Schamanisches und westliches Wissen
Cécile de France und Tserendarizav Dashnyam in „Eine größere Welt“. Foto: C. Haut et Court
Filmmatinee in Holzkirchen
Auf großes Interesse stieß die Filmmatinee der Reihe „anders wachsen“ von KulturVision im FoolsKINO am gestrigen Sonntag. „Eine größere Welt“ zeigt die spirituelle Suche einer jungen Witwe. In der Diskussion stellte Moderatorin Karin Sommer die Filmaussage in einen größeren Kontext.
Der Film startet mit zauberhaften Liebesszenen, die dann in die große pure Einsamkeit münden, nachdem Paul verstorben ist. Corine nimmt ein Angebot an, für Tonaufnahmen in die Mongolei zu fliegen.
Narantsetseg Dash und Cécile de France. Foto: C. Haut et Court
Mit wunderschönen Naturaufnahmen in der Steppe und den wilden Pferden leitet der Film in die andere Welt über, in der Corine der Schamanin Oyun begegnet. Während einer Trommel-Zeremonie beginnt die Trauernde zu zittern, wie ein Wolf zu heulen und attackiert die Schamanin. Diese holt sie aus dem Trancezustand zurück und sagt ihr, dass der Geist des Wolfes in sie gefahren sei und sie lernen müsse, diese Gabe zu nutzen.
Achte auf das, was du tust
Corine aber fliegt zurück und muss erleben, dass sie bei ihren Trommelaufnahmen wieder in Trance gerät und von ihrer Schwester in die Psychiatrie gebracht wird. Dort will man sie mit Medikamenten heilen. Sie aber hofft durch den Zugang zu der größeren Welt Kontakt zu ihrem Mann zu bekommen und fliegt zurück in die Mongolei.
Cécile de France. Foto: C. Haut et Court
Dort wird sie von der Schamanin zum Holz hacken, Wasser holen und Melken abgestellt mit der Aufforderung: „Achte auf das, was du tust.“ Ihrer Ungeduld, wieder eine Zeremonie zu erleben, begegnet Oyun mit der Aussage: „Du willst den Namen der Blume wissen, bevor du den Samen gelegt hast.“
Sie findet selbst aus dem Trance zurück
Der Film „Eine größere Welt“ beleuchtet auch, dass die mongolischen Schamanen durchaus für Touristen und Geld ihre Zeremonien veranstalten, dann aber werden nicht die Geister gerufen, sondern Kochrezepte heruntergebetet.
Cécile de France (Corine), Schamanin Oyun (Tserendarizav Dashnyam), Naraa (Narantsetseg Dash). Foto: C. Haut et Court
Endlich ist es so weit und Corine bekommt Maultrommel, Rüstung, Reittier und Trommel. Sie fällt wieder in Trance, dargestellt durch wirbelnde Bilder und letztlich Lichterscheinungen, sie findet eigenständig zurück, ist aber enttäuscht: „Ich habe ihn nicht gesehen.“ Nachdem sie letztlich doch von Paul Abschied hat nehmen können, feiert sie mit ihren Gastgebern ein fröhliches Fest.
Anstoß zur Forschung
Im Abspann erfährt das Publikum, dass der Film auf der wahren Geschichte von Corine Sombrun beruht, die nach ihrer spirituellen Erfahrung den Anstoß für die wissenschaftliche Erforschung der Trance der Schamanen gab.
Karin Sommer führte in die Diskussion mit einer Einordnung des Filmes ein. Die Heilpraktikerin für Psychotherapie befasst sich schwerpunktmäßig mit hochsensiblen Menschen. „Das wird oft als psychische Störung angesehen, ist aber eine Charaktereigenschaft“, sagte sie.
Besondere Wahrnehmung
Ebenso wie in dem Film die besonderen Fähigkeiten von Corine angezweifelt werden, so sei es auch mit diesen Menschen, die die Gabe der besonderen Wahrnehmung haben. Eine Schlüsselszene des Filmes sei die, in der Oyun sie zum Dableiben überreden will, sie aber rebelliert und erst zurückkehrt als sie weiß: Das ist mein Weg.
„Es ist verführerisch, das eigene Leben in die Hand anderer Menschen zu geben, ob Schamanen oder Therapeuten“, betonte Karin Sommer. Jeder müsse seinen Weg selbst finden.
Anderssein und dazugehören
Sie plädierte auch dafür, das Anderssein zu akzeptieren und trotzdem dazuzugehören. „Das ist dann die größere Welt.“ Trance als besondere Gabe ähnle im Gehirn der Depression, Manie oder Schizophrenie. Da Schamanen bewusst hinein und wieder heraus aus der Trance kommen können, sei dies eine Möglichkeit, auch kranke Menschen aus dem Zustand herauszuholen. „Der Film bringt die Welt der Schamanen und der westlichen Wissenschaft zusammen.“
Moderatorin Karin Sommer. Foto: Petra Kurbjuhn
In der Diskussion wurde deutlich, dass die westliche Wissenschaft zu sehr auf den Verstand fokussiert ist, aber Körper und Emotionen einbezogen werden müssen. Die Kunst schaffe es an den Emotionen zu rühren, um das Innere nach außen zu bringen und sichtbar werden zu lassen.
Besondere Gaben nicht nur für sich nutzen
Letztlich gehe es darum, so Karin Sommer, besondere Gaben nicht nur für sich selbst zu nutzen, sondern zu überlegen, wie sie für die Gesellschaft nutzbar gemacht werden können.
Zum Weiterlesen: Wutbauer und Ökofuzzi