Valley erzählt

Premiere für das Erinnerungsprojekt “Valley erzählt”

Hände haben viel zu erzählen. Foto: Manfred Lehner

Film- und Fotoprojekt in Valley

Es ist ein wertvolles Projekt, das seit 2015 in Valley lief und das Archiv der Gemeinde mit Zeitzeugenberichten bereichern will. In drei Filmen sowie begleitenden Fotografien wurden Menschen aus der Gemeinde über ihr Leben befragt.

Der Saal des Valleyer Schlossbräu war am vorletzten Abend der diesjährigen Valleyer Kulturtage brechend voll. Die Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde wollten die gelebte und erzählte Geschichte in und aus Valley mitverfolgen. Auch die begleitende Musik hatte etwas mit der Geschichte zu tun: Annemarie Hagn und Fredi Jaschke sind Flüchtlinge in zweiter Generation.

Valley erzählt
Emil Ahlhelm, Monika Ziegler, Anja Gild und Manfred Lehner (v.l.). Foto: Petra Kurbjuhn

2015 startete das Erinnerungsprojekt „Valley erzählt“. Emil Ahlhelm, Anja Gild, Manfred Lehner und Monika Ziegler hatten alle vier den Wunsch, Valleyer Bürgerinnen und Bürger zu Themen rund um die Ortschaft Valley zu befragen, ihre Erinnerungen, Gefühle und Eindrücke zu dokumentieren und damit ein Stück Geschichte der Ortschaft und der Menschen im Film und Foto zu archivieren – als Zeugnis gelebter Geschichte.

Beitrag zur Geschichte

Im Laufe der Jahre entstanden drei Interview-Filme sowie einfühlsame Porträtfotos der Erzählenden. Alle drei Filme und die Fotos wurden in ihrer Gesamtheit nun zum ersten Mal der Öffentlichkeit vorgestellt. Anja Gild, die zusammen mit Monika Ziegler die Interviews vorbereitete und durchführte, moderierte den Abend und sagte: “Mit dem Erinnerungsprojekt wollen wir einen Beitrag zur Geschichte der Gemeinde Valley und vor allem einen Beitrag zur Geschichte seiner Bewohner leisten.”


Hans Oberberger, Jimmy Adelsberger und Dr. Sixtus Lampl (v.l.). Fotos: Manfred Lehner

Von Anfang an führte Emil Ahlhelm die Kamera und Manfred Lehner fotografierte die Erzählenden während der Interviews. Es entstanden dabei authentische Porträtfotografien, aber der Valleyer Fotograf widmete sich auch den Händen. „Sie können so viel erzählen“, sagte er, etwa wie viele Bierkrüge denn Rosi Weinzierl im Laufe ihres Lebens geschleppt habe.

Gründung der DJK

Die Wirtin des Kirchenwirts war eine der drei Protagonisten des ersten Films „Kindheit und Jugend in Valley“. Gemeinsam mit Helmut “Jimmy” Adelsberger und Hans Obermeier erzählte sie, wie sie Krieg und Nachkriegszeit erlebten. Das war schwer und zuweilen auch komisch, dann wenn es um die großen Feste ging. „Sowas gibt’s heute nicht mehr“, kommentierte Hans Oberberger. Und Jimmy Adelsberger erzählte von der Gründung der DJK in Darching, weil es keinen Platz zum Fußballspielen gegeben habe.


Resi Weinzierl und Anja Gild mit Emil Ahlhelm. Fotos: Manfred Lehner

Es bedurfte kaum der Fragen der beiden Interviewerinnen, die drei Valleyer hatten so viele gemeinsame Erinnerungen, die sie zur großen Freude des Publikums mitteilten, auch wenn es um solche Themen ging wie „Kriegsflugzeuge überall“ oder „Als Silberstreifen vom Himmel fielen“. Es gab auch nur „Ein Rechenbuch für alle“ nach dem Krieg und mit dem Schulbesuch war es nicht weit her. Im Publikum saß Hans Oberberger selbst und die Familien von Resi Weinzierl und Jimmy Adelsberger.

