Hommage an die Natur – Ausstellung „wasserlöslich“
Die junge Künstlerin Vicky Anna Lardschneider gastiert mit ihrer Ausstellung „wasserlöslich“ im Gmunder Fabrikrestaurant „Mangfallblau“. Foto: Selina Benda
„Wasser ist das Lebendigste, was es für mich gibt“, sagt Vicky Anna Lardschneider. Ihre Leidenschaft für das flüssige Naturwunder, hat die junge Künstlerin in ihrer Kunstreihe „water aerials“ verbildlicht. Wie passend, dass die Ausstellung „wasserlöslich“ – mit ausgewählten Bildern und Kunstobjekten von Lardschneider – noch bis 27. November im Fabrikrestaurant „Mangfallblau“ von Gmund Papier gastiert.
Ausstellung in Gmund
Aufgewachsen in München und am Chiemsee, ist Wasser bereits in ihrer Kindheit ein großer Teil des Lebens der heute 27-Jährigen gewesen. „Ich fühle mich am Wasser so angekommen“, sagt sie selbst und diese Ruhe strahlen auch die Werke ihrer Reihe aus. Mit Acryl und verschiedensten Techniken schafft es die Münchnerin, die weit entfernten Küsten und Meeresabschnitte der Welt, in beeindruckend schöner Art und Weise auf die Leinwand zu zaubern. Fernweh auslösend schön entführt sie den Betrachter dadurch unter anderem in die Atolle der Malediven, an die Goldküste Australiens und die Strände von Portugal.
An der Atlantikküste auf der Iberischen Halbinsel holte sich die Künstlerin ihre Inspirationen für die Reihe. „Ich kann Wasser nicht aus dem Kopf heraus oder beim Betrachten eines Fotos malen. Das muss aus der Erinnerung, von Herzen, kommen“, erklärt sie. Zwei Monate arbeitete die 27-Jährige dieses Jahr in Portugal als Yogalehrerin, um sich gleich danach an die Arbeit in ihrem Geretsrieder Atelier zu machen.
Die Bilder der jungen Künstlerin nehmen die Betrachter mit an ferne Sehnsuchtsorte – wie hier „Atoll“. Foto: Selina Benda
Vom Boden des Ateliers, hinauf in die Vogelperspektive
Arbeitet Lardschneider auf eine Ausstellung hin, verbringt sie oft vier bis sechs Wochen durchgehend auf dem Boden ihres Ateliers. Denn das besondere ihrer Bilder: sie zeigen die Welt aus der Vogelperspektive. Dazu liegen die Leinwände auf Aluschienen und werden von der jungen Künstlerin mit Acrylfarben, Lacken, Wasser, Sprays und Tusche bearbeitet. Die besonderen Texturen – wie etwa auf ihrem Bild „Coral Reef III“ – arbeitet die Münchnerin mit Spachtelmasse heraus. Die Kombination aus Acrylfarben, Wasser, Lacken und Isopropylalkohol lässt die unterschiedlichen Schichten aufbrechen und so auf faszinierende Art und Weise, korallenriffähnliche Formationen entstehen.
„Ich bewege meine Leinwand auch immer, damit die Farben fließen“, erklärt sie. Die Farben müssten aber auch selbst nachwirken dürfen. In der Vielseitigkeit der verwendeten Materialien kennt Lardschneider eigentlich keine Grenzen. „Es ist nie Ölfarbe, aber sonst teste ich viel aus“, sagt sie selbst und auch in ihrer Ausstellung im Mangfallblau sind Ergebnisse dieser künstlerischen Neuausrichtung zu sehen.
Acrylfarben auf Spachtelmasse, gemischt mit Wasser, Lacken und Alkohol ergeben die wunderschönen Welten wie hier im Bild „Coral Reef III“. Foto: Selina Benda
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„Ich brauche Freiheit für Inspiration.“
Etwa die Skulptur „loveletter from the ocean” aus gebogenem und bemaltem Acrylglas. „Das habe ich jetzt neu für mich entdeckt, da ich immer mal wieder einen Wechsel brauche“, erklärt die Münchnerin. Fasziniert von den Installationen des dänischen Künstlers Ólafur Elíasson, arbeitet Lardschneider auch mit Reflexionen, die durch Lichteinfall auf Folien zwischen Acrylglas und Holzboards entstehen – ebenfalls zu sehen in der noch bis nächsten Samstag laufenden Ausstellung.
