„Bleib hoid zum Frühstück“ – eine folgenschwere Entscheidung
Johanna Effenberger und Andreas Kern. Foto: Felicia Knitter
Theater in Tegernsee
Gerade in der heutigen Zeit ist es doch eine Seltenheit bei jemandem mal eben zu schlafen und zum Essen zu bleiben. Wer trotzdem auf mitreißende und ironische Weise zum Frühstück und möglichen Folgen eingeladen werden will, ist in dem Theaterstück „Bleib hoid zum Frühstück“ genau richtig.
Es ist 20:01.
Der Raum ist erfüllt mit leisen Gesprächen, als hinter dem Vorhang eine Kuhglocke ertönt. Die Gespräche werden leiser und das Publikum beobachtet in gespannter Erwartung die Bühne. Nach dem dritten Läuten schwingt der Vorhang zur Seite und zu sehen ist eine gemütlich eingerichtete Wohnung. Hinter der Küchentheke steht Georg (sehr überzeugend gespielt von Andreas Kern) und kocht fröhlich sein Abendessen.
Das Leben von Georg ist recht monoton, ja man könnte fast sagen langweilig. Eben so, wie das Leben eines Durchschnittsbürgers halt ist. Aufstehen, arbeiten, heim kommen, kochen, mit Liesl telefonieren, schlafen. Die meiste Abwechslung bekommt er dabei noch beim Essen, wenn er ganz verwegen entscheidet, mal japanisch zu kochen. So wie dieses Mal.
Trotz – oder vielleicht sogar gerade wegen – dieser Eintönigkeit ist Georg sehr zufrieden mit seinem Leben.
Johanna Effenberger als Lou und Andreas Kern als Georg. Foto: Felicia Knitter
Auf einmal wird mitten in seinem täglichen Telefonat stürmisch an der Tür geklingelt und Lou (beeindruckend dargestellt von Johanna Effenberger) platzt mehr oder weniger unelegant und äußert aufgebracht in sein Wohnzimmer und gleichzeitig auch in sein Leben. Mit ihrer unkonventionellen und quirligen Art stellt sie seine Nerven ganz schön auf die Probe. Und dann ist sie auch noch hoch schwanger!
Freiheitsliebend versus altmodisch
Einmal um die Welt reisen. Etwas erleben. Aus der Norm fallen. Und auf keinen Fall irgendwas Dauerhaftes. All das ist Lou super wichtig. Sie will anders sein. Und nicht nur ihr Lebensstil ist sehr freiheitsliebend, sondern sie redet auch, wie es ihr in den Sinn kommt. Johanna Effenberger spart nicht an Ausdrücken wie „krass“, „ey“ oder „Alter“ und spickt ihre Ausdrucksweise mit ausreichend Schimpfworten, um Lous jugendlichem und lebhaftem Charakter gerecht zu werden. Als sie dann auch noch verlauten lässt, dass sie eine Hausgeburt ohne Hebamme oder Arzt plant, fällt Georg wirklich aus allen Wolken.
Lou bekommt starke Wehen. Foto: Felicia Knitter
Er versteht gar nicht, wie man auch nur auf die Idee kommen kann, ausgerechnet zuhause ein Kind kriegen zu wollen. Und überhaupt, wie kann so eine verantwortungslose Person eigentlich auch nur darüber nachdenken, ein Kind in die Welt zu setzen? Dauerhafter geht es ja wohl nicht und das ist doch genau das, was sie nicht will, oder?
Seine verzweifelten Versuche Lou von den Regeln der Gesellschaft zu überzeugen sorgen allerdings nur dafür, dass sie ihn als Spießer und furchtbar verklemmt abstempelt.
Bleib hoid zum Frühstück – Eine wahre Hassliebe
Lou und Georg haben wirklich ausgesprochen wenig gemeinsam. Nicht nur ihre Charakterzüge und Einstellungen sind grundverschieden. Da wäre zum Beispiel auch noch ihr großer Altersunterschied, der Georg einige Male dazu verleitet, Lou wegen ihrer unkonventionellen Art und ihrem jungen Alter als Kind zu betiteln, was sie wiederum mit ihrem aufbrausenden Temperament nicht besonders gut aufnimmt. Aber auch, dass Georg sich verantwortlich fühlt für Lou und das Baby und deswegen etwas übergriffig wird und Dinge kauft, „die ein Baby halt braucht“, stößt bei Lou auf großen Unmut. Immerhin ist es ihr Kind und er hat eigentlich überhaupt nicht mitzureden, wie sie es großziehen will.
Georg und Lou streiten sich. Foto: Felicia Knitter
Und so ist der Streit quasi vorprogrammiert. Während des ganzen Stückes werden immer wieder Koffer ein- und ausgepackt.
Nicht mal bei der Frage, wer jetzt auszieht, sind sie sich einig. Doch nach jedem wütenden Klamotten packen und Tür hinter sich zuknallen folgt eine Versöhnung. Irgendwie können sie dann ja doch nicht ohne einander. Und zwischen all den Streitereien gibt es doch auch immer wieder Momente und Gesten, in denen man das Knistern zwischen Georg und Lou nicht leugnen kann.
Lou und Georg packen Koffer. Foto: Felicia Knitter
Als sie gemeinsam essen und der ganze Saal von einem angenehmen Duft durchströmt wird, meint man fast, jetzt
hätten sie endlich ihre Meinungsverschiedenheiten überwunden. Doch nein, die Stimmungsschwankungen, die eine Schwangerschaft so mit sich bringt, beweisen das Gegenteil und es fliegen wieder richtig die Fetzen.
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Karten unter: Tegernseer Volkstheater Ludwig-Thoma-Saal, Tegernsee