Martin Kirmayr und Leo Purmann: Mit Stift, Nadel und spitzer Feder
Leo Purmann mit seiner Karikatur „Prost“ – wie gemacht für die Eröffnung der Ausstellung. Foto: Hannah Miska
Ausstellung in Hausham
Endlich: Nach dreimonatiger Pandemiepause öffnet das Haushamer Kunst- und Kulturhaus wieder seine Pforten. Den Auftakt bildet eine hochkarätige Ausstellung von Martin Kirmayr und Leo Purmann.
Martin Kirmayr und Leo Purmann – künstlerische Schwergewichte
Ohne Zweifel: Leo Purmann, Gründungsmitglied des Haushamer Kunstkreises, und Martin Kirmayr, Sprecher des Kreises, gehören mit ihrem Können und ihrer Vielseitigkeit zu den künstlerischen Schwergewichten der Haushamer Künstlergruppe. Wer sind die beiden?
Leo Purmann – Allrounder und Weltenbummler
Purmann, 1948 als achtjähriger Bub mit seinen Großeltern und seiner Mutter aus Ostböhmen nach Deutschland geflüchtet, begann schon als Kind zu zeichnen. Gefördert von seinem Werklehrer, nahm er im Alter von 12 Jahren an einem bundesweiten Wettbewerb teil, und holte sich – im Wettstreit mit Jugendlichen bis zu 25 Jahren – den ersten Preis im Fach „Holzarbeiten“. Noch heute erinnert er sich daran, dass er damals vom Stuttgarter Oberbürgermeister Klett eine goldene Uhr überreicht bekam. Den Werkzeugschrank, den er von der Stadt Bopfingen, wo er zur Schule ging, geschenkt bekam, besitzt er noch heute.
Purmann begann seine ersten Malversuche mit Wasserfarben, mit 15 malte er seine Mutter in Öl. Nach einer Ausbildung zum grafischen Zeichner arbeitete er in einem grafischen Büro in Heidenheim, bevor er sich 1970 bei Dorland, einer renommierten Werbeagentur, bewarb und prompt als Artdirektor für deren Grafikabteilung eingestellt wurde. Einige Jahre später heuerte er beim ADAC an und gestaltete als dessen Grafiker Reisekataloge und Schutzbriefe – eine Zeit, die Purmann viel künstlerische Freiheit gab, und in der er Preise für Titelseiten einheimste.
„Alles, was ich heute auf dem Gebiet der Grafik und Kunst kann“, erzählt Purmann, „habe ich mir selbst beigebracht. Wenn ich mal einen Kurs belegen wollte, hieß es immer: ‚Das kannst du doch schon‘ “. Das Ergebnis dieses Selbststudiums ist erstaunlich: In seiner Zeit in Heidenheim hat Purmann für das dortige Freilicht-Naturtheater komplexe Bühnenbilder sowie Plakate gestaltet, er fertigt Skulpturen aus Holz, arbeitet mit Knete, malt mit Stift, Aquarell und Öl und experimentiert neuerdings mit digitaler Fototechnik. Seit Jahren dokumentiert er seine abenteuerlichen Weltreisen abseits der Touristenströme, die er mit seiner Frau Hermine unternimmt, sowohl mit der Kamera als auch mit dem Zeichenstift. Er hält Stimmungen, Menschen und Momente fest, die, so sagt er, sonst für immer verloren wären.
Leo Purmann: Mongolei – Zu Gast bei Nomaden. Farbstiftzeichnung. Foto: Hannah Miska
In der Ausstellung sind nun auch Karikaturen von ihm zu sehen, mit denen er seit Jahren das berufliche und private Zeitgeschehen mit spitzer Feder begleitet.
Martin Kirmayr – Surrealist mit Liebe zum Detail
Martin Kirmayr, 1943 in Hausham geboren und aufgewachsen, verdankt seinem Gymnasiallehrer die Liebe zur Kunst. Aufgegangen sei die Saat jedoch erst, als er selbst bereits Volksschullehrer war. „Es fehlte immer an gutem Anschauungsmaterial für die Kunsterziehung“, berichtet er, „da habe ich eben selbst angefangen, Unterlagen anzufertigen.“ Kirmayr begann zu zeichnen, zu malen – erst mit Wasserfarben, dann mit Aquarell, da macht er einen Unterschied. Er machte Lehrerfortbildungen und lernte, wie man Holz- und Linolschnitte und Radierungen anfertigt. Bald schon war er Zweitprüfer für das Fach Kunsterziehung/Lehramt an der Uni München und übte diese Funktion über 20 Jahre lang aus.
Lesetipp: Bunt und vielfältig in Aquarell
Mit seinen Zeichnungen, Radierungen und Linolschnitten ist Kirmayr Solist im Kunstkreis. 2015 wurde er mit drei seiner Zeichnungen für den begehrten Kitz Award nominiert. Die Zeichnungen sind von allerfeinster Schraffur, da ist nichts gewischt, man staunt, wie ein Mensch das mit bloßem Auge hinbekommt. Die Themen sind oft surrealistisch, Kirmayr setzt Zeichnungen von Tieren, Pflanzen, Fabelwesen als Collage zusammen. Als sein Enkel Simon dieses Jahr die äußerst schwierige sechsstrophige Ballade „Der Knabe im Moor“ von Annette von Droste-Hülshoff auswendig lernen musste, erklärte sich der Großvater solidarisch. Er lernte zwar nicht das Gedicht, aber er malte eine passende Zeichnung dazu. Titel: „Moorgestalten“.
Martin Kirmayr mit der Bleistiftzeichnung „Moorgestalten“. Foto: Hannah Miska
Kürzlich, als der pensionierte Schulrektor den Schiefergrubenwanderweg an der Mosel entlang wanderte, kam ihm die Idee mit dem Schiefer. Er fuhr nach Thüringen – eine Gegend, in der es noch heute Schiefer gibt – kam mit Schieferplatten zurück und begann, die Platten mit Grabstichel und Feinbohrschleifer zu bearbeiten und anschließend mit Blattgold und –silber zu veredeln oder auch mit Acryl zu bemalen.
Martin Kirmayr: Schiefergravuren „Sahara“ (l.), „Bunte Welt“ (M.) und „Kinder der Welt“. Foto: Hannah Miska
Marin Kirmayr und Leo Purmann: Freude am kreativen Gestalten
Beiden Künstlern merkt man die begeisterte Freude am kreativen Gestalten an. Und beide Künstler sind aufgeschlossen und kommunikativ – die Besucher werden also nicht nur mit einer fabelhaften Ausstellung, sondern – wenn sie es wollen – auch mit einem interessanten und äußerst charmanten Gespräch belohnt.