Georg Brinkies

Georg Brinkies: Orte sind schaumgeborene Wesen

Georg Brinkies im Dialog mit Nele von Mengershausen. Foto: Petra Kurbjuhn

Mit seiner Ausstellung „Orte“ in der „Galerie im Treppenhaus 1967“ am Tannerhof fasziniert der Neuhauser Künstler Georg Brinkies wieder einmal mit philosophischem Gehalt seiner Werke. Der Dialog des Künstlers mit Nele von Mengershausen zur Vernissage inspirierte den Betrachter zu Nachdenklichkeit.

Kuratorin Micol Krause brachte es in ihrer Begrüßung auf den Punkt: „Tiefsinnige, wunderbare Werke.“ Und die Worte von Georg Brinkies, die Künstlerin Nele von Mengershausen eingangs zitierte, wiesen den Weg: „Orte sind schaumgeborene Wesen.“

Ort als Empfänglichkeit

Was das bedeutet, erklärt der Künstler so: Es gehe um das Hören und Zuhören, es gehe um die Empfänglichkeit, um das Reich der Fantasie. Jeder Ort könne ein Platz der Beziehung sein, wenn man sich der Faszination des Eros hingebe, sich einlasse, versuche zu begreifen. Dann steige schaumgeboren wie die Venus etwas empor. „Ist der Ort nicht die Empfänglichkeit?“ fragt der Künstler.

Georg Brinkies
Aus der Serie „Orte“: Dazwischen. Foto: Petra Kurbjuhn

Der Besucher in der Galerie am Tannerhof wird von einer Skulptur empfangen. „Zwei Sägezahndrachen im Honeymoon“ nennt Georg Brinkies die aus Holz gefertigte Arbeit zweier Zickzackfiguren, die sich am Kopf vereinigen. Auch im ersten Stock hat er am Fenster zwei Holzskulpturen aufgestellt. Die weiche, wellige nennt er „Artistin auf dem Hocker“, die kantige „Artist auf dem Hocker.“

Georg Brinkies
„Sam im Wind“. Foto: Petra Kurbjuhn

Hier wird ein subtiler Humor des Künstlers deutlich. Die mehrere Meter hohe Skulptur „Sam im Wind“ indes hat einen philosophischen Bezug. Sie besteht aus gedrehten knöchernen Einzelteilen, die einen Hohlraum umschlingen. Es sei, sagt Georg Brinkies, eine Hommage an Samuel Beckett, der seinen Werken die Leere, die Sinnlosigkeit der Welt in eine archaische Sprache übertragen habe.

Georg Brinkies Myzel

Den Skulpturen des Künstlers stehen Zeichnungen und Grafiken gegenüber. Ob sie die Vorbereitung auf die dreidimensionalen Arbeiten seien oder eigenständige Werke, fragte Nele von Mengershausen den Künstler.
Es hänge alles zusammen, „aber eigentlich ist es ein Myzel“, sagte Georg Brinkies, aus diesem wachse eine Kletterpflanze und wenn alles passe und sie einen geeigneten Ort finde, ranke sie sich empor.

Leon Georg Brinkies
Aus der Serie „Namen“: Leon. Foto: Petra Kurbjuhn

Einer dieser Orte ist der Begriff des Namens. Von Afra bis Thomas widmet der Künstler zwanzig Namen seine Tuschezeichnungen. Sie alle sind geprägt von einem spezifischen Rhythmus und charakterisiert durch den Reiz der Wiederholung kleinster unterschiedlicher Strukturen.

Das Austauschbare

Der Künstler erklärt seine Intention mit der Genesis. Als Adam bei seinem Namen gerufen wurde, habe die Katastrophe begonnen und der Fluch sei erst in der Apokalypse aufgehoben worden. Der Name symbolisiert letztlich die Spannung zwischen dem, was der Mensch ist und was er nicht ist, das Austauschbare.

Georg Brinkies
Georg Brinkies bei der Vernissage. Foto: Petra Kurbjuhn
So wird der Betrachter inspiriert, wieder einmal bei Ernst Bloch und dem „Prinzip Hoffnung“ nachzulesen, bei dem „Noch-Nicht-Sein“ des Menschen, des Mangels. Gleichzeitig aber geht der Aufruf dahin, der zu werden, der man ist, sich auf den Weg zu machen, bewusst zu werden.

Wertigkeit der Welt

Georg Brinkies drückt das sehr konkret aus: „Die Wertigkeit der Welt ist in Frage gestellt.“ Die Ausrichtung auf Erfolg oder Wachstum könnte sich als Irrtum erweisen. Viel mehr möge man sich dem darauf einlassen, dem Wind zu folgen, empfänglich zu werden.

Markus Statzberg
Der Gitarrist Markus Statzberg. Foto: Petra Kurbjuhn

Und dann können schon einmal Türme tanzen, wie in den Grafiken im Obergeschoss. Zum Tanzen lud Markus Statzberg mit seiner Musik nicht ein, aber zu Empfänglichkeit. So mancher Besucher schloss die Augen bei den Gitarrenklängen und gab sich dem Ort und dem Klang hin.

Zum Weiterlesen: Habt Vertrauen, dann bleibt der Lohn nicht aus

Die Ausstellung von Georg Brinkies „Orte“ in der „Galerie im Treppenhaus 1967“ im Tannerhof in Bayrischzell ist noch bis zum 21. Juni 2020 täglich von 10 bis 18 Uhr zu sehen.

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