Musikfest am Tegernsee

Bruckner im Kleinformat

Die Tenne in Gut Kaltenbrunn erwartet die Gäste. Foto: Musikfest Tegernsee

Konzert in Gmund

Zwei Streichquintette erklingen beim Internationalen Musikfest Tegernsee am 3. Juli. Bratschist Gregor Sigl musiziert mit dem Quatuor Hermès und berichtet im Interview über die Besonderheit der zwei Stücke, den Klang eines Quintetts und die Situation der Musiker.

Es ist seine Premiere am Tegernsee, erzählt Gregor Sigl, der als Solist und Mitglied des Artemis Quartetts weltweit in allen bedeutenden Musikzentren konzertiert und regelmäßiger Gast bei internationalen Musikfestivals ist. So auch beim Schleswig-Holstein-Festival, wo in einer Scheune gespielt wird. Auf Gut Kaltenbrunn sei er sehr gespannt und freue sich auf das Konzert, sagt er.

Bruckners 200. Geburtstag

Das Ensemble Quatuor Hermès kenne er schon lange. „Es sind ehemalige Studenten von mir“, sagt der Professor für Kammermusik an der Universität der Künste Berlin und es sei ein schöner Anlass, in diesem Jahr zu Anton Bruckners 200. Geburtstag zusammen sein Quintett F-Dur zu spielen.

Streichquintette
Quatuor Hermès. Foto: Lyodoh Kaneko

Das Hermès-Quartett lehnt sich an den berühmten Boten der griechischen Mythologie an und sieht seine musikalische Stärke aus seiner Rolle als Schmuggler zwischen dem Text des Komponisten und den Sensibilitäten des Publikums. Die vier Musizierenden Omer Bouchez, Elise Liu, Lou Yung-Hsin Chang und Yan Levionnois konzertieren in der ganzen Welt, wobei die Carnegie Hall in New York City, Forbidden City in Peking und die Wigmore Hall in London zu den prominentesten Orten gehören. Das Quartett ist auch bei großen Festivals zuhause.

Als Gast zu einem Streichquartett zuzustoßen sei etwas Besonderes, erklärt Gregor Sigl. „Man wird mitgetragen von der Kraft der eingespielten Truppe.“ Und er könne neue Einflüsse und Impulse mitbringen.

Streichquintette mit orchestraler Tiefe

Das Streichquartett sei die perfekte Form und ultimative Art der Kammermusik, erklärt er auf die Frage nach dem Unterschied zwischen Quartett und Quintett. Streichquintette gehen eher in die sinfonische Richtung und der Klang werde durch die zusätzliche Bratsche orchestraler und habe die Tiefe eines Orchesters.

„Kammermusiker haben Sehnsucht nach der Kraft von Bruckner-Sinfonien und das Quintett ist unverkennbar Bruckner“, erklärt Gregor Sigl. Es werde oft in einer Orchesterfassung aufgeführt. „Das Publikum kann Bruckner im Kleinformat erwarten mit einem vollen Klangerlebnis durch die Verdopplung der Bratschisten.“

Brahms beginnt jubilierend

Das Quintett G-dur op. 111 von Johannes Brahms sei für ihn eine besondere Sache, denn der Komponist sei sehr kritisch gewesen und habe viele Quartette weggeworfen. „Das ist für uns Musiker unerträglich“, gesteht er. Die übrig gebliebenen Kompositionen seien Schätze.

Das Quintett beginne jubilierend und jauchzend und enthalte später auch nachdenkliche, dunkle Stimmungen. In beiden Werken des Abends, Bruckner und Brahms, seien alle Empfindungen enthalten.

Streichquintette
Gregor Sigl. Foto: Felix Broede

Auf die Frage, ob er als Lehrender jungen Menschen eine Karriere als Musiker empfehlen kann, hat Gregor Sigl differenzierte Antworten. Durch die Pandemie, so sagt er, habe die Musik in der Gesellschaft als eine Art Luxusobjekt gegolten, was man eigentlich nicht brauche. Dies schlage sich in der Wertschätzung ebenso wie in der Bezahlung nieder. Viele Musiker, die gern als Freischaffende unterwegs waren, würden jetzt gern ein festes Standbein haben.

Musiker ist schönster Beruf

„Wenn ich ehrlich bin, dürfte ich nicht empfehlen, Musiker zu werden aber für mich ist es der schönste Beruf“, konstatiert der Professor für Kammermusik. Die Frage sei, ob man davon leben könne und deshalb erkläre er seinen Studenten ganz realistisch, was auf sie zukomme.

Es gebe keine Garantie, aber gescheiterte Genies; es brauche auch Glück und das richtige Timing. „Wir klagen über unsere Zeit, aber es war nie anders, auch früher lebten Komponisten in katastrophalen finanziellen Verhältnissen“, erzählt Gregor Sigl. „Mozart und Beethoven mussten da durch und das müssen wir auch.“ Aber es gebe immer noch Menschen, die Musik wertschätzen.

Deshalb seien solche Formate wie das Internationale Musikfest am Tegernsee so wichtige Institutionen. Und dass das Publikum immer älter werde, diese Ansicht teile er nicht. Zum einen entdecke man eben erst im vorangeschrittenen Alter die Kammermusik und zum anderen käme immer wieder eine junge Generation nach.

Junge Menschen gewinnen

„Wichtig ist, dass Veranstalter und Musiker gemeinsam etwas dafür tun, junge Menschen zu gewinnen. Das sei nicht einfach, denn die Zeit heute sei so vollgepackt, dass sich nur wenige aus der jungen Generation die Zeit nehmen, in ein Konzert zu gehen. „Aber ein Konzerterlebnis ist eben etwas völlig anderes als Musik über Kopfhörer.“

Am 3. Juli um 19 Uhr spielen in der Tenne von Gut Kaltenbrunn Quatuor Hermès und Gregor Sigl zwei Streichquintette: das Streichquintett von Johannes Brahms G-Dur op. 111 und das Streichquintett von Anton Bruckner F-Dur. Karten gibt es in den Touristinformationen des Tegernseer Tales, per Bestellformular und bei München-Ticket.

Zum Weiterlesen: Wagner und Liszt im Disput beim Musikfest am Tegernsee

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