Vom Himmel durch die ganze Welt hinunter zur Hölle
Gretchen (Andrea Neuner), Marthe (Theresia Benda) und Mephistopheles (Wolfgang Neuner” in “Der Faust” der Schloßbergler Valley (v.l.). Foto: Petra Kurbjuhn
Theaterpremiere in Valley
Seit 30 Jahren leitet Sepp Floßmann das Spiel der Schloßbergler. Mit seinen ungewöhnlichen Inszenierungen hat er ein völlig neues Volkstheater geprägt, mit Ruf weit über Valley hinaus. Diesmal haben er und sein Trupp sich selbst übertroffen.
Und das lag natürlich nicht nur daran, dass Mephistopheles das Graf Arco Bier in Pils, Maibock und Weißbier verwandelt hat, obwohl das natürlich ein guter Gag war. Und dass der Pyrotechniker alle Hände voll zu tun hatte, um die Bühne in ein wahres Hexen- und Höllenspektakel zu verwandeln, mit Nebelschwaden, Echtfeuer und allem Drum und Dran. Nein, will man das Stück beschreiben, fällt es ganz schwer zu entscheiden, wo man anfangen soll. Chronologisch? Oder bei den echt kalten Schauern, welche die dramatischen Szenen den Zuschauern über den Rücken gejagt haben? Laientheater, Volkstheater, so professionell, zum Greifen nah und vielschichtig!
Goethes “Faust-Monster“ gezähmt
Lange schon haben Sepp Floßmanns Inszenierungen und das Spiel der Schloßbergler ein bemerkenswert hohes Niveau erreicht, sodass die jährlichen Aufführungen mit großer Spannung erwartet werden. Diesmal hat sich der Spielleiter einen lang gehegten Wunsch erfüllt und sich an Goethes Faust gewagt. Aber, und das passt ja auch viel besser, nicht an das Original, das viel zu lang und komplex ist. Sondern an den Faust von Thomas Stammberger und Johannes Reitmeier. Die beiden Autoren haben, so Flossmann, aus Goethes Faust-Monster ein gezähmtes Tier gemacht, in die bairische Sprache übertragen und ihnen auf die Zunge gelegt. Die Rollen scheinen Jedem wie auf den Leib geschrieben. Oder wie anders soll man den Mephistopheles beschreiben? Und erst das Gretchen? Wolfgang Neuner spielt den Knecht des Doktor Faust mit diabolischer Freude und dreckigem Höllengelächter, eine Paraderolle!
Über Gretchen (Andrea Neuner) wird gerichtet. Foto: Petra Kurbjuhn
Aber nicht der Mephistopheles, sondern das Gretchen bringt die Zuschauer wahrhaftig zum Schaudern. Tochter Andrea Neuner spielt die ganze Gefühlspalette von der schüchternen Unschuld bis zur Wahnsinnigen, zum Tode Verurteilten im Kerker mit beeindruckender Intensität. Dass die Kussszene so echt und innig und der „junge Faust“ in seinem Liebeswerben so sympathisch aufgeregt ist, liegt vielleicht daran, aber nicht nur, dass er verliebt ist in Andrea Neuner. Denn Pierre Stömmer ist der Liebe wegen zu den Schloßberglern gestoßen, und er spielt seine erste Rolle überzeugend und mit Leidenschaft. Da auch Musik nicht fehlen darf im Volkstheater, spielt er seiner Grethe unterm Fenster ein Ständchen auf der Gitarre – im modernen, bairischen Faust darf das „Stairway to heaven“ sein. Derweil die Saufkumpane im bajuwarischen „Auerbachs Keller“ zum Akkordeon das „Ratznlied“ singen.
Alle Rollen wie auf den Leib geschrieben
Auch dem „alten“ Faust, Sepp Hechenthaler, steht sein Zweifeln, Nachdenken, Studieren, Philosophieren und Beschwören der dunklen Mächte gut. Gabi Neuner, seit Jahren nicht wegzudenken von den Schloßberglern, kann ihr komödiantisches Talent in der Rolle der Oberhexe voll ausspielen. Und Theresia Benda überzeugt und unterhält das Publikum mit ihrem schauspielerischen Können und intensivem Minenspiel als Gretchens Vertraute, Nachbarin und Kupplerin Marthe.
Tanz der Hexen auf dem Blocksberg. Foto: Petra Kurbjuhn
Ein umfangreiches Ensemble steht auf der Bühne und die jungen Nachwuchsschauspieler machen ihre Sache sehr gut in den Rollen der Saufkumpane, Mönche, Teufel und Katzen. Aufwändig ist das Stück dann doch geworden, bei aller Reduktion des historischen Stoffes durch Stammberger und Reitmeier. Eine große Herausforderung und ein großes Spielfeld zum Austoben in den Möglichkeiten zugleich. Nicht nur Schauspiel und Musik, auch der Tanz der Hexen und Teufel am Blocksberg musste einstudiert werden, choreographiert von Mila Hechfellner. Und dieser Tanz ist wirklich ein beeindruckendes Höllenspektakel geworden, samt Lichtspiel, Nebel und Feuer.
Der „alte“ und der „junge“ Faust: Sepp Hechenthaler und Pierre Stömmer beim Schlussapplaus (v.l.). Foto: Petra Kurbjuhn
Spielleiter Sepp Flossmann hatte lange mit dem Faust gezögert auch wegen seiner aufwändigen Bühnenbilder, 16 sind es insgesamt, und die sind wirklich gut gelungen. Und nicht zuletzt auch wegen der großen Anzahl der Mitwirkenden, aber auch diese Hürde haben er und seine Theatergruppe genommen und das halbe Jahr harter Arbeit hat sich wirklich gelohnt. Denn so einen Faust hat man noch nicht gesehen!
Weitere Mitwirkende der Theatergruppe sind: Michael Wieser, Sepp Weindl, Verena Huber, Martina Hechenthaler, Elisabeth Weindl, Tatjana Stadler, Bernadette Weber, Verena Cyllok, Bernhard Schäfer, Kaspar Riesenberger, Max Vogel, Sepp Huber, Christoph Weber, Markus Utz, Maria Floßmann, Lukas Neuner