Der lokale Geschmack
Georg Schweisfurth und Simon Tress (v.l.). Foto: Random-House. Elissavet-Patrikiou
Neuerscheinung auf dem Buchmarkt
Ein Kochbuch im üblichen Sinne ist das nicht, sondern ein Kochbuch, das Rezepte aus saisonalen und lokalen Zutaten vorstellt, bio versteht sich. Die Autoren Georg Schweisfurth und Simon Tress haben ein Kochreisetagebuch geschrieben, das sehr unterhaltsam zu lesen ist und zum Nachmachen anregt.
Dazu sind sie quer durch Deutschland, Österreich und die Schweiz gefahren, haben 11 Orte ausgewählt und Lebensmittel gesucht, die um Umkreis von 15 Kilometern produziert werden. Daraus wurde das Menü gekocht.
Ökopionier Georg Schweisfurth führt erfolgreich das ökologische Seminar- und Veranstaltungshotel Gut Sonnenhausen, hat die Biomarktkette Basic gegründet, zahlreiche Bücher geschrieben und war zu Gast bei der Konferenz „Anders wachsen – Alternativen für das Oberland“ im April im Waitzinger Keller. Co-Autor Simon Tress ist Deutschlands bekanntester Biospitzenkoch und offizieller Genussbotschafter des Landes Baden-Württemberg. Sein Anliegen ist es, heimische Zutaten und traditionelle Rezepte mit seiner Kreativität zu verschmelzen.
Heimische Lebensmittel
Die beiden Freunde machten sich ein Jahr lang auf den Weg, um den echten, den lokalen Geschmack zu finden. Bewusst verzichteten sie auf den Begriff „regional“ zugunsten „lokal“. In dem soeben im Südwestverlag erschienenen Buch „Lokal – Das Kochexperiment“ berichten sie von dieser Reise, von Orten, aber insbesondere von Menschen, die dasselbe Anliegen haben wie sie, nämlich heimische Lebensmittel zu gutem Essen zu verarbeiten.
Entstanden ist daraus ein Lesebuch mit den Reiseberichten, den Begegnungen mit Menschen, Lebensmitteln, ergänzt durch viele Fotos, die das Erlebte dokumentieren. Das Prinzip ist immer dasselbe. Georg Schweisfurth und Simon Tress fahren in einen Ort, recherchieren im Umkreis von 15 Kilometern, welche biologisch produzierten Lebensmittel sie finden und entscheiden dann, was daraus gekocht wird. Genau wie früher, man kochte das, was verfügbar war oder im Sommer und Herbst haltbar gemacht wurde.
Nehmen wir das Beispiel „Deutschland im Oktober“, die zweite Tour führte 2015 nach Heilbronn. Hier fand sich neben Kräutern, Obst und Gemüse auch Wein. Simon Tress bereitete gefüllte geschmorte Zwiebeln, Kartoffel-Brennessel-Stampf und Trauben-Kiwi-Knödel zu. Aber es geht keineswegs fleischlos zu in diesem Buch, im November ist die Station eine Großstadt: Berlin.
Persönlicher Stil
Die beiden Autoren fanden selbst in der Großstadt Bioerzeugnisse, befassten sich mit Urban Gardening und Simon Tress bereitete Entenschmalz, Griebenstaub und Geflügelfond, Hähnchen- und Entenbrust, sowie Geflügelkeule und verschmähte auch die Innereien nicht. Beim Lesen der Rezepte und Betrachten der Fotos steigt sofort die Lust auf nachzukochen.
Georg Schweisfurth und Simon Tress setzten ihre in Gammertingen begonnene Reise fort nach Frankfurt, Lech, Wien, Bremen, Gladbeck, Mühlbach in Südtirol, Arth in der Schweiz und Bischofsheim. Was das Buch so angenehm lesbar macht, ist der persönliche Stil, die vielen Erfahrungen unterwegs, der Besuch von Biogärtnern und Biolandwirten ganz unterschiedlicher Coleur. Da ist der Imker ebenso vertreten wie die Hofmolkerei, das Berghotel ebenso wie der Fischteich.
Fundgrube und Inspiration
Georg Schweisfurth hat sein eigenes Tagebuch in Form von Zeichnungen geführt, die dem umfangreichen Buch einen besonderen Reiz geben. Es sowohl für den Hobbykoch als auch für den am nachhaltig Wirtschaften Interessierten eine wahre Fundgrube und Inspiration sich selbst auf den Weg zu machen. 15 Kilometer Umkreis, das entspricht etwa der Größe des Landkreises Miesbach, in diesem Raum ließe sich eine Menge lokaler Produkte finden, aus denen man ein köstliches Essen zaubern kann. Wäre doch eine Idee für die nächste Einladung, oder?