Wer macht das Rennen bei Mirandolina?
Vier Bewerber: Detlef Dauer, Bernd Schmid, Franz Steiner und Tony Kainz (v.l.) mit Cathrin Paul. Foto: MZ
Theater-Premiere in Holzkirchen
Fröhliche Musik ertönt am Freitagabend bei der Premiere der Komödie „Mirandolina“ und verleiht dem gut besuchten Fools-Theater ein italienisches Flair. Dem Fools-Ensemble des Freien Landestheaters Bayern gelingt es, das Stück des italienischen Komödiendichters Carlo Goldoni in einem neuen italienisch-bayerischen Licht zu präsentieren. Eine gelungene Inszenierung des Theaterstücks rund um die temperamentvolle Wirtin Mirandolina, ihren vier Verehrern Marchese, Conte, Fabrizio und Cavaliere und den beiden Schaustellerinnen Ortensia und Dejanira.
Ein Stück Italien in Holzkirchen
Ort des Geschehens ist der Gasthof Mirandolinas, gespielt von Cathrin Paul, den sie seit dem Tod ihres Vaters selbstständig führt. Auf der Bühne stehen zwei Tische mit Stühlen. Der Hintergrund zeigt die Hausfassade des Gasthofs in einem angenehmen hellen Farbton. Die Geschichte spielt im Jahr 1753, wie das Publikum über dem Eingang lesen kann. Das liebevolle Bühnenbild von Lizzie Hladik erzeugt in seiner schlichten, aber wirkungsvoll umgesetzten Art ein Gefühl von lauem Sommerabend im Freien. Efeuranken an der Hausfassade und zahlreiche bunte Blumen in Blumentöpfen verstärken diesen Eindruck.
Die Verehrer von Mirandolina
. Bernd Schmid, Detlef Dauer und Franz Steiner (v.l.)Foto: MZ
Mit einer sportlichen Einlage erscheint Franz Steiner in seiner Rolle als stark verliebter Marchese, der seine Angebetete jederzeit beschützen will. In einem quietschgelben Trainingsanzug, bademantelähnlicher Jacke, Schuhe und Stirnband springt er über und von der Bühne und bringt so eindrucksstark den überdrehten Charakter seiner Rolle rüber. Den fast manischen Gefühlsausbrüchen und Liebesbekundungen seines Charakters für Mirandolina, schafft es Franz Steiner, mit Feuer in den Augen ausdrucksstark darzustellen.
Auf anderen Wegen versucht Conte, gespielt von Detlef Dauer, seine Herzensdame zu erobern. Mit einem deutlich feineren Kostüm, großen Goldketten und schweren Ringen an der Hand überhäuft er Mirandolina mit Geschenken, um ihre Liebe für sich zu gewinnen. Mit seiner tiefen Stimme, zurückgekämmten Haaren, grauen Bart, sowie einer zurückgelehnten, gemütlichen Haltung und ruhigeren Handbewegungen verkörpert Detlef Dauer hervorragend den bequemen Conte, der in Geld die Lösung für alles sieht.
Die Gläser der Verehrer – so unterschiedlich wie ihre Charaktere. Foto: MZ
Tony Kainz als Fabrizio ist der letzte der drei Verehrer und fleißiger Angestellter an Mirandolinas Gasthof. Mit den gekonnten Bewegungen eines beflissenen Kellners serviert Tony Kainz den Gästen des Gasthofs ihren Wein. Durch seine sanften Gesichtszüge und die zarten Blicke macht er Fabrizios bedingungslose Liebe deutlich. Auch die gelegentlich aufkommende Eifersucht porträtiert Tony Kainz mit so deutlichem Nachdruck, dass Fabrizios Schmerz und Verzweiflung über seine unerfüllte Liebe für das Publikum unübersehbar sind.
