Waghubinger – seines Zeichens Wahl-Schwabe, der sein österreichisches Natur-Jammern virtuos mit deutscher Gründlichkeit verwirkt. Foto: Gero Gröschel

Nur noch vier Monate bis Weihnachten. Das Kulturzentrum Waitzinger Keller hat für die Wartezeit das passende Programm parat. Und das ist wie das aktuelle Wetter draußen: heiß bis explosiv. Begleiten Sie uns auf eine subjektive Kultur-Trüffel Suche.

Herbstprogramm im Kulturzentrum Waitzinger Keller Miesbach

Viele Menschen im Landkreis sagen: Ohne das Kulturzentrum Waitzinger Keller (KWK) sei hier bei uns fast nichts los. Stimmt natürlich so nicht ganz, aber dran ist daran schon etwas. Besonders, wenn die Tage wieder kürzer werden. Der Apfelkuchen die Erdbeerschnitte aus den Kuchentheken verdrängt, Pfifferlinge und Kohl in den Küchen Einzug halten und die Sportgeschäfte Bergschuhe gegen die Skier aller Art austauschen, wissen wir: Das Leben zieht sich im Oberland wieder langsam in die geschützten Innenräume oder auf die beschneiten Pisten zurück.

Kulturgenuss ist Privileg

Neben dem Holzkirchener Kultur im Oberbräu, der Kulturbühne Waakirchen, der Weyhalla und den vielen kleinen Bühnen im Kreis übernimmt das KWK den wichtigen Auftrag uns Bürger aus den heimischen Wohnzimmern in die Veranstaltungssäle zu locken. Was vor den Pandemiejahren zum Selbstverständnis gehörte, ist nun wieder ein erlebtes Geschenk – ein Privileg geworden: Das gemeinsame Erleben von Kunst, Musik, Varieté, Comedy und Ausstellungen. Denn eines ist nach Corona klar: Selbstverständlich ist gar nichts mehr heutzutage.

„Austronautenbop“ mit Indie Jazz – die ultimative Musikshow mit Manuel Kuthan’s Glitzerbeisl Foto: Ines Wagner

Für das Herbstprogramm 23 hat sich das Team vom KWK um Isabella Krobisch und Amelie Knaus mal wieder mächtig ins Zeug geworfen. Von BayernPop, über Klassikperlen, Chansons, Comedy, Britpop der alten Schule, Oper bis hin zu den traditionellen Klangwelten des Oberlandes hat das vierte Quartal im KWK einiges für den Musikfan zu bieten. Hinzu kommen Theateraufführungen für die großen und kleinen Menschen. Sowie wunderbare Ausstellungen, die ein oder andere Hommage und allerlei Informatives für jeden Gebrauch.

Versteckte Schätze verdienen mehr Zuspruch

Wie in jedem guten Programm gibt es die Kultur-Perlen, die einfach so bekannt und beliebt sind, dass sie kaum weiteres Werben benötigen, um den Saal zu füllen. Oft jedoch sind es die kleinen Kultur-Trüffel, tief im Unbekannten und vor den Blicken versteckte Schätze, die den besonderen Reiz eines guten Programmes ausmachen. Gern übersehen, als „ganz nett, aber nie von gehört“ oder schlichtweg „was soll das denn sein“ abgetan, die unsere besondere Beachtung verdienen. Auf der Suche nach diesen besonderen Programmelementen im vierten Quartal erhielten wir unerwartet prominente Unterstützung.

