LAUT / LEISE im Tannerhof

LAUT / LEISE: Collage von Pascale Behrendt und Fotografie von Brigitta Maria Lankowitz. Foto: MZ

Ausstellung in Bayrischzell

Laute Collagen von Pascale Behrendt und leise Fotografien von Brigitta Maria Lankowitz vereinigen sich in der Galerie im Treppenhaus 1967 im Tannerhof Bayrischzell zu einer spannenden und stimmigen Ausstellung LAUT /LEISE, die am Freitag mit einer kleinen, aber feinen Vernissage eröffnet wurde.

Auch diese war laut und leise, denn Pianist Bernd Stahuber am Flügel fand sowohl laute, lebendige Rhythmen als auch eher leise und stimmungsvolle Klänge für die Besuchenden, die Kuratorin Micol Krause von der Hofkulturbühne Tannerhof im Saal mit Abstand begrüßte.

LAUT / LEISE
Laute und leise Klänge spielte Bernd Stahuber von „Swing it up“. Foto: MZ

Diese werden unten empfangen von den Collagen der Münchner Künstlerin Pascale Behrendt. Als „lauter Ausbruch an eine überreizte Zeit“ bezeichnet sie ihre Arbeiten. Die Künstlerin besitzt ein umfangreiches Archiv aus Zeitungsartikeln, alten Unterlagen und Fotografien.

Lautes Zeichen unserer Zeit

Wenn sie sich für ein Thema entschieden hat, kommen diese Materialien zum Einsatz. Sie gruppiert Ausschnitte zu einer Komposition, ergänzt mit Texten und Zeichnungen und schafft so ein neues Kunstwerk in einem neuen Zusammenhang, ein lautes, buntes, fragmentiertes Zeichen unserer Zeit, festgehalten in einem Moment. „Wie ich es in diesem Moment empfinde“, erklärt die Künstlerin. Aber das Thema verändere sich mit den Betrachtenden.

LAUT / LEISE
Pascale Behrendt zwischen „Jesus“ und „Fly away“. Foto: MZ

„Die Themen haben mit mir zu tun“, sagt Pascale Behrendt. Politisch seien sie nicht gemeint, eher gesellschaftlich und philosophisch oder religiös. In mehreren Collagen taucht Jesus auf, so überspringt er als Zeichnung Kontinente, aber da gibt es im Bild auch einen Unfall, ein Hinweis auf den Missbrauchsskandal der Kirche?

„Les Gens sans conscience“ lese ich in einer anderen Arbeit, Menschen ohne Gewissen, ein zutiefst gesellschaftliches Problem. Oft sind die Texte in Englisch oder Französisch abgefasst. „Ich habe länger im Ausland gelebt“, erklärt die Künstlerin, die in den USA studierte und in Paris und London arbeitete, unter anderem für die Zeitschrift „Vogue“ als Grafikdesignerin tätig war.

LAUT / LEISE
Collagen von Pascale Behrendt. Foto: MZ

Sie widmet sich den Themen Geld ebenso wie Corona und macht in ihrer Collage „Stop making sense“ aufmerksam darauf, dass Pflanzen verwelken und Tiere weglaufen. „Fly away“ nennt sie eine Arbeit, in der von zwei Palmen eingeschlossen, Krieg und Chaos herrschen und die Flugzeuge darauf hinweisen, dass alle nur noch wegfliegen wollen.


Pascale Behrendt: „Corona“ und „Stop making sense“. Foto: MZ

Es gibt aber auch humorvolle Collagen, etwa, wenn sich die New Yorker Polizei beim „Ballet“ einen Scherz erlauben und die notwendigen Kontrollen alles andere als ernst nehmen.

Die Collagen laden ein, sich länger darauf einzulassen, Details und Zusammenhänge zu entdecken, nachzudenken, auch zu schmunzeln und überall Zeichen unserer lauten Zeit wahrzunehmen.


Brigitta Maria Lankowitz: „So schwebend hindurch durch die Feste“. Foto: MZ

Die Fotografien von Brigitta Maria Lankowitz im Obergeschoss dämpfen in ihrem stillen, meditativen und entschleunigenden Eindruck das eben wahrgenommene Laute. Leise verschwommene Schwarz-Weiß-Fotografien sind es, aufgenommen mit der Lochkamera auf analogem Papier.

Leise Bilder

In Langzeitbelichtungen hat die Münchner Fotokünstlerin, die an der Fotoakademie Graz studierte, städtische Strukturen eingefangen. Der Betrachtende ahnt mehr als er wirklich wahrnimmt Hochhäuser und Straßenschluchten, alles verwischt, verschwommen, wie geisterhafte Erscheinungen. Alles in der Vertikalen, noch oben strebend, nicht fassbar. Ein tiefes Schwarz, kein richtiges Weiß, dafür viele Grauschattierungen. Leise Bilder.


Brigitta Maria Lankowitz: „So schwebend hindurch durch die Feste“. Foto: MZ

Auch diese Bilder laden dazu ein, länger hinzuschauen. Nicht wie bei den Collagen, um Details zu erkennen und Bedeutungen zu konstruieren. Nein, hier ist es eher das sich Versenken und Fallenlassen, das Auflösen von Bedeutungen.

Pascal Behrendt fand zur Vernissage treffende Worte, die das Werk beider Künstlerinnen beschreiben. „Kreativität ist im Wesentlichen die Fähigkeit in sich Hineinzugehen.“ Das Vorgefundene dann nach außen zu tragen sei die Arbeit des Künstlers. Bei ihr sei es die Leidenschaft für die Collage. Vollendet aber werde das Werk erst mit dem Blick des Betrachters.

Die Ausstellung LAUT / LEISE ist in der Galerie im Treppenhaus im Tannerhof Bayrischzell bis zum 23. Juni 2022 täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet.

Zum Weiterlesen: „Der Butter“ – „so vui schee“

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