„Der Mensch im Mittelpunkt“ beim Kunstverein Ottobrunn
„Der Mensch im Mittelpunkt“: links Rainer Vollath: „Drowning Refugees“, rechts Susanne Grohs-von Reichenbach: „Zuversicht 1“. Foto: Kunstverein Ottobrunn
Ausstellung beim Kunstverein Ottobrunn
Wie sich Kunst, Literatur und Zeitgeschehen miteinander verflechten, beweist eine Ausstellung des Kunstvereins Ottobrunn. Susanne Grohs-von Reichenbach und Rainer Vollath zeigen Malerei mit dem Titel „Der Mensch im Mittelpunkt“ und lesen Texte, in denen die Digitalisierung und soziale Themen behandelt werden.
Als Susanne Grohs-von Reichenbach für ihren neuen Roman recherchierte, kam ihr ein Funken der Erkenntnis, wie sie sagt. „Keiner sieht, was die Digitalisierung an Energie verbraucht.“ Die Technologie sei uns quasi übergestülpt worden, ohne zu bedenken, welche Folgen die Maßlosigkeit in diesem Bereich habe. Mit einem gefühl der Ohnmacht widmete sie sich der Malerei und fand dabei zur Schlüsselfrage, wie sie ihren Wunsch etwas beizutragen umsetzen kann. Zusätzlich war ihr der Satz eines Bundestagsabgeordneten im Ohr: „Der wichtigste Aspekt ist die Zerstörung der Umwelt durch die Digitalisierung.“
Die Autorin und Malerin begann jetzt mit ihrer Recherchearbeit und benutzte auch immer wieder die Kunst, um Sinnbilder für ihr Thema und eine Fokussierung für ihre eigene Initiative zu finden. Vor einem Jahr war es soweit. Mit „Think Digital Green®“ schuf sie ihre Marke. „Stell es dir vor und denk darüber nach, wie Digitalisierung grün sein kann“, erklärt sie ihre Initiative. Mit ihrem Kunstlehrer Xaver Nassermann gemeinsam schuf sie das Logo, das auf ihrem T-Shirt zur Klimademo 2019 prangte.
Susanne Grohs-von Reichenbach beim Kulturstammtisch Valley. Foto: MZ
Lesetipp: Think digital green
Susanne Grohs-von Reichenbachs Anliegen ist es, durch die Zusammenführung von Wissen über den CO2-Verbrauch der Digitalisierung insbesondere an die Haltung des Users zu appellieren. Ihr neuer Roman „Sprich mit mir“, der Ausgangspunkt für ihre gesellschaftliche Initiative, wird im Dezember erscheinen. „Er nimmt die Digitalisierung auseinander“, verspricht die Autorin.
Susanne Grohs-von Reichenbach „Goldenes Zeitalter“. Foto: SGvR
Ihre Malerei ist jetzt unter dem Titel „Der Mensch im Mittelpunkt“ beim Kunstverein Ottobrunn zu sehen. Bei der Vernissage sagte Kuratorin Christine Renner, dass die beiden Künstler den Menschen in seiner Begeisterung für Veränderungen, Scheitern inbegriffen, darstellen, den bedrohten, sich befreienden und emanzipierten Menschen. Bei Susanne Grohs-von Reichenbach spricht die Zuversicht aus einem Bild, mit Kraft und Weisheit stellt die Künstlerin hier die Hoffnung dar. In ihrem Triptychon „Fußabdruck“ kommt das Thema „Nachhaltigkeit“ zum Tragen. Den ökologischen Fußabdruck, so sagt sie, können wir nicht spüren, aber wir können ihn gestalten und jeder sei aufgefordert, sich zu fragen, schöpferisch zu sein.
Susanne Grohs-von Reichenbach „Fear of missing out“. Foto: SGvR
Der Maler, Autor, Journalist und Lehrer Rainer Vollath widmet sich anderen Themen des Zeitgeschehens in seinem malerischen Werk. In Ottobrunn zeigt er drei Werke mit einem Motiv, das das Flüchtlingsthema zum Inhalt hat: „Drowning Refugees“. Er erklärt, dass er ein Bild in den Medien entdeckte und dies als Collage bearbeitete. Dabei entstand über dem Boot das Kreuz, das Symbol des Christentums in der Farbe Rot, als Symbol des Blutes. „Wir schaffen es nicht oder wir wollen es nicht zu helfen“, sagte der Künstler bei der Vernissage. Diese Bilder zeigen die Hilflosigkeit ebenso wie das Wegschauen.
Rainer Vollath: Triptychon „Pink Triangle – Act Up – Rainbow“. Foto: MZ
Auch er zeigt ein Triptychon „Rosa Winkel“, hier ist das Leitmotiv der Regenbogen als Symbol für Frieden, Toleranz und Stolz. Dazu hat er als Collage einen rosa Winkel komponiert. „Das war das Zeichen, das Homosexuelle im KZ tragen mussten“, erläutert er. Im zweiten Bild steht der Winkel auf dem Kopf und ist das Symbol von „Act Up“, einer Bewegung in den 80er Jahren in den USA gegen die Diskriminierung von AIDS. Im dritten Bild letztlich sind beide Winkel vereint als Zeichen der Hoffnung.
Rainer Vollath bei der Online-Lesung. Foto: MZ
Ergänzend zur Ausstellung haben beide Künstler eine Lesung veranstaltet. Rainer Vollath las zwei Kurzgeschichten aus der Anthologie „In der Fremde zu Hause“: In der ersten schildert er das unermessliche Grauen einer Reise von der dritten in die erste Welt und in der zweiten humorvoll die Abschiebung der dementen Oma nach Thailand, also eine Reise von der ersten in die dritte Welt. Mit überraschendem Ausgang.
Aus dem Reich der Digitalisierung stammt die Kurzgeschichte von Susanne Grohs-von Reichenbach, die in dem Band „So viel ist sicher“ erschien. Ein Familienvater lernt über das Internet jemanden kennen, er zieht sich immer mehr zurück, glaubt es sei ein Avatar und lebt jetzt in einer Parallelwelt. Die Geschichte geht zwar gut aus, aber es hätte auch anders weitergehen können.
Im Künstlergespräch Susanne Grohs-von Reichenbach und Rainer Vollath. Foto: MZ
In einem Künstlergespräch tauschen sich Susanne Grohs-von Reichenbach und Rainer Vollath über ihre Anliegen aus.
Die Ausstellung im Kunstverein Ottobrunn ist noch bis zum 31. Oktober donnerstags und freitags von 15 bis 18 Uhr und samstags von 10 bis 13 Uhr zu sehen.