„Wenn die stade Zeit vorüber ist, wird es wieder ruhiger“
Christine Neubauer im Waitzinger Keller. Foto: Petra Kurbjuhn
Musikalische Lesung in Miesbach
Sympathisch und natürlich ging gestern Abend im Waitzinger Keller die aus zahlreichen Fernsehfilmen bekannte Schauspielerin Christine Neubauer auf das Miesbacher Publikum mit ihren „Weihnachtsgeschicht’n“ zu. Mitgebracht hatte sie ihre alte Ledermappe vom Opa.
In dieser, so erzählte sie, bewahre sie Geschichten und Gedichte auf, die ihre Sehnsucht nach dem Gefühl von Weihnachten beschreiben. Der Opa, in der Au in München aufgewachsen, habe Nikolaus Neubauer geheißen und sei am 6. Dezember geboren. Dessen Vater, seines Zeichens Kaminkehrer, habe noch bei Karl Valentin den Schornstein gefegt und so startete Neubauer mit einem Zitat des Münchner Originals: „Wenn die stade Zeit vorüber ist, wird es wieder ruhiger.“
Dieses Zitat kann über den Texten des Abends stehen, denn die Schauspielerin nahm mit auf eine Reise zwischen Lachen und Nachdenken, eine Berg- und Talfahrt der Gefühle, wie sie sagte. Da gab es Betrachtungen über das Weihnachtswetter, das nicht immer den Wünschen entspricht hin zu den Geschenken, die ebenfalls nicht immer ganz passend sind. Sie fand kritische Bemerkungen zur „Geiz ist geil“-Mentalität oder über Papa und Opa, die das Spiel des Buben lieber selber ausprobieren, als dass der Beschenkte es nutzen darf.
Sie machen es wahr
„Es war einmal“ begann Christine Neubauer eine besonders gelungene Geschichte, die sich an eine „Ausländer raus-Schmiererei“ anschließt. Alle Ausländer nämlich machen es wahr und beschließen in der Tat auszuwandern. Schokolade ebenso wie Bananen, japanische Autos ebenso wie polnische Weihnachtsgänse. Öl und Benzin und Aluminium und Kupfer. Nach drei Tagen blieben übrig: Tannenbäume, Äpfel und Nüsse. Und Maria und Josef entschieden sich zu bleiben, denn „Wer soll ihnen den Weg zeigen?“ „Wo samma dahoam“ intonierte dazu passend die Nachtmusik um Christian Prebeck, eine fünfköpfige Formation aus Niederbayern, die den Abend musikalisch umrahmte.
„Weinnachtsgeschicht’n mit Christine Neubauer und der Nachtmusik. Foto: Petra Kurbjuhn
Mit der Erinnerung von Joachim Ringelnatz „Sei eingedenk, dass dein Geschenk du selber bist“ eröffnete Christine Neubauer den zweiten Teil der Veranstaltung. Immer wieder stand sie auf und trat an die Bühnenrampe um mit dem Publikum direkt Kontakt aufzunehmen. „Wie in meinem Wohnzimmer“, meinte sie, nachdem der verkürzte Saal nicht ausverkauft war.
Jetzt widmete sie sich den Kindern der Neuzeit, wie sie mit Nikolaus und Krippe umgehen, da werden Polizisten hinzugesellt, Maria ins Krankenhaus gebracht und die Nachtmusik zählt die Wünsche der heutigen Kinder auf: iPod und Ronaldo-Shirt.
Das schlechte Gewissen
Höhepunkt des Abends war zweifelsohne die wahre Geschichte, die Christine Neubauer dem Publikum frei erzählte. Sie erinnerte sich an einen Heiligen Abend ihrer Kindheit, an dem es keinen Christbaum mehr zu kaufen gab, sie deshalb mit dem Vater in den Wald ging, um einen zu schlagen. Dort aber übermannte sie das schlechte Gewissen und so bastelte daheim der Vater aus einem alten Stecken und frischen Zweigen „den schönsten Weihnachtsbaum, den wir je hatten.“
Lustiges, wie die Heiligabend-Rallye zu den verschiedenen Verwandten, bei der es einen guten Magen braucht, bis zu Nachdenklichem, nämlich dem Wunsch eines Kindes nach Zeit, schlossen sich an. Mit „Es wird scho glei dumpa“ fand auch die Nachtmusik den Weg zu den Herzen der Miesbacher und Christine Neubauer schloss den Abend mit den Worten: „Ich wünsch dir Zeit um zu lieben.“