Als Kultur-Trüffel-Sucherin im Einsatz für die KulturVison – Bildhauerin Lisa Mayerhofer. Foto: Privat

Wie es manchmal so wundersam der Zufall plant, haben wir bei unserem Anruf im Büro des KWK Lisa Mayerhofer am Apparat. Keine Geringere als die bekannte Bildhauerin, über die Monika Ziegler im Januar schrieb, sie sei in der Lage „… verborgene, unbeachtete Objekte sichtbar zu machen“. Na dann – gehen wir mit Lisa Mayerhofer, die im KWK im Kartenverkauf und der Touristeninformation arbeitet, auf die Kultur-Trüffel-Sucheim neuen Programm des Waitzinger Kellers. Was sie eigentlich gar nicht will – „Ich bin hier nicht für das Programm zuständig“ – wir jedoch ignorieren. Sie scheint uns prädestiniert für die Aufgabe.

Abseits der vertrauten Pfade

„Das Herbstprogramm 23 ist wirklich toll“, sagt sie dann auch, doch so von ihrer ganz persönlichen Warte her, seien da drei Veranstaltungen, auf die sie sich ganz besonders freue: „Den österreichischen Kabarettisten Stefan Waghubinger am 23. November, die Verrückten in Manuel Kuthan’s Glitzerbeisl am 24. November und das großartige Varieté-Theater des Gankino Circus kurz vor Silvester am 30. Dezember.“ Nicht die großen Publikumsmagneten, aber nach Einschätzung der in Bayrischzell geborenen Künstlerin allesamt einen den Ticketkauf wert. „Meine Freunde dürfen sich jetzt schon auf die Weihnachtsgeschenke in diesem Jahr freuen“, berichtet Lisa Mayerhofer lachend am Telefon.

Gankino Circus mit Maximilian Eder, Simon Schorndanner, Johannes Sens und Ralf Wieland. Foto: privat

Ebenso liegt der Bildhauerin der Auftritt des Autors und Kabarettisten Sebastian Schlagenhaufer und seinem Musikerkollegen Ramon Bessel am Herzen. Mit ihrem Programm „Operation HEIL!Kräuter“ nehmen die beiden Künstler ihr Publikum mit auf die Reise in das Kabarett-Treiben der NS-Zeit. Passend zum 85. Jahrestag der Novemberpogrome 1938 am 9. November präsentieren Sebastian Schlagenhaufer und Ramon Bessel Auszüge aus Programmen der damaligen Künstler wie etwa Erika Mann in der „Pfeffermühle“, Werner Fink oder auch Karl Valentin. Wenn, das mal kein wahrer Kultur-Trüffel ist

Heil-Kräuter und Karl Valentin

Letzterer zeichnet mit seinem Zitat „Der Herr Hitler kann froh sein, dass er nicht Kräuter heißt. Sonst müssten wir immer Heil-Kräuter rufen“ für den ungewöhnlichen Titel des Programmes verantwortlich. Neben den Kabarett-Einlagen gewährt der Kabarettist Einblicke in die Lebensgeschichten und Schicksale der Künstler bei ihrer Arbeit in der NS-Diktatur. Ein Stück Zeitgeschichte ohne den erhobenen Zeigefinger doch mit viel Humor. Aktueller und erlebenswerter denn je.

Kabarett im Schatten des „Dritten Reichs“ bringt die „Operation HEIL!Kräuter“ der Künstler Sebastian Schlagenhaufer und Ramon Bessel auf die Miesbacher Bühne. Humorvoll und Spannend Foto: @Stefan Rossmann

Soweit die von Lisa Mayerhofer im Herbstprogramm 23 des KWK aufgespürten Kultur-Trüffel. Wie bekannt, ist Geschmack nicht übertragbar. Daher unser Rat: Nehmen sie sich die Zeit und entdecken sie ihre ganz persönlichen Highlights im vierten Quartal auf der Bühne des Waitzinger Kellers. Es lohnt sich definitiv – völlig egal, ob Perle oder Trüffel. In unserem Kulturkalender und in der Onlineversion der KulturVision werden wir Sie wie gewohnt regelmäßig über alle Veranstaltungen auch im KWK informieren.

Zitat: Die Kultur muss alles aufbieten, um den Aggressionstrieben der Menschen Schranken zu setzen. (Oscar Wilde)