Den Ort mitgeprägt

Emil Ahlhelm, damals noch Schüler, heute Student an der Filmakademie München, sagte: „Ich habe gern mitgemacht, denn so konnte ich ein Teil der Geschichte des Ortes sein und konnte Geschichten hören, die ich sonst nie gehört hätte.“

Für die Interviews wurden bisher elf Valleyer Bürgerinnen und Bürger befragt, die ihr Leben weitestgehend in Valley verbracht sowie durch ihre Persönlichkeit den Ort wesentlich mitgeprägt haben.


Ernst Brunner, Alfred Jaschke und Anni Hagn (v.l.). Fotos: Manfred Lehner

„Valley ist wohl der einzige Ort auf der Welt, in dem so ein berühmter Mann lebte ohne dass es nur einen einzigen Hinweis auf ihn gab, bis 2019“, eröffnete Anja Gild den zweiten Teil des Abends. Jetzt aber gebe es am Alten Schloß die von Bildhauer TOBEL geschaffene Tafel, auf der zu lesen ist, dass hier Michael Ende von 1966 bis 1971 lebte.

Lesetipp: In Stein gemeißelt: Michael-Ende-Gedächtnistafel

Im zweiten Film, der 2019 entstand, ging es also um Erinnerungen an Michael Ende in Valley. Hier erzählen Ernst Brunner, Irmgard und Fritz Mager, Sixtus Lampl und Resi Reiterberger, was sie mit dem berühmten Schriftsteller erlebten. Inge und Sixtus Lampl sowie Ernst Brunner nahmen auch an der Veranstaltung teil.


Stimmige Musik von Fredi Jaschke und Annemarie Hagn. Foto: Petra Kurbjuhn

Annemarie Hagn und Fredi Jaschke hatten zur Einstimmung ein von Michael Ende getextetes und komponiertes Stück mitgebracht. Der Wert Michael Endes sei damals nicht erkannt worden, kommentierten die Wegbegleiter. Resi Weinzierl erinnerte ich, dass er gern und meist allein in weitem Mantel und Hut zu ihr zum Essen gekommen sei, immer freundlich. Die Restaurierung des alten Gerichtsgebäudes indes sei eine Herkulesaufgabe gewesen und habe ihn überfordert, darin waren sich alle einig. Kübel voller Schutt habe seine Frau hinausgetragen, aber letztlich hätte das Ehepaar resigniert und verkauft.

„Unendliche Geschichte“ und Valley

Eins aber sei sicher, sagte Anja Gild. „Der Dachstuhl des Gebäudes, das von Inge und Sixtus Lampl grundlegen saniert wurde, ist das Vorbild für die ,Unendliche Geschichte‘.“

Schon 2015 wurden die ersten Interviews für den dritten Film gedreht, der 2023 vervollständigt wurde. In „Vertrieben aus der Heimat – Endstation Valley“ erzählen Anni und Annemarie Hagn sowie Alfred Jaschke von ihrer Vertreibung, Flucht und ihrem Ankommen. Alle drei waren auch präsent bei der Premiere im Schlossbräu.

„Was heute stattfindet, das gab es schon einmal, damals gab es drei Millionen Flüchtlinge aus den deutschen Ostgebieten“, sagte Anja Gild. „Uns hat interessiert, wie fand damals Integration statt und was ist Heimat.“

Valley erzählt
Die alte Heimat. Foto: Manfred Lehner

Alfred Jaschke und Anni Hagn zeigten auf der Karte genau die alte Heimat und wie sie diese plötzlich verlassen mussten. Angst vor den russischen Soldaten und der schwere Anfang in der Endstation Valley, heutige Heimat, thematisierten die beiden Vertriebenen. Sie erzählten aber auch von Reisen in die alte Heimat und vom Brückenbau ohne Ressentiments.


Interessiertes Publikum. Foto: Petra Kurbjuhn

Annemarie Hagn und Fredi Jaschke spielten dazu die passende Musik aus der alten Heimat und als Fotografin Michaela Urban das Publikum fragte, wer von Euch stammt den aus so einer Flüchtlingsfamilie, hoben sich viele Hände.

Zum Schluss des emotionalen Abends rief Anja Gild dazu auf, Eltern und Großeltern zu befragen und die Lebensgeschichten zu sammeln. Das Projekt „Valley erzählt“ werde fortgesetzt.

Die Ausstellung der Fotografien von Manfred Lehner, die jetzt im Schlossbräu zu sehen ist, wird anschließend ihren Platz im Rathaus Valley finden.

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