Der Bauer und der Bobo

Wutbauer und Ökofuzzi

Biobauer Markus Bogner und Tom Modlinger vom FoolsKINO. Foto: MZ

Film mit Diskussion in Holzkirchen

Erfrischend humorvoll und dennoch ernsthaft und tiefschürfend durfte das zahlreiche Publikum den Film „Der Bauer und der Bobo“ mit der anschließenden Diskussion mit Markus Bogner im FoolsKINO erleben und erfahren, wie einfach es ist, trotz gegensätzlicher Auffassung zueinander zu finden.

Im Rahmen der Reihe „anders wachsen“ von KulturVision e.V. in Kooperation mit Tom Modlinger lockte wie bereits beim Film „Diagnose Demenz“ die Dokumentation von Kurt Langbein „Der Bauer und der Bobo“ viele Menschen zur Matinee ins FoolsKINO Holzkirchen.

Der Film basiert auf dem gleichnamigen Buch von Florian Klenk, Chefredakteur der österreichischen Wochenzeitung „Falter“. Ausgangspunkt ist ein auf Facebook ausgetragener Streit. Der Journalist hatte ein Gerichtsurteil gebilligt, das einem Almbauern Schuld zuwies. Eine freilaufende Kuh auf der Alm hatte eine Frau zu Tode getrampelt, deren freilaufender Hund die Kuh erschreckte.

Arroganter Oberbobo

Der steirische Bergbauer Christian Bachler wütete daraufhin gegen ihn, der gelernte Jurist habe keine Ahnung von der Landwirtschaft, spiele sich in seiner Arroganz auf und meine er könne belehren. Dabei habe er als Oberbobo noch nie Existenzangst haben müssen. „Steigen Sie ab von Ihrem hohen Ross und kommen Sie eine Woche zu uns, wir wollen von Ihrer universellen Weisheit profitieren.“

Der Bauer und der Bobo
Auf der Alm. Foto: Langbein & Partner

Florian Klenk nahm an. „Er hatte recht, ich hatte keine Ahnung von der bäuerlichen Gesellschaft“, sagt er und zudem hätten die Medien in der Verständigung von Stadt und Land versagt. Er reist in das ferne Krakautal, wo Christian Bachler mit seiner Mutter Maria auf 1450 Meter Höhe einen Biobauernhof betreibt.

Nach dem Tod des Vaters musste er mit 20 Jahren den Hof übernehmen, mit Krediten baute er seine Landwirtschaft mit Kühen, Schweinen, Yaks, Hühnern, Gänsen und Puten auf, investierte in Selbstvermarktung und schuf eine Art Paradies der alternativen Landwirtschaft. Aber sie entsprach nicht den EU-Vorschriften, der Milchpreis brach ein und er blieb auf seinen Schulden sitzen.

Probleme und Angst

Bobo Florian Klenk lernt das Leben des Bauern aus nächster Nähe kennen, klettert mit hinauf zu den Yaks, die Landschaftspflege betreiben, sieht den Schweinen zu, die den Boden umgraben und ist bei der Schlachtung dabei, die im Gegensatz zur Praxis auf Schlachthöfen keine Qual sein muss. In den Gesprächen mit Christian Bachler, der als Wutbauer auf Facebook bekannt ist, erfährt er von den Problemen und der Angst, die diesen umtreiben.

Der Bauer und der Bobo
Selbstvermarktung. Foto: Langbein & Partner

Als der Hof versteigert werden soll, startet er eine Crowdfunding-Aktion, die in zwei Tagen 420 000 Euro einbringt. Mutter Maria sagt „ein Geschenk des Himmels“, Christian Bachler aber sagt: „Stopp, bitte nicht mehr“, er sei nicht der Einzige, der vor dem Ruin stehe.

Unumstritten ist der Bergbauer nicht. Eine Szene des Films zeigt den Stammtisch im Dorf, wo der Bachler, der immer nur am Handy drücke aber auf seinem Hof sehe es zum Grausen aus, in Abwesenheit ordentlich Schelte bezieht.

Dorfleben ist untergegangen

Florian Klenk indes fährt zu seinem Vater in das Dorf der Kindheit und muss erfahren, dass das Dorfleben zugunsten versiegelter Gewerbegebiete untergegangen ist.

Als Christian Bachler zum Gegenpraktikum beim Falter in Wien eintrifft und das Bobo-Leben kennenlernt, meint er, nach drei Tagen sei es genug, länger brauche er die Stadt nicht.


Christian Bachler und Florian Klenk. Foto: Langbein & Partner

Der Film lotet humorvoll ebenso wie sachlich tiefgründig den Gegensatz zwischen Stadt und Land, wütendem Bauer und ignorantem Ökofuzzi aus, die durch intensives Miteinander die jeweilige Position des anderen verstehen lernen, auch wenn sie sie nicht unbedingt teilen. Ein Muss nicht nur für Bauern, sondern vielmehr für alle Ökospießer, die meinen, sie wissen, wo es lang geht.

In der angeregten Diskussion arbeitet Biobauer Markus Bogner zunächst heraus, dass ein Part in dem Film fehle, nämlich die Schnittstelle zwischen Verbraucher und Erzeuger. An dieser Stelle könne jeder für eine, wie er es nannte, artgerechte Bauernhaltung mitwirken, indem er sich die Frage stelle, wo kaufe ich ein?

Kontakt Erzeuger zu Verbraucher

Die Kernaussage des Films laute, so hieß es aus dem Publikum, dass es die flächengebundene Landwirtschaft brauche, also dass nur so viele Tiere gehalten werden dürfen, wie der Hof an Nutzfläche habe.

Wichtig aber sei auch, darin waren sich alle einig, und das war letztlich ebenso eine Kernaussage des Films, dass der verloren gegangene Kontakt von Erzeuger zu Verbraucher hergestellt und mit Emotionen aufgeladen werden muss. Wieder miteinander ins Gespräch kommen, so wie der Bauer und der Bobo.

Hannes Jaenicke in Holz?

Er habe Hannes Jaenicke zu einem Praktikum auf seinem Hof in Holz eingeladen, schloss Markus Bogner die Diskussion. Der hatte kürzlich gemeinsam mit Sky Dumont in einer Talkshow behauptet, dass Milchviehhaltung eine bestialische Quälerei sei. Eine Antwort habe er nicht bekommen.

Der nächste Film in der Reihe „anders wachsen“ läuft am 15. Januar um 11 Uhr. Tom Dauer zeigt im FoolsKINO „Skitour ins Ungewisse“

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