Jahreswechsel

Zum Jahreswechsel

Saeid Ahmadi: Weg in die Zukunft. Foto: MZ

Eine Geschichte zum Jahreswechsel

Das heute zu Ende gehende Jahr 2023 hatte weltweit eine Reihe von negativen Ereignissen parat. Es gibt aber auch Positives zu berichten. Wir wollen Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, zum Jahreswechsel eine solche Geschichte erzählen und damit hoffnungsfroh ins neue Jahr schauen.

Die Geschichte beginnt alles andere als positiv, sie beginnt mit Putins Angriffskrieg auf die Ukraine. Als die ersten Raketen Charkiv trafen, entschied Saeid Ahmadi, mit Frau, Schwiegermutter und Tochter zu fliehen. Fünf Tage lang dauerte die Flucht über Polen, bis die Familie am 2. März in München eintraf.

Der Bildhauer Saeid Ahmadi hatte schon einmal sein Land verlassen müssen. Er arbeitet figurativ und das ist in seiner Heimat, dem Iran, aus religiösen Gründen nicht möglich. In der Ukraine fand er eine neue Heimat, künstlerische Anerkennung und er fand Yevgenia, die seine Frau wurde. 2016 lud ihn der Valleyer Bildhauer TOBEL zu seinem Internationalen Bildhauer Symposium ein. Saeid Ahmadi fertigte eine Holzskulptur, ein Mädchen, das er seiner Tochter Gloria nachempfunden hat. Es trägt drei Tauben auf dem Arm. Es sei das Symbol für Freiheit und Fliegen, erklärt der Schöpfer des Werkes.


Saeid Ahmadi, TOBEL, Christiane Ahlhelm, Josef Pleier, Hani Faisal, (v.l.) vor Ahmadis Holzskulptur. Foto: Petra Kurbjuhn

Jetzt, Anfang März 2022, nahm der Künstler wieder Kontakt zu TOBEL auf. Dieser holte die Familie in München ab und brachte sie in seinem Haus unter. Mit seiner Frau Christiane Ahlhelm zog er vorübergehend zu seiner Mutter, der Künstlerin Lotte Koch.

Gemeinsam mit TOBEL und Christiane Ahlhelm rief KulturVision e.V. ein „Artist in Residence“-Programm ins Leben, wir baten um Spenden für die Familie und waren überwältigt von der Hilfsbereitschaft der Bürgerinnen und Bürger im Landkreis.

Lesetipp: Vielseitige Hilfe für Gloria und ihre Familie

Schon bald konnte die Familie zu einer hilfsbereiten Vermieterin nach Holzkirchen ziehen, nach wie vor aber teilt sich TOBEL seine Werkstatt im Mangfalltal mit Saeid Ahmadi. Dieser nahm an zahlreichen Ausstellungen teil, durch Vermittlung von Michael Beck, Vorsitzender der Gulbransson-Gesellschaft, kam es auch zu Ankäufen.

Jetzt freut sich Saeid Ahmadi auf seine erste große Einzelausstellung in der vhs Oberland in Holzkirchen, die am 1. März, zwei Jahre nach seiner Ankunft in Bayern, eröffnet wird.

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Entwurf für eine Skulptur. Foto: MZ

Bei einem Besuch der Familie zeigt er mir sein kleines Atelier im Dachgeschoss, wo er malt und erste Entwürfe für seine Skulpturen aus Plastilina fertigt. Hier malt auch Tochter Gloria. Die Zehnjährige besucht die Oberland-Realschule und berichtet, dass sie Designerin werden möchte. Ihr Deutsch ist schon nahezu fehlerfrei und sie hat offensichtlich ihr Talent vom Vater geerbt.

Jahreswechsel
Ein Bild von Gloria. Foto: MZ

Sie hat aber neben der darstellenden Kunst noch eine andere Leidenschaft. Im Wohnzimmer steht ein Cimbalom. Man habe das Instrument aus der Ukraine nach Holzkirchen transportieren können, erzählt Saeid Ahmadi. Es ist als Zymbal aus der ungarischen Folklore bekannt und ähnelt dem bayerischen Hackbrett, ist aber größer.

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Glora am Cimbalom. Foto: MZ

Gloria spielt mir eigene Improvisationen vor und berichtet, dass sie Unterricht bei einer ukrainischen Lehrerin online habe, aber auch von einer in Holzkirchen lebenden ukrainischen Musikerin gefördert werde und schon öffentliche Auftritte hatte. Dennoch, so sagt sie, sei die Musik ihr Hobby und die Kunst wolle sie einmal zum Beruf machen.

Inzwischen ist auch Mutter Yevgenia Slastina zu uns gestoßen. In Online-Kursen setzt sie ihre Tätigkeit als Tanzpädagogin fort. Sie tanzt schon seit ihrer Kindheit und schloss eine Ballettausbildung ab. Danach ging sie an die Nationale Akademie für Oper und Ballett in Charkiv, studierte dort neben klassischem, zeitgenössischem und Volkstanz auch Ballett und Choreografie. Mit 21 Jahren beendete sie als Tanzlehrerin und Choreografin ihr Studium und unterrichtete danach an der Akademie.

Lesetipp: Tanzen ist mein Ausweg

Nach der Flucht aus Charkiv fand sie an der Holzkirchner Ballettschule von Isabella Winkler eine neue Aufgabe. Dort unterrichtet sie nun einmal in der Woche eine Gruppe von Frauen in klassischem und Barocktanz. Gemeinsam mit ihren Online-Kursen für die Akademie in Charkiv ist die Tanzpädagogin wieder in ihrem Element. Sie sei seit 23 Jahren Ballettlehrerin, „es ist mir sehr wichtig arbeiten zu können, denn ich liebe meinen Job“, sagt sie.

Die Familie ist angekommen, auch Saeid und Yevgenia haben Deutschkurse belegt und fühlen sich in der neuen Heimat wohl. Sie können arbeiten und haben Freunde gefunden. Gloria betont, dass sie auf jeden Fall in Deutschland bleiben wollen. Im Laufe des letzten Jahres sind noch ein paar Spenden für die Familie angekommen, die ich Ihnen zu Weihnachten überreichen darf.


Yevgenia Slastina, Saeid Ahmadi und Gloria freuen sich. Foto: MZ

Ein Wunsch ist allerdings noch offen. Saeid Ahmadi wünscht sich, eine Kunstschule zu eröffnen. Er sagt: „In Holzkirchen gibt es mehrere Musikschulen und zwei Ballettschulen, aber keine Kunstschule.“ Diese Lücke würde er gern füllen, braucht dazu aber geeignete Räumlichkeiten. Wer die Idee des Bildhauers mit ihm realisieren möchte, melde sich bitte bei vorstand@kulturvision.de.

Vorstand und Redaktion von KulturVision e.V. wünschen eine gelungene Feier zum Jahreswechsel und ein gesundes und friedliches Neues Jahr!

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