Hans Küng

Zum Tode von Hans Küng

Hans Küng mit dem brasilanischen Mitarbeiter Carlos Paz der Stiftung Weltethos 2013. Foto: MZ

Nachruf für Hans Küng

„Mit großem Bedauern müssen wir Ihnen/Euch die traurige Mitteilung machen, dass am heutigen Dienstag unser Ehrenpräsident Professor Dr. Hans Küng friedlich in seinem Haus in Tübingen eingeschlafen ist.“

Diese Mail erreichte mich vorgestern von der Stiftung Weltethos und in allen Nachrichtenkanälen wurde am Abend des großen katholischen Theologen gedacht, der 93jährig verstorben war. Überall wurde sein Wirken gewürdigt, sein geradliniger Kampf für eine reformierte Kirche. Sein Leben und Werk kann nachgelesen werden, ich möchte ein paar persönliche Erfahrungen hinzufügen.

Brief von Papst Franziskus

32jährig wurde der gebürtige Schweizer als Professor nach Tübingen berufen, aber 1979 wurde ihm die kirchliche Lehrbefugnis durch die Deutsche Bischofskonferenz entzogen. Seine Kritik an den Dogmen der katholischen Kirche, insbesondere sein Infragestellen der Unfehlbarkeit des Papstes, hatte zu diesem Schritt geführt. Auch sein späterer Besuch bei Papst Benedikt, seinem Studienkollegen, hob diesen Bann nicht auf. Allerdings schrieb ihm vor wenigen Jahren Papst Franziskus einen Brief, in dem er sein Wirken würdigte. Hans Küng las das Schreiben bei einem Treffen der Stiftung Weltethos, an dem ich teilnehmen durfte, sichtlich bewegt vor.

Er hatte, unabhängig von der kirchlichen Fakultät, ab 1980 eine Professur für Ökumenische Theologie inne und leitete das Institut für ökumenische Forschung der Universität Tübingen und war an vielen weiteren Universitäten tätig.

Gemeinsame kulturelle Wurzeln

Ein Hauptwerk seines Schaffens war die Gründung der Stiftung Weltethos. Vor über 30 Jahren hatte Hans Küng eine Vision. Er sagte, dass die Menschheit nur überleben werde, wenn sie sich auf ihre gemeinsamen kulturellen Wurzeln besänne, die in allen Weisheitslehren dieser Welt zu finden sind.

Weltethos Hans Küng
Materialien der Stiftung Weltethos. Foto: MZ

1990 verabschiedete das Parlament der Weltreligionen in Chicago die Erklärung des Weltethos, ein Projekt, das der Theologe Küng publiziert hatte. Diese Idee geht davon aus, dass allen Religionen insgesamt sechs Grundüberzeugungen zugrunde liegen. Wenn man sich auf diese Werte einige, so Küng, könne man Frieden unter den Kulturen schaffen. Der Theologe hatte dazu intensive Spurensuche in allen Kulturen der Welt betrieben.

Hans Küng sagte immer wieder:

„Kein Frieden unter den Nationen ohne Frieden unter den Religionen.
Kein Frieden unter den Religionen ohne Dialog zwischen den Religionen.
Kein Dialog zwischen den Religionen ohne Grundlagenforschung in den Religionen.“

Die Kernelemente des gemeinsamen Ethos, das in allen Weisheitslehren der Welt angelegt ist, umfasst: das Prinzip Menschlichkeit, die »Goldene Regel« der Gegenseitigkeit und die Verpflichtung auf Gewaltlosigkeit, Gerechtigkeit, Wahrhaftigkeit und die Partnerschaft von Mann und Frau.

Stiftung Weltethos

Seit 1995 gibt es die Stiftung Weltethos, deren erklärtes Ziel es ist, interreligiöse Kompetenz zu einem Miteinander der verschiedenen Kulturen zu vermitteln. Vor einigen Jahren ist zudem das Weltethos-Institut in Tübingen auf dem Gebiet des globalen Wirtschaftsethos in Forschung und Lehre aktiv.

Zehn Jahre lang war ich als externe Mitarbeiterin der Stiftung Weltethos tätig, da ich die Grundüberzeugungen von Hans Küng für eine friedliche Welt unterstützte und verbreiten wollte. Sowohl in der Erwachsenenbildung als auch an Schulen und für die Weiterbildung von pädagogischem Fachpersonal hielt ich Vorträge und Workshops.

Hans Küng
Hans Küng bei einem Treffen der Stiftung Weltethos 2013. Foto: MZ

Bei den alljährlichen Treffen der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in Tübingen, an denen auch Kollegen aus aller Welt teilnahmen, durfte ich Hans Küng immer wieder nicht nur als großartigen Redner, sondern ebenso als empathischen, bescheidenen Teilnehmer in kleinen Arbeitsgruppen erleben, in denen Visionen für die Zukunft entwickelt wurden.

Beitrag für bessere Welt

Diese Treffen trugen immens viel zur Vernetzung der einzelnen Initiativen bei. Letztlich eint alle Mitarbeiter der Stiftung, einen Beitrag für eine bessere Welt zu leisten, und das nicht gegen und nicht ohne die Religionen, sondern auch offen für Atheisten und Agnostiker.

Hans Küng hatte 2013 die Präsidentschaft an Eberhard Stilz abgegeben und blieb Ehrenvorsitzender. Es ist jetzt die Aufgabe von Eberhard Stilz und Stephan Schlensog, Generalsekretär der Stiftung, das Erbe von Hans Küng weiterzuführen. Ersetzen kann man diesen herausragenden Kämpfer für eine friedliche Welt nicht.

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