen Umgang mit Risiken und Unsicherheiten forderte.

Katharina Schüller: „Statistik und Intuition“, Springer Spektrum, 2015

Gefällt Ihnen dieser Beitrag? Bitte besuchen Sie uns auf