Einer ist anders
Bernd Schmid und Cathrin Paul, im Hintergrund Tony Kainz. Foto: MZ
Eine schauspielerische Glanzleistung liefert Bernd Schmid als Cavaliere. Sein altes Buch und die Lesebrille als Requisiten verstärkten das Bild eines gebildeten Herrn, der sich nichts aus Frauen macht. Mit einem strengen Blick über den Brillenrand hinweg und abfälligen Gesten inszeniert Bernd Schmid mit Bravour einen nahezu hochnäsigen Cavaliere, der von Mirandolina noch eines Besseren belehrt wird. Bis ins kleinste Detail sitzt die Mimik und Gestik, mit der er es schafft, den inneren Zwiespalt zwischen seiner Verachtung für Frauen und seiner wachsenden Zuneigung zu Mirandolina darzustellen.
Mirandolina hat die Hosen an
Bernd Schmid und Cathrin Paul. Foto: MZ
Die Frau der Stunde ist Cathrin Paul als Mirandolina. Sie begeistert das Publikum von Beginn an mit ihrer raumeinnehmenden Bühnenpräsenz. Die Inszenierung der Protagonistin als eine charakterstarke, selbstständige Frau, die jeden Mann gekonnt um ihren Finger wickelt, gelingt Cathrin Paul scheinbar mühelos. Mit ihrem bayerischen Dialekt verleiht sie Mirandolina einen bodenständigen und charmanten Charakterzug, den sie mit einem verführerischen Blick in Richtung Cavaliere, komplettiert. Auf Cathrin Pauls kesse Darstellung der Annäherungsversuche, folgt belustigendes Gelächter aus dem Publikum.
Kunterbuntes Treiben
Ursula Lippkau und Judith Heimerl. Foto: MZ
Frischen Wind bring die Ankunft von Ortensia und Dejanira, gespielt von Judith Heimerl und Ursula Lippkau. Das leuchtend gelbe aufgebauschte Kleid von Ortensia, mit lila Schleifen und lila glitzernder Handtasche, spiegelt gekonnt ihren überspitzen Charakter wider. Zusätzlich untermalt dies Judith Heimerl mit ausfallenden Handbewegungen und einem angemessenen, schrillen Lachen. Besonders standhaft präsentiert sich ihre Hochsteckfrisur. Ein wahres Meisterwerk aus geflochtenen und offenen Haaren türmt sich scheinbar ordentlich aber ohne System auf ihrem Kopf und ist so auffällig und chaotisch wie ihre Rolle selbst.
Ruhiger, aber nicht weniger interessant erlebt das Publikum sich Dejanira. Mit ihren großen Augen und den zwei Zöpfen versteht es Ursula Lippkau, ein unschuldiges Bild zu erzeugen. Doch schon bald lässt Ursula Lippkau durch den Einsatz von Witz, Shakespeare-Zitaten und spitzbübischen Blicken die eigentliche Natur Dejaniras erkennen – die einer intelligenten und ironischen Frau.
Ursula Lippkau und Judith Heimerl mit Bernd Schmid. Foto: MZ
Inszenierung mit viel Witz
Die drei Verehrer mit der in Ohnmacht gefallenen Mirandolina. Foto: MZ
Die italienisch-bayerische Inszenierung trifft es auf den Punkt. Mit der Verwendung von italienischer Musik zwischen den Szenen und den ortsbezogenen Witzen gelingt der Regie eine flotte Kombination. Aktiv lassen die Figuren das Publikum in Monologen an ihren Gedanken teilhaben. Da während solcher Monologe andere Charaktere in den Hintergrund oder von der Bühne wandern, entsteht das Gefühl eines Dialogs und eine stärkere Verbindung zwischen den einzelnen Rollen und dem Publikum.
Die Geschichte der emanzipierten Frau, die weiß was sie will, wird in der Inszenierung klar herausgearbeitet. Wer zum Schluss das Rennen bei Mirandolina macht? Hingehen!
Beim Schlussapplaus mit Ingrid Huber. Foto: MZ
Die gelungene Inszenierung trägt die Handschrift von Markus H. Eberhard, der die Leitung gegen Ende der Proben krankheitsbedingt abgeben musste. An seiner Stelle übernahm Ingrid Huber zusätzlich zu Kostüm und Maske die Regie. Tatkräftige Unterstützung erhielt sie von Verena Roll in der Maske und Korbinian Langl, der von Anfang an und zum ersten Mal als Regieassistent mitwirkte.