Neue Bildsprache mit der Lichtmaltechnik
Bernd M. Nestler mit Beispielen seiner Lichtmaltechnik. Foto: Petra Kurbjuhn
Ausstellung in Holzkirchen
Mit der von ihm entwickelten Lichtmaltechnik hat Bernd M. Nestler eine neue, eigene Ausdrucksform gefunden, eine noch nicht dagewesene Bildsprache, die Zeichnung, Fotografie und physikalische Gesetze zusammenbringt, zu sehen jetzt in der Galerie im Autopavillon Steingraber.
Am Anfang der Kunst stand die Zeichnung. Man denke an die Höhlenmalerei von Lascaux. Hier, so begründet Bernd Nestler seinen neuen künstlerischen Weg, beginne die Bildende Kunst mit ihrer Bildsprache. „Die Zeichnung ist am ehrlichsten“, sagt er und erklärt seine These mit der Unterschrift, die ja ein Zeichen der Person und unfälschbar sei.
„Spannen“ und „Ludwig Thoma“. Foto: Petra Kurbjuhn
Er habe den Weg der Zeichnung durch die Kunstgeschichte verfolgt, von Paul Klee über Joseph Oberberger und Joseph Beuys bis hin zu Alberto Giacometti. Jeder habe das Zeichnen als Urform für sich und die spätere Malerei oder Bildhauerei benutzt. Klee beispielsweise habe in einem zweiten Schritt die Zeichnung koloriert.
Bernd Nestler aber ging einen anderen Weg. Zunächst zeichnete er und das nach einer ganz festen Vorgabe. Nur fünf Sekunden durfte der Prozess dauern, „um das Hirn auszuschalten“, wie er sagt. Zeichne er länger, beginne er zu schönen oder gar zu radieren. Nein, der erste intuitive Impuls hat Bestand.
Der Künstler zeichnet Köpfe und Figuren aus seinem Gedächtnis. Nur wenige Striche machen den Mann aus, den er mal vor einer Schaufensterscheibe sah. Diesen einen Augenblick fing er ein, als der Mann sich in der Scheibe spiegelte.
„Mich knutscht ein Elch“, „Gelb einfangen“, „Porträt Olaf Gulbransson“ und „Der Kleine ganz groß“ (v.l.). Foto: Petra Kurbjuhn
Nicht viel mehr als ein Kreis ist es, den man sofort Gulbransson zuordnet. Angefangen aber hat die Zeichnerei mit einer winzig kleinen Figur, „Der Kleine ganz groß“ getitelt. „Das Händische ist verloren gegangen“, sagt Bernd Nestler und so habe er seine Zeichnung überhöhen wollen und auf einen blauen Sockel gestellt.
Wobei wir bei der zweiten Phase des Schaffensprozesses wären. Im Gegensatz zur Kolorierung setzt der Künstler jetzt die Linie gegen die Fläche oder die Farbe gegen die Form. Die meisten Zeichnungen erhalten Farbe, aber immer als Gegenstück zur Zeichnung, wie bei dem blauen Sockel. Nur die drei Primärfarben setzt Bernd Nestler ein und erzeugt schon damit eine neue Bildsprache.
Jetzt aber kommt Phase drei. Diese hat etwas mit der eigentlichen Kunst des Holzkirchners zu tun. Seit 36 Jahren ist er Glaskünstler, hat bedeutende Kirchenfenster, so auch in der Klosterkirche Tegernsee und Glasobjekte mit spannenden Effekten geschaffen.
Lichtmalerei auf Alu. Foto: Petra Kurbjuhn
Seine Kenntnisse der Lichtbrechung halfen ihm, eine neue Verfahrensweise beim Fotografieren zu entdecken, die er Lichtmalerei nennt. Er verrät nur so viel: „In der Kamera gibt es Sensoren, die Farben suchen.“ Beim Fotografieren seiner Zeichnungen malt der Künstler ein völlig neues Bild. Es sei ein gezieltes Zufallsprodukt, „man kann es nicht steuern“, sagt er.
Er gehe davon aus, dass der Kosmos es in sich trage und durch seine Aufnahmetechnik herhole. Fakt ist, dass er für das Auge Unsichtbares sichtbar macht, denn bekanntermaßen sind im weißen Licht alle Farben des Spektrums enthalten, die sich dann offenbaren, wenn der Mensch Prismen einsetzt oder Regentropfen einen Regenbogen erzeugen. In jedem Fall ist Lichtbrechung die Ursache.
Lichtmalerei auf Alu. Foto: Petra Kurbjuhn
Das Ergebnis der fotografischen Experimente sind farbenfrohe bizarre Bilder, in denen zumeist die ursprünglichen Zeichnungen noch zu entdecken sind. Sie wirken wie abstrakte Gemälde und sind doch die Ergebnisse physikalischer Prozesse, die Bernd M. Nestler mit seinem Verfahren offen legt und eine völlig neue Bildsprache damit erzeugt.
Er hat seine Lichtmalerei auch an Bildern alter Meister ausprobiert und experimentiert. Da ist also ein Porträt von Albrecht Dürer, in das er den Typen vor dem Schaufenster hineinkomponiert hat. „Ich bin in Gedanken bei Dürer“, erklärt er. Oder er nimmt das bekannte Bild des Mannes, der sehnsüchtig in die Ferne schaut, von Caspar David Friedrich. „Vielleicht hat er Sehnsucht nach einer Frau“, meint der Künstler und hat ihm eine Frau hinzugesellt.
Caspar david Friedrich (l.u.Mitte), Albrecht Dürer (r.u.ganz rechts). Foto: Petra Kurbjuhn
Die Ausstellung bietet Raum für lange Betrachtungen, Entdeckungen und für Staunen, welche überraschenden Formen, Farben, Kompositionen Bernd M. Nestler mit seiner Lichtmaltechnik erzeugen kann.
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