Ein Haus der Kulturen und Religionen in München
Evangelische Imanuel Nazareth Kirche in Bogenhausen. Foto: Jochen Kaehlcke.
Interkultureller Dialog
Unter dem Dach des Vereins Haus der Kulturen und Religionen München e.V. (HdKRM) arbeiten unterschiedliche religiöse Gruppierungen und Einzelpersonen zusammen, um eine Vision zu verwirklichen: Die Gründung eines interreligiösen und interkulturellen Zentrums in München. Im Juni startet die Pilotphase dafür.
„Häuser der Religionen und Kulturen der Welt sind ein Statement gegen gruppenbezogene Selbstgenügsamkeit und identitäre Politiken. Sie setzen auf einen gemeinsamen Raum, der dem Austausch und gegenseitigen Verstehen gewidmet ist. In ihrem Ansatz sind sie für mich die innovative Sakralarchitektur des 21. Jahrhunderts.“ (Jutta Höcht-Stöhr, bis März 2021 Leiterin der Evangelischen Stadtakademie München und Pfarrerin an St. Matthäus)
Gemeinsame Wurzeln der Religionen
In unserem Land leben heute mehr denn je Menschen unterschiedlicher kultureller und religiöser Herkunft zusammen. In Schulen, an Arbeitsplätzen, in Mehrfamilienhäusern treffen verschiedene Identitäten aufeinander. Oft genug führt Unwissenheit gegenüber der anderen Kultur oder Religion zu Missverständnissen, Spannungen und Konflikten. Dabei gibt es innerhalb der unterschiedlichen Gruppen viel Verbindendes und sehr oft sogar gemeinsame Wurzeln. Wie kann man in unserer modernen Gesellschaft unterschiedliche Lehren und Glaubensüberzeugungen kennen und respektieren lernen?
In München haben sich verschiedene Träger und auch Einzelpersonen zusammengeschlossen, um langfristig ein Zentrum zu errichten, in dem Menschen verschiedener Kulturen und Religionen zusammen leben, lernen und feiern können. Unter dem Motto: „Einheit in der Vielfalt“ wollen sie in die Gesellschaft hineinwirken. Seit 2019, bei einer internationalen Tagung mit sechs Häusern der Religionen, zieht das Münchner Projekt immer weitere Kreise in der Stadt und darüber hinaus.
College, Lehrhaus und Kirche ergänzen sich
Eines der Standbeine des Haus der Kulturen und Religionen München ist die Gründung eines College of Interreligious Studies, mit angegliedertem Wohnheim für deutsche und internationale Studierende. Dafür stellt die Benediktinerabteil Sankt Bonifaz im Stadtzentrum Räume zur Verfügung. Das Erlernen und die Umsetzung interreligiöser und interkultureller Prozesse wird mit Praktika und persönlicher Reflexion ergänzt.
Ein weiteres Standbein ist das seit 2012 im Bereich Erwachsenenbildung aktive Lehrhaus der Religionen. Auf Initiative des Rabbiners Steven Langnas sowie der Gesellschaft der Freunde Abrahams e.V. und anderer interreligiöser Zusammenschlüsse bietet es ein offenes Lernangebot mit Kursen, Workshops und Dialog-Veranstaltungen.
Am 7. Juni wird ein Baum gepflanzt
Dazu kommt die Nutzung und vielleicht sogar Umwidmung der evangelischen Nazarethkirche im Stadtteil Bogenhausen als interreligiöses Zentrum. Die Kirche und ihr Gemeindezentrum soll zunächst für ein Jahr als Ort der Begegnung und des Austauschs dienen. Geplant sind ein Café, ein Veranstaltungsraum für Ausstellungen, Konzerte, Buchvorstellungen, Vorträge, Tagungen, Workshops und Aktionen jedweder Art. In einer feierlichen Auftaktveranstaltung am 7. Juni 2021 um 18:30 Uhr wird symbolisch ein Baum vor der Nazarethkirche gepflanzt .
Einladung zur Montagsmeditation
Seit Mai wird auf der Homepage des HdKRM via Zoom zum gemeinsamen meditativen Erleben eingeladen. Den Auftakt im Mai gestalten die Christen, im Juni und Juli folgen Meditationen der Buddhisten und der Muslime. Das entspricht der Grundhaltung und der Vision für das Haus der Kulturen und Religionen München: Offenheit für alle Gruppen, Traditionen und Religionen.
Im Deutschsprachigen Raum gibt es nur zwei bereits operierende Häuser der Religionen, in Hannover und in Bern. Am 27. Mai 2021 wurde der Grundstein für das „House of One“ in Berlin gelegt, im Stadium der Planung befindet sich der Campus der Religionen in Wien. Internationale Zentren entstehen oder sind bereits fertiggestellt in London, Stockholm, Taipei, Jerusalem, New York und Abu Dhabi.
Lesetipp: Weltethos-Idee in die Kirchen tragen