Willkommen in Siegheilkirchen

Marcus H. Rosenmüllers erster Animationsfilm

Plakat für „Willkommen in Siegheilkirchen“ im FoolsKINO Holzkirchen. Foto: MZ

Filmtipp von KulturVision

In memoriam Manfred Deix erscheint am Ende des Filmes. „Willkommen in Siegheilkirchen“ ist eine Hommage an den 2016 verstorbenen, bitterbösen, österreichischen Karikaturisten und erster Animationsfim von Marcus H. Rosenmüller gemeinsam mit Santiago Lopéz Jover.

Ich gebe zu, ich bin kein Fan von Animationsfilmen, aber ich bin ein Fan des Haushamer Regisseurs Marcus H. Rosenmüller, der mit seinen Filmen „Wer früher stirbt ist länger tot“ oder „Sommer in Orange“ Kultstatus erlangt hat. Und ich wollte wissen, wie er die Figuren von Manfred Deix auf die Leinwand bringt.

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Ausstellung im Karikaturmuseum

Bei einem Besuch des Karikaturmuseums in Krems hatten wir von KulturVision e.V. das Werk des Satirikers, der keine Tabus kannte, kennengelernt. Seine dicken, hässlichen, knollennasigen Provinzmenschen, triebgesteuert, dumpf und voller Rassismus, Fremdenhass und Nationalsozialismus hatten uns schockiert. So unverblümt und derb, direkt und Scheinheiligkeit demaskierend war uns Karikatur noch nicht begegnet.


Der Rotzbub und der Pfarrer. Foto: Pandora Film Verleih

Der Film von Marcus H. Rosenüller startet ganz lieb im Uterus, wo sich ein entzückender Embryo tummelt und sehr ungern seine kuschelige Höhle verlässt. Denn schon der Anblick der Hebamme und deren Sprüche lassen vermuten, dass der eben geborene Rotzbub in eine Umgebung hineingestoßen wird, die alles andere als kuschelig ist.

Mathias Leidgeschwender: Fotostrecke Marcus H. Rosenmüller
Regisseur Marcus H. Rosenmüller. Foto: Mathias Leidgschwendner

Fremdenhass und Scheinheiligkeit

Es ist die niederösterreichische Provinz, etwa in den sechziger Jahren, die im Film nachgezeichnet wird. Manfred Deix wurde 1949 in Böheimkirchen geboren und erlebt in seiner Jugend als Rotzbub, wie er genannt wird, gesellschaftliche Zwänge, Fremdenhass und Scheinheiligkeit.

In der Gastwirtschaft der braven Eltern versammeln sich die Altnazis, die den rechten Arm zum Hitler-Gruß erheben. Der Vater, einarmig aus dem Krieg zurückgekehrt, toleriert das, denn „das ist unser Geschäft“ und „wir können uns die Gäste nicht aussuchen“. Der Polizist ist ständig besoffen, der Bürgermeister verbreitet dumpfe Parolen und der Geistliche verteilt im Unterricht Ohrfeigen.

Gnadenlose Darstellung seiner Umgebung

In diesem Milieu wuchs Manfred Deix auf und dieses Milieu hat er gnadenlos und überhöht in seinen Karikaturen wiedergegeben. Der Film wirft ein Blitzlicht auf den pubertierenden Rotzbub, der nicht Wirt, sondern Zeichner werden will. Seine ersten Zeichnungen der dickbusigen Verkäuferin der Fleischhauerei werden ein Renner.

Der picklige Klassenkamerad vervielfältigt sie ohne Wissen des Rotzbubs und macht ein großes Geschäft damit. Der wiederum bekommt seinen ersten Auftrag. Onkel Neidhardt, ein studierter Kunstmaler, soll das Wandgemälde am Rathaus, inklusive Hakenkreuz, aktualisieren und stellt den Rotzbub zum Farbe rühren an. Das soll Folgen haben.

Der Rotzbub verliebt sich in Mariolina

Inzwischen ist die hübsche schwarzhaarige Mariolina aufgetaucht, die im Film, wie in der Zeit üblich, Zigeunerin genannt wird, und der Rotzbub ist hingerissen. Aus dieser Situation entwickelt sich das Geschehen, das mit einem großen Eklat endet.


Mariolina. Foto: Pandora Film Verleih

Dass ihre Mutter es wagt, mit ihr ins Gasthaus zu kommen, wird von den Männern so kommentiert: „Eigentlich sitzen Weiberleut in der Kucherl.“

Wer die Zeichnungen von Manfred Deix kennt, findet viele Ähnlichkeiten der Figuren im Film wieder. Derb, überzeichnet sind die Dorfbewohner, unsympathisch und gefährlich in ihrem Fremdenhass und ihrer Scheinheiligkeit, aber es gibt auch Lichtblicke, so Poldi, der Wirt der neuen Bar, in der es eine Jukebox gibt und der immer ein Bier für den Rotzbub parat hält.

Passende musikalische Begleitung

Die Musik von Gerd Baumann passt sich exakt der Atmosphäre an und lässt auch die Liebe von Manfred Deix für die Beach Boys durchscheinen.

„Willkommen in Siegheilkirchen“ ist auch für den Nichtfan von Animationsfilmen empfehlenswert, zum einen, um den österreichischen Zeichner Manfred Deix kennenzulernen, zum anderen aber auch mit deftigstem Humor die dumpfe bigotte Enge der niederösterreichischen Provinz der sechziger Jahre zu erleben. Ansätze davon gibt es heute noch und nicht nur in Siegheilkirchen.

Der Film „Willkommen in Siegheilkirchen“ läuft heute und morgen im FoolsKINO Holzkirchen und im Oberland Kinocenter Hausham.
Die Dauerausstellung „Die Welt des Manfred Deix“ im Karikaturmuseum Krems wird permanent gezeigt und jährlich aktualisiert.

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