Demokratie

Holzkirchen setzt ein Zeichen für Demokratie

Vielleicht waren es 2500 Besucher, die zur Kundgebung für Demokratie kamen. Foto: Frank Strathmann

Kundgebung in Holzkirchen

Ob nun 1500, wie BR24 berichtet oder 2600, wie im Merkur zu lesen war, die Teilnehmerzahl der Kundgebung „Holzkirchen ist bunt“ am Herdergarten zeigte, dass Holzkirchen sich in die Reihe der deutschlandweit Aktiven für Demokratie einreiht. Und die Warngauer waren auch dabei.

Er sei sprachlos, sagte Andreas Wolkenstein, Veranstaltungsleiter und Initiator der Kundgebung für Demokratie, Vielfalt, Toleranz und Menschlichkeit. Mit ihm standen 30 Organisationen und zahlreiche Privatpersonen hinter dem neu gegründeten Bündnis. In der Gesellschaft habe sich ein Gift von Hass ausgebreitet, dem ein menschliches Miteinander trotz Meinungsverschiedenheiten entgegengesetzt werden solle.

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Initiator und Versammlungsleiter Andreas Wolkenstein. Foto: Sepp Fuchs

Adressaten dieser Veranstaltung seien drei Gruppen, Menschen mit Migrationshintergrund, die zunehmend Angst haben, Menschen, die Sorge haben, dass der Anstand in unserer Gesellschaft verlorengeht und Menschen, die von dem Gift befangen seien und denen man beweisen wolle, dass es einen friedlichen Weg zur Lösung von Problemen gibt.

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Abordnung von cantica nova Holzkirchen. Foto: MZ

Auf dem Platz hatten sich Menschen mit Regenbogenfahnen und Plakaten ganz unterschiedlicher Botschaften versammelt. „Sei Mensch“ oder „Conni hat in Geschichte aufgepasst“ oder „Omas gegen rechts“. Cantica nova Holzkirchen war ebenso präsent wie der Zither-Manä. Und Warngau ist ebenso bunt wie Holzkirchen.

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Eine große Gruppe Warngauer war nach Holzkirchen gekommen. Foto: Sepp Fuchs

Auch auf der Bühne setzten Kulturschaffende ein deutliches Zeichen. Mit Christian Springer sei ein Kabarettist „mit Herz und Verstand, der den Finger in die Wunde lege“, wie Andreas Wolkenstein ankündigte, nach Holzkirchen gekommen. Super, sagte Christian Springer, dass man hier sei, aber es sei auch ein Armutszeugnis für die Gesellschaft.


Kabarettist Christian Springer. Foto: Sepp Fuchs

„Wer rechts mitläuft, kriegt braune Flecken“, war seine deutliche Botschaft. Der Zusammenhalt der Gesellschaft funktioniere nur über ein Miteinander. Noch nie sei ein Staat zugrunde gegangen, der sich um die Bedürftigen gekümmert habe, aber an Macht und Gier seien Staaten gescheitert.

Wehret den Anfängen, sagte Gustl Bayrhammer

Die AfD wolle die sozialen Errungenschaften abschaffen, „aber wir sorgen dafür, dass unsere Kinder nicht in einem AfD-Staat aufwachsen“. Die Kriminalität unter AfD-Abgeordneten sei doppelt so hoch wie unter Geflüchteten, sagte der Kabarettist, „Anstand muss man vorleben“.

Auch wenn Demokratie zach sei, die Aufforderung des Kabarettisten war deutlich: Mischt Euch ein und habt den Mut aufzustehen. Letztlich zitierte er den verstorbenen Schauspieler Gustl Bayrhammer, der schon in den neunziger Jahren gesagt habe: „Meine Angst, dass die braune Scheiße wiederkommt, … wehret den Anfängen.“


Schon mittags hatten Larissa Wolkenstein und Simon Mündner die Pinwände aufgestellt. Foto: MZ

Die Teilnehmenden der Kundgebung konnten ihre Statements auf Pinwänden anbringen. Einige davon wurden von den Verantwortlichen Larissa Wolkenstein und Simon Mündner vorgelesen: „Wir unterstützen Holzkirchen ist bunt, weil wir alle irgendwo Ausländer sind“, „…weil unsere Oma auch fliehen musste.“


Folk-Band Mountain Lake Vista. Foto: Anna Obermüller

Mit Mountain Lake Vista kam eine Band aus den Landkreisen Miesbach und Bad Tölz auf die Bühne, die mitreißenden Folk, jetzt schon mit drittem Album, produziert und frohe Stimmung verbreitete. Sehnsucht sei es, die Offenheit für anderes, für Vielfalt, das wollten sie mit ihren Liedern zeigen, hieß es von der Bühne, und es sei ein verdammt wichtiges Zeichen, was heute gesetzt werde.


