History to go
Lisa Hilbich bietet Miesbacher Genusstouren an. Foto: Yuliia Usikova
Genusstouren in Miesbach
Mit einem neuen Angebot will Lisa Hilbich mit Einheimischen und Gästen die Schönheiten der Kreisstadt entdecken. Sie verbindet bei ihren Genusstouren durch Miesbach Geschichte, Tradition, Einzelhandel und Kulinarik.
Bei einer Pressetour dürfen wir die Premiere des Spazierganges durch Miesbach erleben. „Man sieht nur, was man weiß“, startet Lisa Hilbich mit einem Goethezitat ihre Tour. Viele Menschen würden Miesbach nur durch ihre Durchfahrt zu den Touristengebieten kennen. „Dabei hat das charmante Städtchen aber viel zu bieten“, sagt die Journalistin und Autorin.
Miesbacher Genusstouren
Sie wolle sowohl der Geschichte der Stadt, der Tradition und Geschichten aus der Gegenwart, als auch dem Einzelhandel und der Gastronomie Miesbachs mehr Reputation verschaffen. „Die Miesbacher Genusstouren haben mehr Eventcharakter“, erklärt sie, es sei History to go.
Mit etwa drei Stunden Dauer sind die Touren eine Mischung aus Erzählungen von Lisa Hilbich mit Besuchen von Einzelhandelsgeschäften und mit dem Genuss kulinarischer Köstlichkeiten an verschiedenen Stellen.
Waitzinger Keller. Foto: Kulturamt der Stadt Miesbach
Wir starten auf der zweiten Ebene der Miesbacher Terrassenlandschaft, unterhalb des Kulturzentrums Waitzinger Keller und oberhalb des Marktplatzes mit einem schönen Blick auf die Kreisstadt.
Kohle und Bier
Lisa Hilbich informiert über die jüngere Geschichte, die mit dem Kohlebergbau bis 1911 zu wirtschaftlichem Erfolg führte, dazu trug auch der Bahnhof mit der Verbindung nach München bei, es wurde das Krankenhaus gebaut.
Eine kluge Frau erkannte, was der Stadt fehlte. Susanne Waitzinger entschied sich nach der Übernahme der Brauerei den Waitzinger Keller als Lokal zu bauen, denn so Lisa Hilbich, die Sommerfrischler waren kapitalstark.
Bayerisches Kochbuch. Foto: MZ
Für die Bildung der Frauen sorgte die Frauenschule auf der anderen Seite der Schlierach. Ida von Kortzfleisch habe die Not der Frauen erkannt und ihnen zu Bildung und damit eigenem Einkommen ermöglicht. Aber auch die bairische Küche habe durch die „Knödelakademie“ an Qualität gewonnen, schrieb die Münchner Schriftstellerin Carry Brachvogel.
Noch heute ist das Bayerische Kochbuch ein Verkaufsschlager mit 1,6 Millionen verkaufter Exemplare und steht in so mancher Küche, auch bei mir.
Blumen und Schokolade
Es geht den schmalen Treppensteig hinunter zum Marktplatz, wo wir auf den Blumenladen von Andrea Lindner stoßen. „Ein Juwel“, sagt Lisa Hilbich mit dem liebevoll gestalteten, umfassenden Angebot.
Am Maibaum erfahren wir einiges über die ältere Geschichte der Stadt, die in der Bronzezeit besiedelt und von verschiedenen Adligen, wie den von Waldeck, beherrscht wurde. 1918 zur Stadt erhoben ist Miesbach heute noch bekannt für seinen Viehmarkt.
Unsere Führerin erzählt, wie die Städter das Leben in Miesbach sahen: „Das Hauptmerkmal war viel trinken und tanzen und die Lieblingssache der Burschen war das Raufen.“
In der Chocolaterie. Foto: Yuliia Usikova
Wir gehen hinüber zur Chocolaterie von Sabine und Christoph Oettl, die in ihrem Geschäft eine Vielzahl von feinsten Köstlichkeiten anbieten und dürfen auch kosten. Christoph Oettl erklärt, dass er bei seinen Produzenten auf Qualität und Nachhaltigkeit achte und er mit 95 Prozent langjährige Geschäftsbeziehungen pflege.
Bar und Säckler
Am Ende des Marktplatzes schwenken wir nach links und finden den Weltentdeckerladen, der freitags und samstags geöffnet hat und wo man intelligente und nachhaltige Spielsachen findet. Gegenüber ist das Holzmesserhaus von 1783. Wir erreichen es von hinten, vorbei an Martins Bar, die bei den Nachmittagstouren den Abschluss bildet, und stehen vor der Werkstatt von Leonhard Röhrl.
Martin Jacobi in Martin’s Bar. Foto: Yuliia Usikova
Der sympathische junge und engagierte Säckler fertigt hier wie vor 100 Jahren Lederhosen. „Boarisch kreativ“ nennt er seine Werkstatt, in der er auch Taschen und Gürtel anbietet und er stickt sogar Motive auf Tablet-Taschen. „An der Hose erkennt man den Säckler“, sagt er, jeder sticke sein eigenes Muster. Aber er repariert auch Lederhosen.
Säckler Leonhard Röhrl. Foto: Yuliia Usikova
Wir stärken uns mit der neuen Craft Limonade von Lantenhammer und gehen weiter durch die verwinkelten Gässchen der Kreisstadt. Vorbei am Fotofachgeschäft, ehemals Silbernagel, am Rathaus, Kaufhaus, ehemals Sundheimer, Trachten-Jäger, dem Haushaltswarenladen Kraus im Herzogschneider-Haus und kommen in die Fraunhoferstraße. „Die Ahnen des Physikers Fraunhofer stammen aus Miesbach“, erfahren wir.
Lebzelter und Mordweihnacht
Und wir lernen, als wir am Lebzelterberg ankommen, dass die Lebzelter mit ihren Produkten sehr angesehene Leute waren. An der Fassade des linken Hauses weist uns Lisa Hilbich auf die Malerei von Richard Schaub hin, der 1927 die Sendlinger Mordweihnacht hier verewigte: Drei Oberlandler sind mit der Gotzinger Trommel zu sehen.
Türkische Spezialitäten bei Machtl’s. Foto: Yuliia Usikova
„Zum Macht’l“ steht über dem kleinen Lokal, in das wir am Ende unserer Genusstour einkehren dürfen. Moritz Mahir betreibt das Lokal mit seiner Frau Funda und dem Schwiegervater. Er sei seit 35 Jahren in Miesbach, erzählt der gebürtige Anatolier und er heiße über all nur der Macht’l. „Der Macht’l macht alles“, lacht er, Lokal und Gebäudereinigung, Bau und Malerei.
Mit einer feinen Auswahl an türkischen Spezialitäten und Tee endet die Genusstour, die uns viel Neues, auch Bekanntes beschert hat und Lust macht, Einzelhandel und Gastronomie Miesbachs noch besser kenennzulernen.