Evelin Hermenau: Bewusstsein für Form
Evelin Hermenau vor Rab 2. Foto: Petra Kurbjuhn
Ausstellung in Holzkirchen
„Mein Atlas“ nennt Evelin Hermenau ihre beeindruckende Schau in der Galerie im Autopavillon Steingraber. Mit ihren neuen dreidimensionalen Objekten hat sie etwas ganz Eigenes geschaffen, basierend auf jahrzehntelangem Zeichnen in der Natur.
Sie fallen sofort auf: die farbigen Arbeiten auf der gegenüberliegenden Wand der Galerie. Von Evelin Hermenau kennt man ihre zunächst nur in schwarz-weiß gehaltenen Zeichnungen von Steinen und Wasser. Später wurden sie zunehmend farbig, aus den Bleistift- oder Kohlezeichnungen entwickelten sich Aquarelle.
Aquarell auf Büttenpapier. Foto: Petra Kurbjuhn
Diese Arbeiten sind auf der linken und rechten Seite des Raumes in Serien angeordnet zu sehen. Es sind Studien, die die Künstlerin immer in der Natur an speziellen Orten gefertigt hat. Notfalls, so erzählt ihr Mann Horst Hermenau, auch bei minus 10 Grad, mit dem Malwasser in der Thermoskanne und drei Anoraks übereinander.
Lesetipp: Farbe – Form – Struktur
Diesen Zeichnungen, so führte Horst Hermenau aus, sei das Bewusstsein für Form inne, das ihnen ihr Lehrer Heinz Butz an der Münchner Akademie vermittelt habe. Bei ihm hätten sie beide vor nunmehr schon 50 Jahren objektives Schauen gelernt.
Horst und Evelin Hermenau. Foto: Petra Kurbjuhn
„Normalerweise ist Kunst mit Emotionen verbunden“, sagte der Kurator und Organisator der Ausstellungen, aber Heinz Butz habe das Emotionale zugunsten der reinen Formensicht zurückgestellt. Bei Evelin sei dieser Formbegriff vorhanden, in ihren Zeichnungen könne man sehen, wie sie die Form in einen Raumzusammenhang gestellt habe.
„Mein Atlas“
Das Bewusstsein für Form gehe bei ihr einher mit dem Topos und deshalb man für die Ausstellung auch den von Gerhard Richter entlehnten Titel „Mein Atlas“ gewählt. Ihre Arbeiten seien eine Sammlung von Werken, aber im Unterschied zu Richter immer verbunden mit einem Topos, also mit einem wirklichen Platz in der Natur.
Zeichnungen mit Stift auf Papier und Aquarell. Foto: Petra Kurbjuhn
Ob das der Spiesbach in Schliersee oder am Weg von Ostin zur Neureuth, ob das Kärnten ist, Evelin Hermenau sucht sich Stellen in der Natur, wo sich etwas rührt. Ihre Zeichnungen haben einen exakten Bezug zu einer Stelle, die es wirklich gibt, aber sie sind keine Abbilder.
Kämpfen um Formen
Sie sind Darstellungen von Formen, die Evelin Hermenau künstlerisch umsetzt. Dieses Kämpfen um die Formen, so erklärte die Künstlerin, gehe mit Steinen recht gut, denn weder liefen sie weg noch seien sie beleidigt, wenn das Bild nicht gelinge.
Eisschmelze. Foto: Petra Kurbjuhn
Die vielen Zeichnungen, die im Laufe der Jahrzehnte von Wasser, Steinen, Eis entstanden sind, sind die Grundlage ihrer neuen dreidimensionalen Arbeiten, die sie im vergangenen Jahr fertigte. Sie habe sich im Atelier erinnert, was sie draußen in der Natur gesehen habe, erzählt sie. Die vorher gefertigten Aquarelle seien die Inspiration für die neue Art der Darstellung.
Bewusstsein für Form im Dreidimensionalen
Hier kann sich ihr Bewusstsein für Form noch freier entfalten als im Zweidimensionalen. Evelin Hermenau arbeitet die Form aus dem Bild heraus, gibt ihr auch Farbe und erzeugt damit etwas, was man so noch nicht gesehen hat. Wasserfälle aus Papierfäden, Eisplatten, Schnee, Wasser und Steine. Und jede Form steht in Bezug zur anderen.
Rab 1. Foto: Petra Kurbjuhn
Es gibt Steine unter einer Eisplatte und es gibt die Eisschmelze, es gibt den Wasserfall, den späten Winter und den Frühling. Sehr empfindsam hat Evelin Hermenau den Fluss in der Natur beobachtet und ihm mit ihrer Kunst Gestalt gegeben.