Taiwankatze

Die Taiwankatze in Schliersee

Cover von „Taiwankatze“. Foto: MZ

Buchtipp von KulturVision

Welch zauberhaftes Buch! Ich habe „Taiwankatze“ in einem Ritt durchgelesen. Als Katzenfreundin und als Interessierte an anderen Kulturen, am Fremdsein und Angekommensein ist es ein Genuss zu lesen. Es soll am heutigen Ostersonntag Freude und Inspiration bescheren.

Kürzlich hatte KulturVision Susanne Hornfeck und Bernhard Setzwein in das Literaturcafé eingeladen. Unter der Moderation von Peter Becher erzählte die Schlierseer Sinologin, Übersetzerin und Schriftstellerin aus ihrem Leben, das eine enge Verbindung zu China hat.

Lesetipp: Über das Fremde im 3. Literaturcafé

Sie erzählte auch von ihrem fünfjährigen Aufenthalt in Taipeh, wo sie gemeinsam mit ihrem Mann lebte und an der Universität Deutsch lehrte. Dort traf sie eine Chinesin, die akzentfrei Deutsch sprach. Aus deren bewegtem Leben entstand ihr erster Roman „Ina aus China“.

Jetzt hat Susanne Hornfeck die über dreißig Jahre zurückliegende Zeit in Taipeh und ihre Rückkehr nach Schliersee in dem Buch „Taiwankatze“ nachempfunden. „Eine Grenzüberschreitung“, so heißt es auf dem Cover. Diese Grenzüberschreitung betrifft die Grenze der Länder, der Kulturen, der Sprache, der Menschen, aber auch der Grenze zwischen Mensch und Katze.

die Fremde
Beim Literaturcafé: Susanne Hornfeck mit Peter Becher und Bernhard Setzwein. Foto: Petra Kurbjuhn

Die Schriftstellerin beschreibt ihr Leben in Taipeh in engem Zusammenhang mit der Katze Shaobai, was „wenig Weiß“ bedeutet und auf ihren weißen Kinnfleck zurückzuführen ist. Sie wird ihr von chinesischen Freunden überlassen, um die in ihrem Haus rumorenden Ratten zu vertreiben.

Die Wildkatze wird in den kommenden fünf Jahren in der fremden Stadt zu einer Begleiterin, einem Familienmitglied, ja, zu einer Freundin. Susanne Hornfeck verfällt aber keineswegs in den Fehler, die Katze zu vermenschlichen, dies würde Shaobai auch gar nicht zulassen, denn sie ist eine eigenwillige Katzenpersönlichkeit mit eigenem Willen. Dies äußert sie durchaus auch mit ihren ausgefahrenen Krallen.

Ein bisschen wie Heimkommen

Humorvoll beschreibt die Autorin das Zusammenleben der zwei Deutschen mit der Katze. So wartet Shaobai abends, wenn sie von der Universität kommt, bereits auf sie, darf aber nicht sofort begrüßt werden, sondern erst, wenn sie auf ihren Baum geklettert ist und von dort bewundert werden kann. Sie erkennt, wenn der Ehemann, im Buch G. genannt, Ischias hat und legt sich heilend an seine Seite.

Und sie weiß ganz genau, wann ihre hausgenossen von ihrem Sommerurlaub am Schliersee zurück nach Taipeh kommen. Sobald sie telefonisch ihre Ankunft ankündigen, rast sie wie eine Wilde durch das Haus. „Es ist schön, erwartet zu werden. Ein bisschen wie Heimkommen“, schreibt Susanne Hornfeck.

Was ihr aber gar nicht behagt, das ist, wenn sie in ihren Vorrichtungen gestört wird, dann kann sie auch gewalttätig werden, ebenso, wenn ihr eine Besuchskatze vor die Nase gestellt wird. Sie entscheidet, wer ins Haus kommt und wer nicht.


Susanne Hornfeck. Foto: privat

Die Autorin beschreibt ebenso einfühlsam auch das eigene Fremdsein in Taipeh, obwohl sie die Sprache spricht. Die Kultur aber, das Klima, das ganze Leben ist fremd und wenn sie im Deutschunterricht den Osterspaziergang rezitiert, stößt sie auf Unverständnis, denn solch ein Frühlingserwachen kennen die Chinesen nicht.

Als die fünf Jahre herum sind, beschließt das Ehepaar, die Katze mit an den Schliersee zu nehmen. Ein freundlicher Zollbeamter ermöglicht es, dass sie Shaobai mit in die Kabine nehmen dürfen. Sie hält es zwanzig Stunden in ihrer Transportbox aus, ohne dass es nass wird. In Schliersee aber angekommen, rast sie in das nächste Beet.

Taiwankatze als Immigrantin

Jetzt ist sie fremd, bewältigt aber das Leben als Immigrantin offenbar mühelos. Susanne Hornfeck indes muss sich neu orientieren und schreibt, dass auch jetzt die Katze dabei helfe, wieder Routine in den Alltag zu bekommen. Sie beschließt, den Roman „Ina in China“ zu schreiben.

In vielen Episoden des Zusammenlebens beweist sich die enge Zusammengehörigkeit von Mensch und Tier ebenso wie das Überwinden von Fremdsein. Die Autorin schreibt in schnörkelloser Sprache, die die Freundschaft mit Shaobai wiedergibt, ohne dass es eine rührselige Katzenstory wird, wie es so viele gibt.

Inspiration holen

Zudem erfährt die Lesende eine Menge über das Leben in Taipeh, etwa, dass Taiwaner Angst vor den Geistern auf dem Friedhof haben oder dass Fengshui Tag und Ort eines Begräbnisses festlegt und nicht die Anordnung von Möbeln.

Das Buch inspiriert dazu, wieder aufmerksam durchs Leben zu gehen, das Verhalten von Tieren zu beobachten, um sich Inspiration zu holen, wie es denn auch funktionieren kann, das Fremdsein, das Ankommen und das Anpassen.

Susanne Hornfeck „Taiwankatze“, Drachenhaus Verlag 2023

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