Einen Wechsel in ihren Arbeitsuntergründen braucht die Münchnerin auch, damit sie nicht der allgemeinen Lethargie in Zeiten von Corona verfällt. „Ich brauche Freiheit für Inspiration und muss immer wieder weg“, erklärt sie. Die Lockdowns hätten für sie nicht nur in künstlerischer Hinsicht eine lähmende Schwere mit sich gebracht.
Inspiriert von Installationen des Künstlers Elíasson, arbeitet die Münchnerin auch mit Acrylglas sowie Reflexionen durch Lichteinfall. Foto: Selina Benda
Auf Umwegen in Richtung Kunst
Nach ihrem Abitur zog es Lardschneider nämlich bereits nach Vancouver. Auch nach ihrem Architekturstudium in Innsbruck, arbeitete die Münchnerin zunächst in der kanadischen Stadt an der Westküste. „Aber ich bin kein Mensch für ein klassisches Angestelltenverhältnis“, gibt sie lachend zu. Ausgleich fand sie damals bereits in der Kunst, als sie nach Feierabend immer wieder die Emily Carr Universität für Kunst und Design besuchte.
Sie kündigte ihren Job und nach einem Aufenthalt in Hawaii und der Überfahrt von New York mit einem Containerschiff nach Spanien, kam Lardschneider mit einem veränderten und zunächst nicht ganz klaren Zukunftsbild wieder in die bayerische Landeshauptstadt zurück.
Manchmal packt die 27-Jährige wieder das Fernweh. Auch auf ihren Bildern zeigt sie ferne Orte wie hier die „Goldcoast“. Foto: Selina Benda
Mit Schönheit das Bewusstsein für die Natur wecken
Nach viel positivem Feedback auf die Veröffentlichung ihrer ersten Bilder in den sozialen Medien und ihrer ersten Einzelausstellung, entschied sie sich dann, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen. „Ich bin ein null oder 100 Mensch“, sagt sie von sich selbst. Von null auf 100 startete sie dann auch in der Kunstszene durch und durfte ein Jahr später bereits mit 41 Künstlerkollegen aus ganz Deutschland einige ihrer Werke unter dem Titel „Was Menschen berührt“ in einer Ausstellung des Paul-Klinger-Künstlersozialwerk e.V. in den Räumen des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales zeigen.
Die Bilderreihe „industrial pollution“ begann Lardschneider bereits in der ersten Coronazeit, als sie sich intensiv mit den Umweltfolgen der Pandemie befasste. Dramatische und zugleich faszinierend schöne Luftaufnahmen von weltweiten Umweltkatastrophen dienten dabei als Inspiration für die 27-Jährige. „Ich kann ein richtig krasser Umweltöko sein – aber kein anstrengender“, lacht Lardschneider.
Die faszinierenden Bilder, welche etwa durch Aluminiumproduktion, Brandrodung oder Zinkminen in die Landschaften gezeichnet werden, sollen die Betrachter ihrer Kunstwerke nicht belehren. „Die Schönheit darin, soll die Aufmerksamkeit auf das Thema lenken und somit Wissen vermitteln. Mit diesem Bewusstsein, lässt sich die Natur noch besser wertschätzen“, erklärt die junge Künstlerin ihre Intention.
Faszinierend schön und erschreckend zugleich, zeigen die Bilder der Reihe „industrial pollution“ Umweltkatastrophen – wie hier das Werk „Aluminiumproduktion. Foto: V.A.Lardschneider
Verloren in den Weiten der Meere
Ihre ganz eigene Wertschätzung der Natur, etwa des Wassers, sieht man deutlich in den Werken von Vicky Anna Lardschneider. Wasser bringe bei jedem Betrachter so viele verschiedene Emotionen und Erinnerungen hervor und allein das sei schon eine Wertschätzung der Natur. „Kunst soll das vermitteln, was man mit Worten nicht ausdrücken kann“, sagt sie und man weiß sofort was sie meint. Denn wenn einem etwas beim Betrachten ihrer Bilder vermittelt wird, dann ihre Liebe zum Wasser und der Natur.
Und dann erscheint einem auch einer ihrer Lebenswünsche gar nicht mehr so abwegig: für einige Zeit auf einem Segelboot leben, dahinschippern, verloren in den Weiten der Meere – „wasserlöslich“- nur umgeben von Wasser.