Gretchen 89ff.

Das vielschichtige „Gretchen 89ff.“ und seine Regisseure

Plakat zu „Gretchen 89 ff.“.

Theater in Miesbach

Am kommenden Samstag, 25. September sollte die von Steffi Baier inszenierte Komödie „Gretchen 89ff.“ von Lutz Hübner mit Leonie Fuchs und Stephan Leitmeier im Waitzinger Keller Miesbach zu Gast sein und musste jetzt wegen Krankheit abgesagt werden. Wieso Gretchen? Wieso 89ff? Wir haben direkt bei Steffi Baier nachgefragt.

MZ: Gretchen deutet auf Faust und Goethe hin. Warum hast Du dieses Stück gewählt?

SB: Goethe und Faust unbedingt wegen des Bekanntheitsgrads – jeder hatte in der Schule „Faust“ und auch die Kästchenszene – und diese Stelle eignet sich einfach wunderbar für eine Probe mit einer Schauspielerin solo und einem Regisseur. Warum das Stück? Es ist gut gemacht, ein bisserl anders als „normal“, es ist so facettenreich und genau gezeichnet und es gibt Aufschluss über die Theaterarbeit und das auf sehr liebevolle Weise.

Gretchen 89ff.
Leonie Fuchs und Stephan Leitmeier. Foto: Richard Ohme

MZ: Es heißt, die berühmte Kästchenszene, also die, wo Gretchen das Kästchen mit dem Schmuck von Faust öffnet, wird immer wieder geprobt?

SB: Ja, es ist immer wieder dieselbe Szene, aber mit unterschiedlichem Blickwinkel des jeweiligen Regisseurs. Wie ein buntes Kaleidoskop oder wie durch eine gefärbte Brille, wirft die Probe einen Blick hinter die Kulisse. Es sind also acht Szenen mit 16 Rollen.

MZ: Was für Regisseur-Typen sind das? Und welche Art Regisseur wärest Du?

SB: Da ist beispielsweise ein Wiener Regisseur, der eigentlich nur schnell mit der Probe fertig sein will. Ich wäre nicht derjenige, der alles machen lässt, sondern der, der viel hineinredet.

MZ: Und das Gretchen wird auch von verschiedenen Schauspielerinnentypen gespielt?

SB: Richtig, da kommt eine Diva ebenso daher wie die ständig Unzufriedene. Und sie beginnt ihren langen Monolog mit den bekannten Sätzen: „Es ist so schwül, so dumpfig hie…“

Judas
Regisseurin Steffi Baier. Foto: Petra Kurbjuhn

MZ: Das Stück „Gretchen 89ff.“ hatte bereits 1997 in Berlin seine Uraufführung und wird ständig wieder aufgeführt.

SB: Diese vielschichtige Komödie läuft seit Jahren erfolgreich. Wir waren schon in Hamburg und Freising damit und kommen jetzt nach Miesbach.

MZ: Du hast eine besondere Beziehung zu Goethe und Faust?

SB: Richtig, ich habe meine Facharbeit über „Faust“ gemacht und ich habe bei Dieter Dorn in den Münchner Kammerspielen gearbeitet, als Bruno Ganz den „Faust“ in der Inszenierung von Peter Stein gespielt hat.

MZ: Nun erinnert sich vielleicht nicht jeder Theaterbesucher an das Drama und an die Kästchenszene.

SB: Deshalb zeigen wir am Anfang einen vierminütigen Film zur Einführung. Und wir konnten Gerd Anthoff als Sprecher und Inspizient gewinnen.

MZ: Und warum heißt das Stück „Gretchen 89 ff“?

SB: Weil in der Reclamausgabe von Goethes „Faust“ die Kästchenszene auf den Seiten 89 und folgende aufgeführt ist. Allerdings nicht in meiner Ausgabe, da findet sie auf Seite 79 ff statt. Und in meinem Reclamheft sind auch meine Bemerkungen dazu festgehalten, wie „Gretchen erscheint Faust rein und unschuldig“.

Gretchen 89ff.
Ausschnitt aus Steffi Baiers Reclamheft, die Seitenzahlen sind korrigiert. Foto: Steffi Baier

MZ: Eine Regisseurin aus Irschenberg, eine Schauspielerin aus Hamburg und ein Schauspieler aus Freising sind die Protagonisten dieses Stückes „Gretchen 89ff.“. Wie geht das?

SB: Stephan Leitmeier kenne ich von den Proben zum Brandner Kasper und er wollte gern mit Leonie Fuchs ein Zweipersonenstück spielen, so haben wir uns getroffen.

MZ: Und das Stück endet mit den weisen Worten: „Am Golde hängt doch alles. Ach, wir Armen!“

Zum Weiterlesen: Hinreißend interpretierte „Love letters“

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