Bürgermeister Christoph Schmid mit Anita Gritschneder, Simon Ammer, Dirk Kreder und Sebastian Franz. Foto: Sepp Fuchs

Auch die Kommunalpolitik unterstützte die Kundgebung. Bürgermeister Christoph Schmid, auf der Bühne mit Vertretern des Gemeinderates, bedankte sich ausdrücklich bei Andreas Wolkenstein, der mit seinem Team diese große Aufgabe geschultert habe. Er begrüßte Landrat Olaf von Löwis und rief unter Applaus, „Die Menschen stehen hinter Dir, Olaf.“ In Holzkirchen lebten 2600 Menschen mit einem fremden Pass aus 97 Nationen. Es sei die Aufgabe der Politik zu garantieren, dass sie sich wohl und sicher fühlen.

Für Demokratie kämpfen

Er rief dazu auf, sich an demokratischen Prozessen zu beteiligen und für die Demokratie zu kämpfen, auch kritische Diskussionen wertschätzend, konstruktiv und vorurteilsfrei zu führen.

Als bairische Taylor Swift kündigte Andreas Wolkenstein die zweite Band an. Mit den Wellbrüdern Stofferl, Karli und Michael waren nicht nur drei hochqualitative Musiker mit zahlreichen Instrumenten, sondern auch drei scharfzüngige Kabarettisten nach Holzkirchen gekommen. Wie immer nahmen sie in ihren Beiträgen die aktuelle Kommunalpolitik aufs Korn.


Stofferl, Hansi und Michael Well. Foto: Sepp Fuchs

In Boom-Town vom bayrischen Oberland seien sie heute. „Wo’s an Lidl, Aldi, Hagebaumarkt abreißn und mit gigantischen Neubauten rundum ois zuascheißn.“ Und sie fragten, warum denn in der „Graffegruam am Wertstoffhof in Warngau hint“ eine Asylunterkunft gebaut werde, wo doch die Usmanow-Russenvilla in Rottach-Egern leer stünde. „Mir ham ghört, dass Hexal jetzt extra Tranquilizer produziert und bei da nächstn Bürgerversammlung in Warngau a Rundn spendiert.“

Holzkirchen ist Provence

Ihre Lesung aus dem Buch Bayern mit einem Ruf „Markus, hilf uns aus der Not“ bis hin zum Aiwanger-Ausspruch: „Ich war es nicht“ geriet zu einem rasanten Ritt durch die bayerische Politik und mündete in dem von allen mitgesungenem Lied „Ei, ei, Aiwanger“. Mit einem großen Lob verabschiedeten sich die Wellbrüder: „Holzkirchen ist keine Provinz, sondern Provence.“


Andreas Wolkenstein und Pfarrerin Ulrike Lorentz. Foto: Anna Obermüller

Danach verlasen Pfarrerin Ulrike Lorentz und Andreas Wolkenstein die für das neue Demokratiebündnis erstellte Charta, nachzulesen auf der Webseite. Die Miesbacher Punk- und Rockband Bieramiden mit Christoph Prochazka, Sebastian Eibach und Anian Prochazka beendete die Kundgebung mit lustigen, aber auch ernsthaften Liedern, die das Publikum zum Mitmachen animierten.


Die Miesbacher Punk-Band Bieramiden. Foto: Sepp Fuchs

Das unter großer Beteilung gegründete Demokratiebündnis „Holzkirchen ist bunt“ will auch nach der Kundgebung weiterhin für Vielfalt, Toleranz und Menschlichkeit eintreten und fordert dazu auf, sich zu beteiligen.

Zum Weiterlesen: Nachhaltiges Demokratiebündnis gegründet

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